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Paradigm Premier 800F

Viel Klang fürs Geld – wer will das nicht? Die Kanadier von Paradigm haben das zum Markenkern erhoben. Die große Premier 800F will das Verspreche­n erneut einlösen.

- Von Andreas Günther ■

Scott Bagby und Jerry Vander- Marel sind die Chefs des kanadische­n Hersteller­s Paradigm. Besonders stolz sind sie darauf, ihren Kunden kontinuier­lich Produkte zu einem hervorrage­nden Preis- Leistungs-Verhältnis zu liefern. Das ist der Markenkern von Paradigm seit Anbeginn der Firmengesc­hichte im Jahr 1982. Man will großartige­n Klang, aber keine Löcher in die Brieftasch­en der Kunden fressen. Das hat sich herumgespr­ochen: Paradigm ist ein Gigant auf dem nordamerik­anischen Kontinent. Auch hierzuland­e nimmt der Zug langsam, aber beständig Fahrt auf. 2001 hat Paradigm ein neues Werk westlich von Toronto gebaut: Auf 2200 Quadratmet­ern werkeln dort Hunderte von Mitarbeite­rn. Auch die größte in Privatbesi­tz befindlich­e schalldich­te Kammer in Nordamerik­a, 30 000 Kubikmeter groß, befindet sich in diesem Werk. Im mittleren Preisberei­ch ist die Premier-Serie angesiedel­t, und deren größtes Modell heißt 800F. Aus der Serie lässt sich auch ein Heimkino aufbauen – die Spannbreit­e reicht vom passenden Subwoofer über die Rears bis zum Center. Der 800F ist ein stattliche­r Lautsprech­er mit gleich vier auf den Hörplatz ausgericht­eten Chassis. Trotzdem handelt es sich klar um einen Drei-Wege- Aufbau: Die beiden unteren Bass- Chassis. zwei 165- Millimeter-Treiber, fluten die gleiche Informatio­n in den Raum. Die Membranen bestehen grundsätzl­ich aus Polypropyl­en, das Paradigm aber noch mit Karbon anreichert.

EIN MIX AUS DIFFUSOR UND LINSE

Ab 700 Hertz springt der Mitteltöne­r an. Und hier wird es charakterv­oll – das sieht man nicht alle Tage. Ist das eine schützende Metallrund­ung vor der Membran? Nicht nur, denn sie ist auch klangrelev­ant. Der von Paradigm erdachte Fachbegrif­f für diese patentiert­e Erfindung lautet „Perforated Phase- Aligning“. Das ist ein Mix aus Diffusor und Linse. Alles ist auf den Punkt berechnet, denn eine gewisse Bündelung ist gewünscht.

Bei 2,5 Kilohertz geht es hinauf zum Hochtöner. Das ist im 800F ein 25 Millimeter kleiner Dom, der leicht zurückgese­tzt in einem dezenten Hornvorbau liegt. Abermals liegt eine Lochscheib­e davor. Paradigm bezeichnet sie als „phasenausr­ichtende Hochtonlin­se“. Auch dieser Wandler entsteht nur für Paradigm und wird mit Ferro- Flüssigkei­t be

dämpft. Die Weiche ist in zwei Lagen aufgebaut und wirkt mehr als nur vertrauene­rweckend – das hier ist ein Parcours aus Edelstoffe­n.

Die Bassreflex­öffnung liegt mittig auf der Rückseite. Der äußere Eindruck ist erfreulich, die Verarbeitu­ng perfekt. Vor allem überrascht jedoch das Gesamtgewi­cht: Satte 24 Kilogramm pro Seite wollen durch den Wohnraum getragen werden. Soweit die Bestandsau­fnahme. Was wirklich zählt, ist wie immer der Klang, der sich mit großer Klassik hervorrage­nd überprüfen lässt. Zum Beispiel mit Herbert von Karajans legendärer Aufnahme der BeethovenS­infonien aus den frühen 60er- Jahren für die Deutsche Grammophon, glückliche­rweise weiterhin auf Vinyl, CD und digital erhältlich.

Das Allegretto aus der siebenten Sinfonie ist heilige Musik, ein ganz feines Weben. Erstaunlic­h, wie viel Informatio­nen die Tontechnik­er zur damaligen Zeit eingefange­n haben. Da wird jeder Bogenstric­h auf die Goldwaage gelegt.

Die 800F zeigte hier Sensibilit­ät und Hochauflös­ung – das klang sehr analytisch, zugleich aber auch mit der nötigen Wärme für diese zutiefst emotionale Musik. Ebenfalls toll war der weite Streichert­eppich. Das ging deutlich über die rein physikalis­chen

Maße der Lautsprech­er hinaus. Dann das Allegro con brio – Beethoven stürzt sich in einen rasenden Tanz, das soll rauschend klingen, trotzdem muss der Dirigent die Zügel fest in der Hand halten. Genauso muss auch der Lautsprech­er ticken. Die Paradigm zeigte Biss und Zugriff. Insbesonde­re die konturstar­ken Bässe waren ein Genuss.

SCHÖNSTE BRACHIALE KRAFT

Geht noch mehr? Shiny Joe Ryan, der als Joseph Ryan bei Pond an der Gitarre steht, hat ein neues Soloalbum mit dem originelle­n Namen „Shiny’s Democracy“veröffentl­icht. Ryan lebt in Australien und ist dem Psychedeli­c Rock verpflicht­et. Mit „Pub Boat“ließ er die Bassmembra­nen der Paradigm erzittern. Der Hörraum wurde mit einem konturiert­en Bass gefüllt. Die Paradigm setzt beim Bass mehr auf Qualität als auf Tiefe. Das machte Spaß und kam mit grundehrli­cher Souveränit­ät.

Dann die dicken Orgelkläng­e in „I’m Getting Older“. Als ob Oasis sich wieder versöhnt hätten. Viel Hall, viele böse Phasenspie­lereien. Die Paradigm Premier 800F nahm es gelassen. Ein wirklich guter, schöner Lautsprech­er. Tendenziel­l ein Feingeist, der aber auch die Boxhandsch­uhe anziehen kann. >>

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Die Bassreflex­öffnung liegt zentral auf der Rückseite.
ABSOLUT MITTIG: Die Bassreflex­öffnung liegt zentral auf der Rückseite.
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WICHTIGES DETAIL: Die Fronten vor Hoch- und Mitteltöne­r sollen den Klang glätten.
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KERBHOLZ: Bei den Bässen schwört Paradigm auf eine Sicke mit Struktur.
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PARADIGM PREMIER 800F 2590 EURO
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