INVISIBLE TOUCH
Sie ist schön schlank, hat abgerundete Ecken, braucht keinerlei Lautsprecherkabel und verbirgt elegant ihre Chassis: Die Q Acoustics Q Active 400 ist eine Standbox für Ästheten. Was kann sie klanglich?
Die Fotos täuschen: Auch wenn die Q Active 400 hier aussieht wie eine große Standbox, so misst sie doch nur 82,5 Zentimeter in der Höhe. Ein Winzling, hart an der Grenze dessen, was als Standbox durchgeht. Aber Q Acoustics hat ungemein viel Elektronik verbaut, um die Kleine groß klingen zu lassen – und die Zuspielkabel vollständig verschwinden zu lassen.
Form, Größe und nicht sichtbare Chassis sorgen dafür, dass die Box optisch in einem Wohnumfeld fast verschwindet. Darin liegt vielleicht das stärkste Verkaufsargument: High- End mit optischem Schmeichelfaktor.
Bei Zuspielung und Planung der Anlage zielt man auf modernste Ansprüche. Die Q Active 400 versteht Bluetooth in der höchsten aptX- Qualität. Dazu Apple AirPlay 2, Spotify Connect – selbst für Roon steht sie parat. Jetzt kommt der Clou: Natürlich kann ich per Bluetooth direkt streamen, aber da geht noch viel
mehr – mit der „Q Active“-Steuereinheit. Ein schmales Kästlein, gerade so groß und abgerundet wie zwei Seifenstücke nebeneinander. Sie gehört zum Set und muss nicht extra bezahlt werden. Sie funkt die Signale zu den Lautsprechern. Hart links kann ich meine Ethernet- Festplatte einbinden. Dann ein HDMI- Port für den Link vom Fernseher, natürlich ARC-tauglich. Der PC oder die SpieleBox geht per optischem Signal hinein. Wer das Grummeln fühlen will, wird mit einem Subwoofer- Ausgang per Cinch belohnt. So wird jedes digitale Format in eine Höhe von 24 Bit und 96 Kilohertz erhoben. Würde ich von meinem MacBook streamen, so könnte das Setup auch 32 Bit und 192 Kilohertz verstehen.
VINYL PER STEUEREINHEIT
Doch auch ein Fenster zu klassischem HiFi: Es gibt einen Cinch- Stereo- Eingang. Daneben ein Winzschalter – einfach umlegen und ein Phono- Eingang wird daraus. Für MM- Systeme. Multiroom- Möglichkeiten existieren obendrein. Geht es noch moderner? Hier kommt die Sprachsteuerung, die kompatibel ist mit Amazon und Google.
Und wie steht es mit den audiophilen Werten bei der Verstärkung? Vollaktiv, ganz klassisch über eine Struktur von digitalen Amps, die jedes Chassis einzeln bedienen. Pro Seite kommen so über 280 Watt zusammen. Bei den Chassis wird es interessant. Ich sehe keinen Hochtöner, keinen Mitteltöner, die mich anstrahlen. Stattdessen zwei „Balanced Mode Radiatoren“, kurz BMR. Das sind Wandler mit komplett planer Membran, im Durchmesser einer Tasse für einen doppelten Espresso. Das heikle Unterfangen: Die Membranen müssen den Job von Hoch- und Mitteltöner gemeinsam übernehmen. Wo kommen die Bässe her? Aus dem Hintergrund, im Wortsinn. Q Acoustics lässt zwei Bassmembranen mit 11,4 Zentimetern zur Rückseite pulsieren, in einen passgenauen Schlitz mit einem ebenso passgenauen Diffusor auf der gegenüber liegenden Seite. Wie klingt das Konzept?
Kennen Sie „Senjutsu“? Das ist das neue Album von Iron Maiden – wie üblich randvoll mit deftigem, dynamischem Hardrock. Die Q Active 400 holte das Beste aus diesen Kaskaden heraus. Hier und da beschlich uns das Gefühl, die Kleine hätte sich verschluckt. Da wurde mitunter komprimiert und die musikimmanente Grobdynamik geglättet. >>
Wie kommen wir aus dieser Handbremsen- Falle heraus? Wir müssen die Musikrichtung wechseln. Nicht weniger Dynamik, aber feiner gestaffelt. Das Boston Symphony Orchestra spielt Schostakowitschs fünfte Sinfonie unter Andris Nelsons, eine Live- Aufnahme (DGG). Die Q Acoustics staffelte den Raum, zeigte die Weite, dazu die Wucht von Kontrabässen und gedoppelter Kesselpauke – hier wuchs sie weit über ihre kompakten Maße hinaus.
DER PEGEL ENTSCHEIDET
Also kein Rock, sondern eher Klassik? Das wäre ein Fehler. Es kommt auf die gewünschte Lautstärke an. Die Q Active 400 kann und will nicht brachial laut, denn auch ihre internen HochleistungsEndstufen können nicht zaubern. Gehobene Zimmerlautstärke ist aber selbstverständlich möglich.
Wie wäre es mit populärem Jazz? Greifen wir zu Till Brönner mit seinem Album „Nightfall“. Das haben wir in HiRes, aber auch als schwarze Scheibe. Das wäre doch was – damit können wir gleich den MM- Port ausprobieren. Hinein in den ersten Song. Brönner hat seinen Gefährten Dieter Ilg mitsamt seinem Kontrabass ins Studio einbestellt. Also nur zwei Instrumente. Aber toll, was die beiden Herren aus dem Leonard Cohen Song „A Thousand Kisses Deep“formen. Kontur muss her.
Wie hielt es die Q Active mit diesem audiophilen Wert? Erstaunlich. Halb links der Bass, halb rechts der Mann mit der Trompete. Alles sehr markant und klar in der Struktur. Da flirrten die Membranen, wozu vor allem der schreitende Bass beitrug. Das machte die Q Acoustics wirklich gut. Das hatte Spiellaune und sah blendend aus: Ein Plattenspieler in der Mitte, die kleinen Säulen davon links und rechts. Feinster, gelebter Minimalismus.