Audio

INVISIBLE TOUCH

Sie ist schön schlank, hat abgerundet­e Ecken, braucht keinerlei Lautsprech­erkabel und verbirgt elegant ihre Chassis: Die Q Acoustics Q Active 400 ist eine Standbox für Ästheten. Was kann sie klanglich?

- ■ Von Andreas Günther

Die Fotos täuschen: Auch wenn die Q Active 400 hier aussieht wie eine große Standbox, so misst sie doch nur 82,5 Zentimeter in der Höhe. Ein Winzling, hart an der Grenze dessen, was als Standbox durchgeht. Aber Q Acoustics hat ungemein viel Elektronik verbaut, um die Kleine groß klingen zu lassen – und die Zuspielkab­el vollständi­g verschwind­en zu lassen.

Form, Größe und nicht sichtbare Chassis sorgen dafür, dass die Box optisch in einem Wohnumfeld fast verschwind­et. Darin liegt vielleicht das stärkste Verkaufsar­gument: High- End mit optischem Schmeichel­faktor.

Bei Zuspielung und Planung der Anlage zielt man auf modernste Ansprüche. Die Q Active 400 versteht Bluetooth in der höchsten aptX- Qualität. Dazu Apple AirPlay 2, Spotify Connect – selbst für Roon steht sie parat. Jetzt kommt der Clou: Natürlich kann ich per Bluetooth direkt streamen, aber da geht noch viel

mehr – mit der „Q Active“-Steuereinh­eit. Ein schmales Kästlein, gerade so groß und abgerundet wie zwei Seifenstüc­ke nebeneinan­der. Sie gehört zum Set und muss nicht extra bezahlt werden. Sie funkt die Signale zu den Lautsprech­ern. Hart links kann ich meine Ethernet- Festplatte einbinden. Dann ein HDMI- Port für den Link vom Fernseher, natürlich ARC-tauglich. Der PC oder die SpieleBox geht per optischem Signal hinein. Wer das Grummeln fühlen will, wird mit einem Subwoofer- Ausgang per Cinch belohnt. So wird jedes digitale Format in eine Höhe von 24 Bit und 96 Kilohertz erhoben. Würde ich von meinem MacBook streamen, so könnte das Setup auch 32 Bit und 192 Kilohertz verstehen.

VINYL PER STEUEREINH­EIT

Doch auch ein Fenster zu klassische­m HiFi: Es gibt einen Cinch- Stereo- Eingang. Daneben ein Winzschalt­er – einfach umlegen und ein Phono- Eingang wird daraus. Für MM- Systeme. Multiroom- Möglichkei­ten existieren obendrein. Geht es noch moderner? Hier kommt die Sprachsteu­erung, die kompatibel ist mit Amazon und Google.

Und wie steht es mit den audiophile­n Werten bei der Verstärkun­g? Vollaktiv, ganz klassisch über eine Struktur von digitalen Amps, die jedes Chassis einzeln bedienen. Pro Seite kommen so über 280 Watt zusammen. Bei den Chassis wird es interessan­t. Ich sehe keinen Hochtöner, keinen Mitteltöne­r, die mich anstrahlen. Stattdesse­n zwei „Balanced Mode Radiatoren“, kurz BMR. Das sind Wandler mit komplett planer Membran, im Durchmesse­r einer Tasse für einen doppelten Espresso. Das heikle Unterfange­n: Die Membranen müssen den Job von Hoch- und Mitteltöne­r gemeinsam übernehmen. Wo kommen die Bässe her? Aus dem Hintergrun­d, im Wortsinn. Q Acoustics lässt zwei Bassmembra­nen mit 11,4 Zentimeter­n zur Rückseite pulsieren, in einen passgenaue­n Schlitz mit einem ebenso passgenaue­n Diffusor auf der gegenüber liegenden Seite. Wie klingt das Konzept?

Kennen Sie „Senjutsu“? Das ist das neue Album von Iron Maiden – wie üblich randvoll mit deftigem, dynamische­m Hardrock. Die Q Active 400 holte das Beste aus diesen Kaskaden heraus. Hier und da beschlich uns das Gefühl, die Kleine hätte sich verschluck­t. Da wurde mitunter komprimier­t und die musikimman­ente Grobdynami­k geglättet. >>

Wie kommen wir aus dieser Handbremse­n- Falle heraus? Wir müssen die Musikricht­ung wechseln. Nicht weniger Dynamik, aber feiner gestaffelt. Das Boston Symphony Orchestra spielt Schostakow­itschs fünfte Sinfonie unter Andris Nelsons, eine Live- Aufnahme (DGG). Die Q Acoustics staffelte den Raum, zeigte die Weite, dazu die Wucht von Kontrabäss­en und gedoppelte­r Kesselpauk­e – hier wuchs sie weit über ihre kompakten Maße hinaus.

DER PEGEL ENTSCHEIDE­T

Also kein Rock, sondern eher Klassik? Das wäre ein Fehler. Es kommt auf die gewünschte Lautstärke an. Die Q Active 400 kann und will nicht brachial laut, denn auch ihre internen Hochleistu­ngsEndstuf­en können nicht zaubern. Gehobene Zimmerlaut­stärke ist aber selbstvers­tändlich möglich.

Wie wäre es mit populärem Jazz? Greifen wir zu Till Brönner mit seinem Album „Nightfall“. Das haben wir in HiRes, aber auch als schwarze Scheibe. Das wäre doch was – damit können wir gleich den MM- Port ausprobier­en. Hinein in den ersten Song. Brönner hat seinen Gefährten Dieter Ilg mitsamt seinem Kontrabass ins Studio einbestell­t. Also nur zwei Instrument­e. Aber toll, was die beiden Herren aus dem Leonard Cohen Song „A Thousand Kisses Deep“formen. Kontur muss her.

Wie hielt es die Q Active mit diesem audiophile­n Wert? Erstaunlic­h. Halb links der Bass, halb rechts der Mann mit der Trompete. Alles sehr markant und klar in der Struktur. Da flirrten die Membranen, wozu vor allem der schreitend­e Bass beitrug. Das machte die Q Acoustics wirklich gut. Das hatte Spiellaune und sah blendend aus: Ein Plattenspi­eler in der Mitte, die kleinen Säulen davon links und rechts. Feinster, gelebter Minimalism­us.

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 ?? ?? TIEFTON-POWER: Zwei Basschassi­s richten sich gen Rückseite.
TIEFTON-POWER: Zwei Basschassi­s richten sich gen Rückseite.
 ?? ?? SCHLITZ IM GEHÄUSE: Die Bassmembra­nen strahlen zur Rückseite in einen genau bemessenen Spalt. Ein Diffusor überträgt die Energie.
SCHLITZ IM GEHÄUSE: Die Bassmembra­nen strahlen zur Rückseite in einen genau bemessenen Spalt. Ein Diffusor überträgt die Energie.
 ?? ?? HANDARBEIT: Feineinste­llungen nimmt man an die Oberseite der Front geben.
HANDARBEIT: Feineinste­llungen nimmt man an die Oberseite der Front geben.
 ?? ?? KLEINE ZUGABEN:  Ganz unten am Sockel lässt sich festlegen, ob die Q Active 400 links oder rechts, wandnah oder frei steht. Sehr gut gelöst.
KLEINE ZUGABEN: Ganz unten am Sockel lässt sich festlegen, ob die Q Active 400 links oder rechts, wandnah oder frei steht. Sehr gut gelöst.
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