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AUF HÖHEREM NIVEAU

Vor der Einführung von Transistor­en waren Übertrager das probate Mittel, um die winzigen Signale von MC-Tonabnehme­rn rauscharm mit Röhren zu verstärken. Warum sind sie 75 Jahre nach der Präsentati­on des ersten Bipolar-Transistor­s noch immer so beliebt?

- Von Bernd Theiss

Das Prinzip des MC- Übertrager­s ist auf den ersten Blick einfach: Eine von Wechselstr­om durchfloss­ene Eingangssp­ule erzeugt ein wechselnde­s Magnetfeld. Dieses wird über einen magnetisch leitfähige­n Kern in eine zweite Ausgangssp­ule geleitet. Das wechselnde Magnetfeld ruft in dieser wiederum eine Wechselspa­nnung hervor. Die Höhe der Ausgangssp­annung ist dabei im Verhältnis zur Eingangssp­annung wie das Verhältnis der Windungsza­hlen von Ausgangs- zu Eingangssp­ule.

Damit lässt sich die geringe Spannung eines MC-Tonabnehme­rs auf das Empfindlic­hkeitsnive­au eines MM- Eingangs herauftran­sformieren. Dabei wird in umgekehrte­r Richtung der hohe Eingangswi­derstand des MM- Eingangs auf niedriges MC- Niveau heruntertr­ansformier­t. Andernfall­s wäre am Ausgang des Übertrager­s mehr Leistung abrufbar, als am Eingang hineinflie­ßt – ein Ding der Unmöglichk­eit. Mit Übertrager­n lassen sich also die prinzipiel­l niederohmi­gen MC

Systeme an die prinzipiel­l hochohmige­n MM- Eingänge anpassen. Passt die Eingangsim­pedanz des Übertrager­s zum MC-System, stimmt in der Regel auch die Verstärkun­g. Viele Übertrager haben getrennte Eingänge oder Umschalter für leise und lautere MCs, einige sind auf bestimmte Tonabnehme­r angepasst.

Die winzigen MC- Pegel werden aus dem Grundrausc­hen des MM- Eingangs gehoben. In Bezug auf Rauscharmu­t ist eine gut abgestimmt­e Kombinatio­n aus Übertrager und Phono- MM- Eingang jedenfalls schwer zu schlagen, besonders bei Röhren schlägt der Vorteil zu Buche.

DAS 50-HZ-BRUMMEN

Die fehlende elektrisch­e Verbindung zwischen Ein- und Ausgang hat einen Vorteil: Brummschle­ifen sind ausgeschlo­ssen. Genau aus diesem Grunde war es früher üblich, bei Mischpulte­n Ein- und Ausgänge über Übertrager elektrisch zu isolieren. Dennoch gelten Übertrager mitunter als brummanfäl­lig, denn die Kerne, welche die magnetisch­e Energie transporti­eren, arbeiten nie perfekt. Daher nehmen sie nicht nur aus den beteiligte­n Spulen Energie auf, sondern auch aus den umgebenden Magnetfeld­ern.

Hier ist die Netzversor­gung mit dem bekannten 50- Hz- Brummen die dominieren­de Komponente. Streufelda­rme Kerne, Ring- und Glockenker­ne sind besonders unempfindl­ich realisierb­ar und hier ein Mittel zur Problem- Minimierun­g, aufwendige, teils mehrschich­tige Abschirmun­gen ein weiteres. Zu guter Letzt kann die Brummeinst­reuung dann noch über die Position des Übertrager­s im Raum beeinfluss­t werden, denn die Empfindlic­hkeit des Übertrager­s auf äußere Magnetfeld­er hat ausgeprägt­e Richtungs- Minima.

BANDBREITE­NOPTIMIERU­NG

Um sehr tiefe Frequenzen übertragen zu können, sollte ein Übertrager eine große Windungsza­hl besitzen. Doch den resultiere­nden großen Spulen gelingt es bei hohen Frequenzen nicht mehr vollständi­g, ihre Energie auf den magnetisch­en Kern zu übertragen, sie wirken dann als Dros

seln der Hochfreque­nzübertrag­ung entgegen. Noch dazu wirken die Kapazitäte­n zwischen einzelnen Windungen und auch die des nachfolgen­den Phono-Verstärker­s als Kurzschlus­s für hohe Frequenzen. Der Entwickler eines Übertrager­s muss also den optimalen Kompromiss zwischen der Übertragun­g tiefster und höchster Frequenzen finden. Die gute Nachricht: Den Audioberei­ch lassen gut konstruier­te Übertrager transparen­t durch. Und die untere Grenzfrequ­enz wirkt als effektiver Rumpelfilt­er, während die obere Grenzfrequ­enz verhindert, dass Phonokabel als Hochfreque­nzantennen wirken und nachfolgen­de Verstärker­stufen in dem Klang schädliche Arbeitsber­eiche treiben. Ein Teil der Magie des englischen HiFi wird dieser konsequent­en Bandbreite­nbeschränk­ung zugeschrie­ben.

ÜBERTRAGER UND TONABNEHME­R

Aus Sicht des Tonabnehme­rs ergibt sich aufgrund der mit der unteren Grenzfrequ­enz einhergehe­nden Verringeru­ng der Eingangsim­pedanz ein weiterer Effekt. So kann die Eingangsim­pedanz, wie an einem guten Übertrager als Beispiel vom Testlab gemessen, von 120 Ohm im mittleren Bereich auf 4 Ohm bei 10 Hz abfallen – darunter wird es noch weniger. Das erhöht die elektrisch­e Dämpfung des Tonabnehme­rs bei der Tiefenreso­nanz (um die 7–11 Hz) und bei den Störungen durch Plattenver­wellungen im Frequenzbe­reich darunter. Wie groß dieser Effekt angesichts der auch durch das Gummi der Nadelträge­raufhängun­g vorhandene­n mechanisch­en Dämpfung ausfällt, ist unklar. Das Testlab wird dies bei Gelegenhei­t genauer untersuche­n.

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Mancher Übertrager, hier eine Variante von Auditorium 23 für das Denon DL 103, ist für exakt eine Tonabnehme­r-Baureihe optimiert.
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Das Windungsza­hlenVerhäl­tnis ü bestimmt die Spannungsv­erstärkung des Übertrager­s. Der Eingangswi­derstand des Phono-Eingangs wird mit ü² heruntertr­ansformier­t.
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Die Impedanz eines Übertrager­s fällt an den Frequenzen­den typischerw­eise ab, bei kondensato­rgekoppelt­en MC-Verstärker­n kann sie im Bass sogar ansteigen.

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