AUF HÖHEREM NIVEAU
Vor der Einführung von Transistoren waren Übertrager das probate Mittel, um die winzigen Signale von MC-Tonabnehmern rauscharm mit Röhren zu verstärken. Warum sind sie 75 Jahre nach der Präsentation des ersten Bipolar-Transistors noch immer so beliebt?
Das Prinzip des MC- Übertragers ist auf den ersten Blick einfach: Eine von Wechselstrom durchflossene Eingangsspule erzeugt ein wechselndes Magnetfeld. Dieses wird über einen magnetisch leitfähigen Kern in eine zweite Ausgangsspule geleitet. Das wechselnde Magnetfeld ruft in dieser wiederum eine Wechselspannung hervor. Die Höhe der Ausgangsspannung ist dabei im Verhältnis zur Eingangsspannung wie das Verhältnis der Windungszahlen von Ausgangs- zu Eingangsspule.
Damit lässt sich die geringe Spannung eines MC-Tonabnehmers auf das Empfindlichkeitsniveau eines MM- Eingangs herauftransformieren. Dabei wird in umgekehrter Richtung der hohe Eingangswiderstand des MM- Eingangs auf niedriges MC- Niveau heruntertransformiert. Andernfalls wäre am Ausgang des Übertragers mehr Leistung abrufbar, als am Eingang hineinfließt – ein Ding der Unmöglichkeit. Mit Übertragern lassen sich also die prinzipiell niederohmigen MC
Systeme an die prinzipiell hochohmigen MM- Eingänge anpassen. Passt die Eingangsimpedanz des Übertragers zum MC-System, stimmt in der Regel auch die Verstärkung. Viele Übertrager haben getrennte Eingänge oder Umschalter für leise und lautere MCs, einige sind auf bestimmte Tonabnehmer angepasst.
Die winzigen MC- Pegel werden aus dem Grundrauschen des MM- Eingangs gehoben. In Bezug auf Rauscharmut ist eine gut abgestimmte Kombination aus Übertrager und Phono- MM- Eingang jedenfalls schwer zu schlagen, besonders bei Röhren schlägt der Vorteil zu Buche.
DAS 50-HZ-BRUMMEN
Die fehlende elektrische Verbindung zwischen Ein- und Ausgang hat einen Vorteil: Brummschleifen sind ausgeschlossen. Genau aus diesem Grunde war es früher üblich, bei Mischpulten Ein- und Ausgänge über Übertrager elektrisch zu isolieren. Dennoch gelten Übertrager mitunter als brummanfällig, denn die Kerne, welche die magnetische Energie transportieren, arbeiten nie perfekt. Daher nehmen sie nicht nur aus den beteiligten Spulen Energie auf, sondern auch aus den umgebenden Magnetfeldern.
Hier ist die Netzversorgung mit dem bekannten 50- Hz- Brummen die dominierende Komponente. Streufeldarme Kerne, Ring- und Glockenkerne sind besonders unempfindlich realisierbar und hier ein Mittel zur Problem- Minimierung, aufwendige, teils mehrschichtige Abschirmungen ein weiteres. Zu guter Letzt kann die Brummeinstreuung dann noch über die Position des Übertragers im Raum beeinflusst werden, denn die Empfindlichkeit des Übertragers auf äußere Magnetfelder hat ausgeprägte Richtungs- Minima.
BANDBREITENOPTIMIERUNG
Um sehr tiefe Frequenzen übertragen zu können, sollte ein Übertrager eine große Windungszahl besitzen. Doch den resultierenden großen Spulen gelingt es bei hohen Frequenzen nicht mehr vollständig, ihre Energie auf den magnetischen Kern zu übertragen, sie wirken dann als Dros
seln der Hochfrequenzübertragung entgegen. Noch dazu wirken die Kapazitäten zwischen einzelnen Windungen und auch die des nachfolgenden Phono-Verstärkers als Kurzschluss für hohe Frequenzen. Der Entwickler eines Übertragers muss also den optimalen Kompromiss zwischen der Übertragung tiefster und höchster Frequenzen finden. Die gute Nachricht: Den Audiobereich lassen gut konstruierte Übertrager transparent durch. Und die untere Grenzfrequenz wirkt als effektiver Rumpelfilter, während die obere Grenzfrequenz verhindert, dass Phonokabel als Hochfrequenzantennen wirken und nachfolgende Verstärkerstufen in dem Klang schädliche Arbeitsbereiche treiben. Ein Teil der Magie des englischen HiFi wird dieser konsequenten Bandbreitenbeschränkung zugeschrieben.
ÜBERTRAGER UND TONABNEHMER
Aus Sicht des Tonabnehmers ergibt sich aufgrund der mit der unteren Grenzfrequenz einhergehenden Verringerung der Eingangsimpedanz ein weiterer Effekt. So kann die Eingangsimpedanz, wie an einem guten Übertrager als Beispiel vom Testlab gemessen, von 120 Ohm im mittleren Bereich auf 4 Ohm bei 10 Hz abfallen – darunter wird es noch weniger. Das erhöht die elektrische Dämpfung des Tonabnehmers bei der Tiefenresonanz (um die 7–11 Hz) und bei den Störungen durch Plattenverwellungen im Frequenzbereich darunter. Wie groß dieser Effekt angesichts der auch durch das Gummi der Nadelträgeraufhängung vorhandenen mechanischen Dämpfung ausfällt, ist unklar. Das Testlab wird dies bei Gelegenheit genauer untersuchen.