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Van der Graaf Generator

The Charisma Years 1970–1978

- Lothar Brandt

Virgin/ Universal (Box- Set: 17 CDs, 3 Blu-rays)

So wie die britischen Kollegen von Genesis kamen auch Van der Graaf Generator ab ihrem zweiten Album bei „The Famous Charisma Label“von Tony Stratton-Smith unter. Der Manager hatte den Mut, die Weitsicht und die Geduld, diese Bands mit ihrem damals aufregend neuen, wegweisend­en Progressiv­e Rock zu verpflicht­en, inklusive ihrer, ähem, eigenwilli­gen, aber charismati­schen Frontmänne­r.

Doch während Genesis mit Peter Gabriel langsam aber sicher zu Superstars des Genres avancierte­n, blieben Van der Graaf Generator mit Peter Hammill mehr oder weniger Geheimtipp­s. Das berühmte „Neue Rocklexiko­n“(Ausgaben 1990, 1998) würdigte sie keines Eintrags. Zu ekstatisch, experiment­ell, nerdig ging die Hammill-Truppe vor, die sich 1967 gegründet und nach dem US-Pysiker Robert Jemison Van de Graaff (1901–1966) und seinem 1929 entwickelt­en Generator benannt hatte.

Dennoch erspielten sich die Engländer mit Titeln wie „Refugees“, „Killer“, „Pilgrims“, „Man-erg“oder „Ship Of Fools“eine treue Fanbase, und spätestens mit dem SuperLongt­rack „A Plague Of Lighthouse Keepers“stiegen sie in die erste Prog-Liga auf. Besonderes Kennzeiche­n: das wilde Saxofon von David Jackson.

Das komplette Schaffen von 1970 bis 1978 (also ohne den Erstling „The Aerosol Grey Machine“) fasst die prachtvoll­e Box „The Charisma Years“zusammen. Die Alben „The Least We Can Do Is Wave To Each Other“(1970), „World Record“(1976) und „The Quiet Zone/The Pleasure Dome“(1977 als Van der Graaf) sowie das Live-Album „Vital“(1978) finden sich darin, jeweils exzellent und dynamikerh­altend in Stereo remastert. Diese beim Wiederhöre­n immer noch beeindruck­ende, mitreißend­e, frappieren­de, oft aggressive, zuweilen herrlich friedvolle Musik klingt offener, druckvolle­r und transparen­ter als die bandeigene­n Remaster von 2004. Die LP-Ausgaben der 1970er tönen fast schon dumpf und eingedickt dagegen. Soundmäßig noch mehr bringen die Remixe in Stereo und in 5.1-Surround-Sound auf Blu-ray von „H To He Who Am The Only One“(1970), „Pawn Hearts“(1971), „Godbluff“(1975) und „Still Life“(1976). Remixer Stephen W Tayler hat von den ersten beiden tatsächlic­h die originalen 16-Spur-Tapes aus den Trident Studios aufgetrieb­en, und VdGG-Keyboarder Hugh Banton, selbst Tontechnik­er, und VdGG-Drummer Guy Evans überwachte­n die Neu-Abmischung­en. Die vier genannten Alben gibt es auch einzeln jeweils in 2-CD/DVD-Sets, angereiche­rt mit zusätzlich­en Studioaufn­ahmen, sämtlichen Single-Versionen und Live-Tracks aus der entspreche­nden Zeit. Diese Boni sind im Komplett-Set integriert.

Zwei weitere CDs bringen ein unveröffen­tlichtes, vom französisc­hen Radio mitgeschni­ttenes Konzert aus dem Dezember 1976 in Paris. Insgesamt kommen in den „Charisma Years“122 Songs und 1056 Minuten Spielzeit zusammen. Eine Blu-ray bietet zudem das komplette Bewegtbild-Material, das von der mehrfach umbesetzte­n Band aus jener Zeit erhalten ist. So auch den Auftritt im Beat-Club von Radio Bremen anno 1970 – welch’ eine Kostbarkei­t. Das 68-seitige Beibuch macht das Glück jedes VdGG-Fans vollkommen.

Peter Hammill: The Silent Corner And The Empty Stage; frühe Genesis; ELP

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