REISE-FREIHEIT
Das geringe Gewicht und die schlanke Verpackung des Bluetooth-ANC-Kopfhörers Sony WH-1000XM4 versprechen Reisen mit leichtem Gepäck. Stimmt auch der Klang?
Der erste Eindruck irritiert: So klein das Case, so leicht der Hörer und das Ganze Ton in Ton, wie aus einem Stück Kunststoff gepresst. Andere Over-Ears im gehobenen Segment liegen gewichtiger in der Hand, liefern einen imposanteren Materialmix. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich am WH-1000XM4 an den entscheidenden Stellen höchste Qualität. Seine Ohrmuscheln und der obere Bügelteil sind weich gepolstert und sitzen angenehm. Das Bügelgestell ist metallverstärkt und eng gerastert. Ist die richtige Einstellung gefunden, sitzt der Hörer bequem wie kein anderer, fast als wäre er gar nicht da. Und auch im Gepäck trägt er spürbar weniger auf als viele Mitbewerber.
Dabei bietet er technisch das volle Programm und noch ein bisschen mehr. Über 20 Stunden Ausdauer im WirelessBetrieb genügen auch für lange Reisen. Die Geräuschunterdrückung wirkt ausgesprochen breitbandig. Das minimale Eigenrauschen liegt schon in üblichen Wohnräumen unter dem normalen Geräuschniveau. In der Praxis reist man so deutlich ruhiger als mit Headsets, die nur in Bass und unteren Mitten dämpfen. Im ICE kann so schon einmal die Ansage des eigenen Zielbahnhofs verloren gehen. Zum Glück gibt es noch den Transparenzmodus und zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten für die Durchhörbarkeit. Wobei die Einstellung des ANCModus auch adaptiv erfolgen kann. Sinnvoll, denn die maximale Dämpfung reduziert die Auflösung geringfügig, was in lauter Umgebung aber keine Rolle spielt. Telefonieren lässt sich mit dem Sony praktisch nur in ruhiger Umgebung, wie bei allen Kopfhörern ohne Mikrofonausleger werden sonst zu viele Störgeräusche zum Gesprächspartner gesendet. Die Wiedergabe zeigt bei tendenziell warmer Grundabstimmung gegenüber dem Vorgänger WH-1000XM3 deutlich gesteigerte Durchhörbarkeit in den Mitten. Beeindruckend, wie der XM4 etwa das Spiel zwischen tiefer und Falsettstimme auf Purple Rain von Prince in Szene setzte. Authentizität statt Reproduktion beschreibt hier treffend den Unterschied zum Vorgänger. Darunter konturierter Tiefton, wie etwa die BassDrums auf Everyday Life von Coldplay mit fast schon spürbarer Luftbewegung dokumentieren, bei Kopfhörern ein seltenes Erlebnis. Der Hochtonbereich ist zwar eher zurückhaltend als prominent abgestimmt, dehnt sich jedoch weiter an die Hörgrenze aus, als wir es von anderen Bluetooth- Hörern gewohnt sind. Wer öfter reist, bekommt mit dem Sony WH-1000XM4 ein Stück zusätzlicher Lebensqualität, das mit 270 Euro kaum aufgewogen werden kann.