Merry Christmas!
Winfried Dulisch hört besinnliche Xmas-Music und beschwingte Weihnachtslieder.
Seit 2014 führen die „Wexford Carols“der irischen Sängerin Caitríona O‘Leary die Xmas-Verkaufscharts in USA und UK an. 2021 legt sie ihr zweites Album mit traditionellen Weihnachtsliedern aus Irland vor: Strange Wonders. Begleitet von Kollegen aus der Celticfolk- und Earlymusic- Szene, löst ihr engelhafter Gesang Enya hier endgültig als einschmeichelnd verführerische Traumbegleiterin ab. Norah Jones bestätigt auf „I Dream Of Christmas“ihren Status als Patin des AmericanaAdultpop. Bei ihrem Weihnachtsplattendebüt zieht sie, ständig die Perspektive wechselnd, alle ihre Jazz-, Folk- und Countryregister. Souverän spürt sie sogar in Chuck Berrys Rock’n’Roll- Kinderliedchen „Run Rudolph Run“einige bislang verborgene Zwischentöne auf. Nachdem die Bluesrock- Röhre Lucinda Williams Alben mit Stones- und Dylan-Songs veröffentlicht hatte, coverte sie für „Lu‘s Jukebox Vol. 5 - Have Yourself A Rockin‘ Little Christmas“ihre Lieblingsweihnachtslieder. Da wird sogar Charles Browns Bluesschnulze „Merry Christmas, Baby“zum Kabinettstückchen, weil sie jede Textzeile mit clever platzierten Gitarrenlicks kommentiert. Das Reissue- Label Bear Family wählte 16 Rock’n’Roll- Reliquien aus für „There‘s Trouble Brewin‘“. Mit Country- Swing, Bigband- Rhythm’n’Blues und Doo-WopGesang liefert diese nur als Vinylscheibe erhältliche Compilation das authentische Tanzflächenfüllmaterial für Xmas- Kellerpartys im Stile der 1950er und frühen 1960er. Für die Chill- out-Zone eignet sich „Winter Tales – Christmas With A Difference“. Der legendäre AmbientMusiker Brian Eno und einige seiner Nachfolger lieferten Mosaiksteine für dieses dynamisch komprimierte, jedoch räumlich großformatige Klangpanorama. Doch sogar ein audiophiler Purist muss gestehen, dass dieses Album seinen Zweck als Meditationshilfsmittel bestens erfüllt. Der norwegische Pianist Oddgeir Berg wollte mit Kontrabassund Schlagzeugbegleitung den langsamsten Xmas- Jazz aller Zeiten produzieren. Auf „Christmas Came Early“vollführt dieses Trio mit skandinavischer Unterkühltheit einen Spagat zwischen provozierender Frechheit und Nachdenklichkeit. 2007 lieferte Till Brönner ein künstlerisch orientierungsloses Fusionpop-Weihnachtsalbum ab. Forget it! Denn 2021 setzt der Trompeter mit „Christmas“eine hohe neue Marke nicht nur für Xmas- Music, sondern auch für jede Art von Kammermusikjazz. Mit Piano und Kontrabass haucht er von „Stille Nacht“ bis „Jingle Bells“einem eigentlich zu Tode gespielten Repertoire neues Leben ein. Chapeau! Der Geschenktipp für Acappella- Fans kommt wieder einmal von den King Singer‘s, die seit mehr als einem halben Jahrhundert in diesem Genre als Trendsetter gelten. Mit ihren 25 „Christmas Carols“loten die sechs Vokalisten diesmal zwischen Barock und zeitgenössischen Tonsetzern, altenglischem Liedgut und Weltmusik, liturgischer Andacht und weltlichen Weihnachtsfreuden den Gestaltungsspielraum ihrer Virtuosität aus.