Curtis Stigers
This Life
Dreißig Jahre liegt die Aufnahme des ersten Studioalbums von Curtis Stigers zurück. Für sein dreizehntes wählte der Sänger neun Lieblingsstücke aus dem Fundus der zwölf Vorgänger, darunter Hits wie „(What’s So Funny ’Bout) Peace, Love, And Unterstanding“und ergänzte zwei Songs, die bisher nur zum Konzertrepertoire gezählt hatten. Die neuen Arrangements verzichten auf Pomp; stattdessen prägt die elf Songs eine Portion R’n’B und Souljazz. Als Begleitung genügen Piano/Wurlitzer E-Piano, Kontrabass und Schlagzeug sowie bei sechs Songs Trompete. Die kraftvollen, emotionalen Saxofonsoli spielt Stigers selbst. Kraft, Charme und Volumen seines Baritons sowie die differenzierte Textgestaltung machen dieses Album zum Glücksfall.
Kurt Elling: The Gate
Werner Stiefele
Melancholie ist ein ambivalentes Gefühl. Der israelische Trompeter Avishai Cohen verwandelt sie musikalisch in ein Panoptikum der Assoziationen. Mal klingt sie nach melodischer Einsamkeit, der Verlassenheit weiter Räume, dann wieder nach harmonischer Geschlossenheit, eingefangen in arpeggierend flirrenden Soundwirkungen oder einer mollig sanften, lächelnden Traurigkeit. Cohen spielt mit diesen Gegensätzen, sein Quartett mit Pianist Yonathan Avishai, Bassist Barak
Arve Henriksen, Dave Douglas
Mori und Schlagzeuger Ziv Ravitz unterstützt die im vergangenen September bei den südfranzösischen Edelklangexperten von La Buissonne festgehaltene Vieldeutigkeit mit kammerjazzig unaufgeregter Finesse. Die nackte Wahrheit liegt für sie in der dramaturgischen Zurückhaltung, in der Geschmeidigkeit der Linien, auch in der Poesie eines als Conclusio rezitieren Gedichts über Angst und Schicksal, Leben und Tod. Melancholie als Methode.
Ralf Dombrowski