Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die CSU wandelt mit ihren Ultimaten auf einem schmalen Grat

Leitartike­l In der Partei herrscht große Angst vor einem Vertrauens­verlust in der Flüchtling­skrise. In Kreuth steht eine erneute Konfrontat­ion mit der Kanzlerin bevor

- VON ULI BACHMEIER

Ejub@augsburger-allgemeine.de

s herrscht helle Aufregung in der CSU. Obwohl die Partei in Bayern laut der jüngsten Umfrage wieder bei eigentlich beruhigend­en 47 Prozent liegt, sieht sie sich in der ungelösten Flüchtling­skrise existenzie­ll bedroht. Rechts von der CSU dürfe es keine demokratis­ch legitimier­te Partei geben – dieses Mantra hat Übervater Franz Josef Strauß seinen Mitstreite­rn und Nachfolger­n ins Stammbuch geschriebe­n. Nun ist genau diese Gefahr akut.

Würde diesen Sonntag gewählt, die rechtspopu­listische Alternativ­e für Deutschlan­d wäre im Landtag. Dort hätte die CSU zwar immer noch eine absolute Mehrheit. Aber eben nur im Moment. Eine große Mehrheit der Csu-abgeordnet­en ist davon überzeugt, dass sich die Zustimmung­swerte sehr schnell ändern werden, wenn es nicht gelingt, die Zahl der Zuwanderer massiv zu reduzieren.

Geschürt wurde diese Angst bei den unzähligen Neujahrsem­pfängen der Parteiglie­derungen im ganzen Land. Die Csu-landtagsab­geordneten, die sich heute zu ihrer Klausur in Wildbad Kreuth treffen, erzählen im Prinzip alle dasselbe: Die Stimmung sei miserabel. Die Csu-anhänger forderten Lösungen. Das Vertrauen schwinde. Und wenn es nicht bald gelinge, die Kanzlerin zu einem Kurswechse­l zu zwingen, dann werden nach der CDU auch der CSU die Anhänger in Scharen von der Fahne gehen.

Gleichzeit­ig wachsen Zorn und Argwohn gegenüber der Schwesterp­artei CDU. Zornig sind sie in der CSU, weil sie den Eindruck haben, dass ihre Parteifreu­nde in der CDU mehrheitli­ch noch immer am Rockzipfel der Kanzlerin hängen und nicht Manns genug sind, ihre Meinung auch laut zu sagen. Argwöhnisc­h sind sie, weil die CDU in einigen Ländern rein rechnerisc­h allein dadurch wieder an die Regierung kommen oder den Ministerpr­äsidenten stellen könnte, wenn es die AFD in die Landtage schafft. Deshalb gebe es bei der CDU keinen solchen Leidensdru­ck. Für die CSU aber gelte der alte Spruch: Ist in Bayern die absolute Mehrheit weg, dann ist alles weg.

Die Stimmung ist offenbar so explosiv, dass die Strategen in Partei und Fraktion in den Tagen vor Kreuth vor allem damit beschäftig­t waren, die Verärgerun­g und Wut unter den Landtagsab­geordneten in geordnete Bahnen zu lenken. Die Cdu-chefin und Bundeskanz­lerin, die am Mittwochab­end als Gast nach Kreuth kommen wird, soll mit allem Nachdruck die Ernsthafti­gkeit der Csu-forderunge­n zu spüren bekommen. Ein Eklat oder gar ein Bruch aber soll nicht riskiert werden. Noch nicht.

Der Vorstoß des früheren Csuchefs Stoiber, Merkel noch bis nach den Landtagswa­hlen in Badenwürtt­emberg,

Zeichnung: Haitzinger Rheinland-pfalz und Sachsen-anhalt im März Zeit zu geben, zeigt, dass die CSU der Kanzlerin eine letzte Frist einräumen will. Die Schwierigk­eit an solchen Ultimaten aber ist, dass man wissen sollte, womit man droht. Das weiß die CSU noch nicht. Sie wandert auf einem schmalen Grat.

Die Diskussion, einer wie immer zu definieren­den „Leitkultur“in Bayern Verfassung­srang einzuräume­n, ist vor diesem Hintergrun­d eher Begleitmus­ik. Der Freistaat versteht sich als freies und weltoffene­s Land. Darüber sind sich alle Parteien im Landtag einig. Was das im Einzelnen bedeutet, könnte – sozusagen in einem Akt der Selbstverg­ewisserung – debattiert werden. So eine Diskussion kann nicht schaden. Es kann auch nicht schaden, Zuwanderer­n mitzuteile­n, welche Werte und Regeln im Umgang miteinande­r in Bayern gelten. Allerdings gilt das auch umgekehrt. Wer Zuwanderer belehren will, sollte so manchen Bayern daran erinnern, dass Fremdenfei­ndlichkeit den Werten der Verfassung widerspric­ht.

Ein Eklat oder gar ein Bruch soll nicht

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Angela allein zu Haus!
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