Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Warum Österreich schlecht auf uns zu sprechen ist
Eu-treffen Außenminister Sebastian Kurz kritisiert die Willkommenskultur und teilt auch gegen Griechenland aus Kommentar
Brüssel Als ob die Bundeskanzlerin nicht schon genug innenpolitischen Ärger um die Ohren hätte, kommen nun auch noch bittere Worte aus der Nachbarschaft hinzu. Die Außenminister der 28 Eu-mitgliedstaaten waren gestern zu ihrer Ratssitzung noch gar nicht richtig in Brüssel angekommen, da gab es schon die erste verbale Attacke gegen Deutschland. Sie kam vom österreichischen Außenminister Sebastian Kurz: „Weder die Einladungs- noch die Willkommenspolitik ist die richtige Antwort auf die Flüchtlingskrise“, sagte der 29-jährige Chefdiplomat.
Und damit der Satz auch ja nicht ungehört verklingt, schob Kurz noch eine Drohung nach: Die Alpenrepublik habe im vergangenen Jahr rund 90 000 Asylbewerber aufgenommen. „Das kann in diesem Jahr nicht noch einmal so ablaufen.“Wien behalte sich nach einer internen Konferenz mit den Vertretern der Regionen am 20. Januar eine Verschärfung der Grenzkontrollen vor, „sollte sich keine europäische Lösung abzeichnen“. Allerdings sei man natürlich auch offen für eine Zusammenarbeit mit Deutschland und Slowenien, um den Druck von dem kleinen Eu-mitglied an der Eu-außengrenze zu nehmen.
Scharfe Worte richtete der Österreicher auch an Griechenland. Der Regierung in Athen hielt er vor, sich nicht an gemeinsame Absprachen in
VON DETLEF DREWES dr@augsburger-allgemeine.de Brüssel zu halten. „Einige Staaten scheinen ganz zufrieden zu sein, wenn sie die Menschen einfach Richtung Westen weiterziehen lassen.“An solchen Sätzen kann man ablesen, wie gereizt die Stimmung unter den Ministern ist. Da sich die Eu-mitglieder weiter uneinig sind, wer künftig wie viele Flüchtlinge aufnehmen wird, setzen alle ihre Hoffnungen auf die Verhandlungen über die Zukunft Syriens sowie Hilfen für dessen Nachbarn, um den weiteren Zustrom nach Europa zu stoppen. „Wir müssen Zweifler überzeugen, dass wir denjenigen, die die größte Last tragen, entgegenkommen“, sagte Außenminister Frank-walter Steinmeier. Gemeint ist vor allem Jordanien, das neben der Türkei wohl das größte Kontingent der Flüchtlinge betreut – damit aber überfordert ist. Die EU erwägt nun ein wichtiges Signal Richtung Amman: Es geht um Geld, aber wohl auch um einen bevorzugten Zugang zum europäischen Markt. „Wir denken über indirekte Wirtschaftshilfe nach“, bestätigte ein hoher Eu-diplomat.
Doch das größte Problem liegt nach wie vor in Syrien. Eigentlich hatte man in Brüssel darauf gehofft, den Iran nach dem Durchbruch bei den Atomverhandlungen stärker auf die Linie der Europäer zu bringen. Doch es gibt einen tief greifenden Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-arabien: Während die Mullahs als wichtigste Partner des syrischen Diktators Baschar al-assad gelten, haben sich die Saudis auf die Seite der Rebellen geschlagen.
Wie diese beiden Großmächte in eine Koalition eingebunden werden können, blieb auch gestern unklar. Sicher ist nur: Es führt kein Weg daran vorbei.