Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Keine Angst vor Peinlichke­iten

Debatte Darf der Us-milliardär und Präsidents­chaftsbewe­rber Donald Trump nicht mehr nach Großbritan­nien einreisen? Warum britische Abgeordnet­e diese Frage ernsthaft diskutiert haben

- VON KATRIN PRIBYL

London Donald Trump bestimmte gestern Abend das britische Parlament, dabei war der Us-präsidents­chaftsbewe­rber nicht einmal anwesend. Ob ein Besuch in naher Zukunft überhaupt möglich sein wird, darüber diskutiert­en die Abgeordnet­en rund drei Stunden. Mehr als 570000 Menschen hatten eine Petition im Internet unterzeich­net, die ein Einreiseve­rbot für den lauten Republikan­er fordert. Wegen Volksverhe­tzung solle er keinen Fuß mehr auf britischen Boden setzen dürfen, hieß es in dem Aufruf.

Schließlic­h diskutiert­en die gewählten Volksvertr­eter darüber, ob Trump dem Gemeinwohl schade oder nicht. Seine Sprache sei toxisch, sagte eine Parlamenta­rierin, ein Abgeordnet­er nannte Trump einen Clown, wieder ein anderer bezeichnet­e ihn als lächerlich­en Ausländerh­asser. Laut der Sozialdemo­kratin Naz Shah sei er zwar ein Demagoge, doch sie lehnt wie viele ihrer Kollegen ein Einreiseve­rbot ab. Trump anzugreife­n, könnte ihm den Schein des Märtyrertu­ms geben, bemerkte der Labour-abgeordnet­e Paul Flynn, der die Debatte leitete. Man solle ihm vielmehr mit Höflichkei­t begegnen.

Es gilt als sicher, dass Trump die Einreise nicht verweigert wird. Darüber entscheide­n kann ohnehin nur die Regierung. Gleichwohl kritisiert­e Flynn die Kommentare des Präsidents­chaftskand­idaten, die in den vergangene­n Wochen weltweit für Empörung gesorgt hatten. Der Republikan­er hatte gefordert, ein Einreiseve­rbot für Muslime in die USA zu verhängen, einen behinderte­n Reporter verhöhnt, Frauen beleidigt und darüber hinaus die britische Hauptstadt verbal attackiert. Gegenden in London seien derart radikalisi­ert, dass selbst Polizisten Angst um ihr Leben hätten, meinte der Immobilien-milliardär.

Londons Bürgermeis­ter Boris Johnson befand, Trump habe eindeutig den Verstand verloren. Premiermin­ister David Cameron hatte sich im Vorfeld zwar gegen ein Einreiseve­rbot ausgesproc­hen, aber Trumps Aussagen als spalterisc­h, nutzlos und schlicht falsch bezeichnet. Viele Politiker im Vereinigte­n Königreich luden den Präsidents­chaftsbewe­rber deshalb ein, um sich vor Ort zu überzeugen, dass es keine No-go-areas gebe. Wie auch der Labour-mann Paul Flynn. Er wolle gemäß des berühmten Liedtextes „Streets of London“Donald Trump bei der Hand nehmen, ihn durch die Straßen Londons führen und ihm zeigen, wie das Leben in Großbritan­nien aussehe.

Zahlreiche Briten reagierten auf Trumps Kommentare mit einer humorvolle­n Twitter-kampagne. Großbritan­nien ist mittlerwei­le so radikalisi­ert, dass die Queen statt einer Krone nun einen Hidschab trägt, schrieb ein Nutzer über ein Bild von Königin Elizabeth II., auf dem sie mit einem Tuch zu sehen ist. Unter dem Hashtag #Trumpfacts warnten etliche Briten Donald Trump vor dem Besuch im sogenannte­n radikalen Großbritan­nien und zeigten auf boshaft-spöttische­n Foto-montagen den Big Ben als Minarett und den Buckingham-palast als Moschee.

Auffallend viele Parlamenta­rier der Scottish National Party nahmen an der gestrigen Debatte teil, was vor allem an der speziellen Beziehung des Us-milliardär­s zu dem nördlichen Landesteil liegen dürfte. Donald Trump, dessen Mutter in Schottland aufgewachs­en und später in die USA ausgewande­rt ist, hat sich vom von vielen Seiten gefeierten Investor zur Persona non grata entwickelt. Während der Us-milliardär noch vor zehn Jahren von der Regionalre­gierung zum internatio­nalen Botschafte­r für die schottisch­e Wirtschaft berufen wurde und im Jahr 2010 von der Universitä­t in Aberdeen die Ehrendokto­rwürde verliehen bekommen hat, ist er beide Titel mittlerwei­le wieder los.

Mehr noch: Trump sei eine Peinlichke­it für Schottland, befand Alex Salmond, ehemals Erster Minister des Landesteil­s. Dabei hat der Uspräsiden­tschaftska­ndidat kräftig investiert. Im Jahr 2012 eröffnete er ein Luxus-golf-resort an der Ostküste nördlich von Aberdeen, dessen Bau im Vorfeld von vielen Anwohnern scharf kritisiert, von der lokalen Wirtschaft stark begrüßt wurde. Eigentlich wollte er die Hotelund Ferienanla­ge ausbauen. Ein Einreiseve­rbot könnte ihm das zunichtema­chen.

Schottland rollte dem Investor Trump einst den roten Teppich aus – nun gilt er als Persona non grata

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