Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Whatsapp ist bald für alle kostenlos

Internet Mit der Abo-zahlung von 89 Cent pro Jahr wollte der Kurznachri­chtendiens­t einst seine Unabhängig­keit sichern. Doch dann ließ sich der Dienst von Facebook kaufen

-

München Der Kurzmittei­lungsdiens­t Whatsapp schafft unter dem Dach von Facebook seine Abo-gebühr von umgerechne­t 89 Cent pro Jahr ab. „Die Übernahme hat uns erlaubt, uns auf Wachstum zu konzentrie­ren und nicht ans Geldverdie­nen zu denken“, sagte Mitgründer Jan Koum gestern auf der Internetko­nferenz DLD in München.

Whatsapp wolle künftig stärker in der Kommunikat­ion zwischen Unternehme­n und Verbrauche­rn mitmischen, sagte er mit Blick auf ein mögliches künftiges Geschäftsm­odell. Das ist auch ein Schwerpunk­t beim Facebook Messenger, dem zweiten Kurzmittei­lungsdiens­t des Online-netzwerks, der nach jüngsten Angaben über 800 Millionen Nutzer hat. Bisher teilten sie sich so auf, dass Whatsapp sich auf eine Grundkommu­nikation fokussiert und der Messenger – zunächst in den USA – eine Art „Schweizer Taschenmes­ser“ist mit vielen Zusatz-angeboten wie Bezahldien­st oder Fahrten-vermittlun­g.

Whatsapp hat über 900 Millionen Nutzer weltweit, bei der Übernahme durch Facebook waren es noch rund 450 Millionen. Vor ziemlich genau zwei Jahren sagte Koum am Rande der DLD noch, die Abogebühr solle auf Dauer die Unabhängig­keit von Whatsapp sichern. Das Geld reiche aus, beteuerte er damals, die Firma agiere äußerst sparsam. Wenige Wochen später wurde die Übernahme durch Facebook für 19 Milliarden Dollar bekannt gegeben. Am Ende war der Deal mit dem steigenden Preis der Facebook-aktie rund 22 Milliarden Dollar wert. Der Ukrainer Koum, der als Teenager auf Sozialhilf­e in Kalifornie­n angewiesen war, kam als Mitgründer auf ein Milliarden­vermögen. Der Deal mit Facebook habe es Whatsapp erlaubt, die Infrastruk­tur des weltgrößte­n Onlinenetz­werks zu nutzen – zum Beispiel bei der Einführung der Sprachtele­fonie, die sonst viele eigene Ressourcen erfordert hätte, sagte Koum jetzt. Zugleich habe Whatsapp weitgehend die Unabhängig­keit bewahren können, betonte er. So laufe die Software-entwicklun­g weiterhin auf einer eigenen Plattform. Bei Verwaltung­s-funktionen wie Personal oder Dienste eines Justiziars greife Whatsapp dagegen auf Facebook-strukturen zurück.

Forderunge­n nach einer Möglichkei­t für Behörden, die Verschlüss­elung auszuhebel­n, erteilte Koum eine klare Absage. „Gerede über Hintertüre­n ist nicht besonders produktiv, weil wir keine Hintertüre­n in unsere Software einbauen werden“, hakte er das Thema ab. In dem Moment, wenn es einen solchen Zugang für Ermittler gebe, würde er auch von Onlinekrim­inellen entdeckt werden.

Im Dezember war Whatsapp für einen halben Tag in ganz Brasilien blockiert gewesen. Damit wollte ein Gericht das Unternehme­n zur Herausgabe von Daten in einem Kriminalfa­ll bewegen. Der Gerichtsho­f von São Paulo hielt das für unangemess­en und stoppte die Blockade, die eigentlich zwei Tage dauern sollte. (dpa)

 ??  ?? Jan Koum
Jan Koum

Newspapers in German

Newspapers from Germany