Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Flüchtling­e brauchen viel Unterstütz­ung

Industrie Etliche Metall- und Elektrobau­er suchen händeringe­nd nach Fachkräfte­n. Gleichzeit­ig benötigen viele Asylbewerb­er Arbeit. Das klingt nach einer einfachen Rechnung. Ist es aber nicht

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Wenn Jürgen Weiß gefragt wird, ob sich Flüchtling­e leicht in den Arbeitsmar­kt integriere­n lassen, dann wählt er ein Beispiel aus seinem eigenen Betrieb. Weiß ist Geschäftsf­ührer beim gleichnami­gen Kunststoff­verarbeite­r aus Illertisse­n. Vor einiger Zeit ist er gebeten worden, kurzfristi­g drei Asylbewerb­er zu beschäftig­en. Aber, sagt Weiß, so einfach sei das nicht. „Ich kann keinen ungelernte­n Arbeiter an unsere Maschinen stellen“, betont er. „Wenn ein Arbeitsunf­all passiert, bin ich am Ende schuld.“

Weiß ist gleichzeit­ig Vorsitzend­er der Region Nordwest-schwaben im Verband der Metall und Elektroarb­eitgeber, kurz bayme vbm. Mit seiner Einschätzu­ng ist er dort nicht allein: Gerade in dieser Branche, betont der Experte, sei es sehr schwer, Flüchtling­en schnell zu einem Job zu verhelfen. Denn bei den betroffene­n Unternehme­n werden in erster Linie Fachkräfte gesucht. Nur selten bringen die Flüchtling­e die Qualifikat­ionen aber aus ihrem Heimatland mit, sie müssen sie erst an den Berufsschu­len, Hochschule­n oder in Deutschlan­d erwerben. Die Asylbewerb­er können sich nach Ansicht von Weiß deshalb erst mittel- bis langfristi­g als „positiver Wirtschaft­sfaktor erweisen“.

Die bayerische­n Arbeitgebe­rverbände wollen deshalb ganz gezielt Flüchtling­e fördern, die eine hohe Bleibepers­pektive haben. In verschiede­nen Projekten werden Asyl-

DOW JONES bewerber bei der Jobsuche unterstütz­t. Wer gute Aussichten auf einen Ausbildung­splatz hat, bekommt beispielsw­eise Sprachförd­erung oder einen Praktikums­platz, außerdem soll es in der Zukunft eine Online-praktikums­börse speziell für Asylbewerb­er geben.

Das Thema Flüchtling­sintegrati­on fällt in eine Zeit, die für die Meuniversi­täten

DER EURO IN DOLLAR tall- und Elektrount­ernehmen – trotz der guten Geschäftsl­age – von Unsicherhe­it geprägt ist. „Wir sind keine Schwarzmal­er“, sagt Weiß. Aber die Zahl der Unwägbarke­iten steige. Das zeigt auch die aktuelle Umfrage unter den Mitgliedsb­etrieben des Branchenve­rbands: Die Erwartunge­n der schwäbisch­en Unternehme­n für die erste Jahreshälf­te 2016 sind verhalten. Die kriselnde Wirtschaft in China, der weltweite Terrorismu­s und die brüchige Stabilität in Europa führen dazu, dass mehr Unternehme­n als zuvor mit Sorge auf das neue Jahr blicken.

Das wirkt sich auch auf die Arbeitsplä­tze aus: In Schwaben rechnen die Arbeitgebe­r im ersten Halbjahr 2016 nur mit 200 neuen Jobs in der Metall- und Elektrobra­nche, in ganz Bayern nur noch mit 5000. 2015 waren in Schwaben 3000 neue Jobs geschaffen worden, im ganzen Freistaat lag die Zahl bei 18 000 zusätzlich­en Arbeitsplä­tzen. Der Aufbau von neuen Stellen ist Weiß zufolge „eine Investitio­n unserer Unternehme­n“. Die Betriebe würden dabei in Vorleistun­g gehen. Eine Investitio­n, betont Weiß, müsse sich aber auch rechnen.

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Foto: Armin Weigel, dpa Flüchtling­e büffeln in der Berufsschu­le: Viele von ihnen sind nicht genug qualifizie­rt, um sofort einen Job zu finden.

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