Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Flüchtlinge brauchen viel Unterstützung
Industrie Etliche Metall- und Elektrobauer suchen händeringend nach Fachkräften. Gleichzeitig benötigen viele Asylbewerber Arbeit. Das klingt nach einer einfachen Rechnung. Ist es aber nicht
Augsburg Wenn Jürgen Weiß gefragt wird, ob sich Flüchtlinge leicht in den Arbeitsmarkt integrieren lassen, dann wählt er ein Beispiel aus seinem eigenen Betrieb. Weiß ist Geschäftsführer beim gleichnamigen Kunststoffverarbeiter aus Illertissen. Vor einiger Zeit ist er gebeten worden, kurzfristig drei Asylbewerber zu beschäftigen. Aber, sagt Weiß, so einfach sei das nicht. „Ich kann keinen ungelernten Arbeiter an unsere Maschinen stellen“, betont er. „Wenn ein Arbeitsunfall passiert, bin ich am Ende schuld.“
Weiß ist gleichzeitig Vorsitzender der Region Nordwest-schwaben im Verband der Metall und Elektroarbeitgeber, kurz bayme vbm. Mit seiner Einschätzung ist er dort nicht allein: Gerade in dieser Branche, betont der Experte, sei es sehr schwer, Flüchtlingen schnell zu einem Job zu verhelfen. Denn bei den betroffenen Unternehmen werden in erster Linie Fachkräfte gesucht. Nur selten bringen die Flüchtlinge die Qualifikationen aber aus ihrem Heimatland mit, sie müssen sie erst an den Berufsschulen, Hochschulen oder in Deutschland erwerben. Die Asylbewerber können sich nach Ansicht von Weiß deshalb erst mittel- bis langfristig als „positiver Wirtschaftsfaktor erweisen“.
Die bayerischen Arbeitgeberverbände wollen deshalb ganz gezielt Flüchtlinge fördern, die eine hohe Bleibeperspektive haben. In verschiedenen Projekten werden Asyl-
DOW JONES bewerber bei der Jobsuche unterstützt. Wer gute Aussichten auf einen Ausbildungsplatz hat, bekommt beispielsweise Sprachförderung oder einen Praktikumsplatz, außerdem soll es in der Zukunft eine Online-praktikumsbörse speziell für Asylbewerber geben.
Das Thema Flüchtlingsintegration fällt in eine Zeit, die für die Meuniversitäten
DER EURO IN DOLLAR tall- und Elektrounternehmen – trotz der guten Geschäftslage – von Unsicherheit geprägt ist. „Wir sind keine Schwarzmaler“, sagt Weiß. Aber die Zahl der Unwägbarkeiten steige. Das zeigt auch die aktuelle Umfrage unter den Mitgliedsbetrieben des Branchenverbands: Die Erwartungen der schwäbischen Unternehmen für die erste Jahreshälfte 2016 sind verhalten. Die kriselnde Wirtschaft in China, der weltweite Terrorismus und die brüchige Stabilität in Europa führen dazu, dass mehr Unternehmen als zuvor mit Sorge auf das neue Jahr blicken.
Das wirkt sich auch auf die Arbeitsplätze aus: In Schwaben rechnen die Arbeitgeber im ersten Halbjahr 2016 nur mit 200 neuen Jobs in der Metall- und Elektrobranche, in ganz Bayern nur noch mit 5000. 2015 waren in Schwaben 3000 neue Jobs geschaffen worden, im ganzen Freistaat lag die Zahl bei 18 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Der Aufbau von neuen Stellen ist Weiß zufolge „eine Investition unserer Unternehmen“. Die Betriebe würden dabei in Vorleistung gehen. Eine Investition, betont Weiß, müsse sich aber auch rechnen.