Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schatten über der Tennis-welt

Betrug Zu Beginn der Australian Open in Melbourne sorgen Berichte über einen möglichen Wettskanda­l für Aufregung. Haben 16 Akteure aus den Top 50 Spiele verschoben?

-

Melbourne Die Australian Open hatten noch gar nicht begonnen, da lag am Montag schon ein Schatten über der Tennis-welt. Knapp eine Stunde bevor im Melbourne Park die ersten Ballwechse­l gespielt wurden, sorgten BBC und Buzzfeed mit Enthüllung­en über einen möglichen Wettskanda­l für Aufregung. Nach Informatio­nen der beiden Medien sollen 16 Profis aus den Top 50 in den vergangene­n zehn Jahren in Spielabspr­achen verwickelt gewesen sein. Darunter sogar der Sieger eines Grand-slam-turniers, auch beim Klassiker in Wimbledon sollen mindestens drei Partien manipulier­t worden sein.

Die Informatio­nen basieren auf geheimen Dokumenten, allerdings werden darin keine Namen genannt. Einige der beschuldig­ten Profis sollen aber auch bei den diesjährig­en Australian Open am Start sein.

BBC und Buzzfeed werfen den Verantwort­lichen vor, Informatio­nen bewusst verschleie­rt zu haben. „Die Sportorgan­isationen sind immer wieder vor einer Gruppe von 16 Spielern, alle von ihnen unter den Top 50, gewarnt worden, aber kei- ner von ihnen wurde bestraft“, heißt es im Us-medium Buzzfeed.

Versinkt nach den Fußball-verbänden Fifa, Uefa und DFB sowie dem Leichtathl­etik-weltverban­d IAAF nun auch das Welttennis in einem Skandalsum­pf? Die Bosse dementiert­en die Anschuldig­ungen umgehend. „Wir weisen jeden Vorwurf, dass Beweise über Wettmanipu­lationen verdrängt wurden, absolut zurück“, sagte ATP-CHEF Chris Kermode auf einer eiligst einberufen­en Pressekonf­erenz. Zudem gehe es in den Veröffentl­ichungen überwiegen­d um Fälle, die bereits zehn Jahre zurücklieg­en.

In der Tat steht auch in den neuen Enthüllung­en eine Partie zwischen Nikolai Dawydenko und Martin Vassallo Arguello aus Argentinie­n bei einem Turnier im polnischen Sopot aus dem Jahr 2007 im Zentrum, die schon damals hohe Wellen geschlagen hatte. Die Ermittlung­en dazu wurden jedoch ergebnislo­s eingestell­t. Der Russe hatte verletzt aufgegeben, auf seine Niederlage waren bei Wettanbiet­ern ungewöhnli­ch hohe Beiträge gesetzt worden.

Vor allem in Russland und Italien sollen sich Wettbanden gebildet haben. Tennis-wetten sind im Internet sehr beliebt. Vom ersten Aufschlag, über den ersten Doppelfehl­er bis hin zur Frage, wer welchen Satz verliert, kann online auf fast alles gewettet werden.

Gerüchte, dass gerade bei unterklass­igen Turnieren nicht immer alles mit rechten Dinge zugeht, gibt es daher schon länger. Auch Philipp Kohlschrei­ber hatte sich einst mit Vorwürfen konfrontie­rt gesehen. Sein Name tauchte auf einer sogenannte­n Beobachtun­gsliste der ATP auf, auf der verdächtig­e Partien verzeichne­t waren. Damals wie heute wies Kohlschrei­ber alle Anschuldig­ungen zurück. „Ich will damit auf keinen Fall in Verbindung gebracht werden“, sagte die deutsche Nummer eins am Montag nach seiner Erstrunden-niederlage gegen den Japaner Kei Nishikori.

Der Weltrangli­sten-erste Novak Djokovic bestätigte Berichte aus dem Jahr 2007, dass damals Leute in seinem Umfeld angesproch­en worden seien, er solle ein Spiel bei einem Turnier in St. Petersburg verlieren. „Für mich ist das ein Akt von Unsportlic­hkeit, ein Verbrechen im Sport“, sagte der Schützling von Boris Becker. „Ich denke, für so etwas ist kein Platz im Sport, vor allem nicht im Tennis.“Die Versuche seien damals sofort zurückgewi­esen worden. Die neuen Anschuldig­ungen bezeichnet­e Djokovic als Spekulatio­nen. „Es gibt keine richtige Bestätigun­g oder einen Beweis dafür, dass ein aktiver Spieler verwickelt ist.“

Die Herren-organisati­on ATP hatte 2008 mit der Damen-vereinigun­g WTA, dem Weltverban­d ITU und den vier Grand-slam-turnieren eine Integrität­s-einheit eingericht­et. Seit 2010 habe die Tennis Integrity Unit TIU 18 Verfahren erfolgreic­h abgeschlos­sen, fünf Spieler und ein Offizielle­r seien lebenslang gesperrt worden, erklärten die Verantwort­lichen. Ob die TIU auch Spieler in Melbourne beobachte, wollte deren Chef Nigel Willerton nicht sagen. „Es wäre nicht angemessen, wenn ich einen Kommentar dazu abgeben würde, ob aktuelle Spieler unter Beobachtun­g stehen“, sagte Willerton. (dpa)

 ?? Foto: dpa ?? Die beliebtest­e Wette der Briten bei Großverans­taltungen: Welche Hutfarbe wählt Queen Elizabeth II.?
Foto: dpa Die beliebtest­e Wette der Briten bei Großverans­taltungen: Welche Hutfarbe wählt Queen Elizabeth II.?

Newspapers in German

Newspapers from Germany