Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Hälfte aller Anrufer plagt Angst
Soziales Die Telefonseelsorge hat im vorigen Jahr 9200 Anrufe angenommen. Besonders häufig sprechen die Ratsuchenden über depressive Verstimmungen, Beziehungsprobleme und Gewalt. Hilfe gibt es nicht nur am Telefon
Augsburg Die Mitarbeiter der Telefonseelsorge waren auch im vergangenen Jahr wieder ein gefragter Ansprechpartner für Menschen, die sich in einer seelischen Notlage befinden. Über 11 400 Gespräche zählte die Augsburger Einrichtung, die Anrufe aus ihrem Einzugsgebiet von Nördlingen bis Oberstdorf, vom Allgäu bis zum Ammersee erhält. 9200 davon wertete die Telefonseelsorge als qualifizierte Gespräche, die Übrigen waren missbräuchliche Anrufe und Aufleger.
Der Großteil, fast die Hälfte aller eingehender Anrufe (45 Prozent), sprach psychische Probleme wie depressive Verstimmungen, Ängste, Verwirrtheitszustände und weitere seelische Nöte an. Armut, Arbeitslosigkeit aber auch Einsamkeit sind beispielsweise Gründe für psychische Probleme. Das zweithäufigste Thema, das am Apparat angesprochen wurde, waren Beziehungsprobleme (35 Prozent). 1940 Anrufer (23 Prozent) berichteten von der ärztlichen Diagnose einer psychischen Erkrankung.
Die großteils ehrenamtlichen Mitarbeiter, die für die Hilfesuchenden anonym, speziell geschult und rund um die Uhr erreichbar sind, sahen sich beinahe täglich mit dem Thema Suizid konfrontiert. So benannten 501 Anrufer Suizidalität als Thema, 347 davon hatten sich bereits darüber Gedanken gemacht, 47 Anrufer hatten bereits feste Absichten, wie aus der Jahrsbilanz hervorgeht.
Im Schnitt jeder dritte Anrufer berichtete der Telefonseelsorge, die unter dem Motto „Sorgen kann man teilen“arbeitet, von körperlicher oder seelischer Gewalt. Schulprobleme oder aktuelle Themen, wie etwa die Flüchtlingspolitik, waren nur bei unter einem Prozent der Anrufer ein Thema.
Wie in den vergangenen Jahren auch nahmen mehr Frauen (65 Prozent) als Männer den Dienst der Telefonseelsorge in Anspruch.
Am anderen Ende der Leitung kümmern sich vornehmlich ehrenamtliche Mitarbeiter um die Sorgen und Nöte der Anrufer aus der Region. Bei der Augsburger Telefonseelsorge sind es 70 Aktive, die den Rund-um-die-uhr-dienst unter sich aufteilen.
Die 61 Frauen und neun Männer haben im vergangenen Jahr über 1800 Schichten besetzt. Aber nicht nur am Telefon sind die Mitarbeiter für Ratsuchende erreichbar, sondern auch über Internet und E-mail: So waren zusätzlich sieben Ehrenamtliche in der Chatberatung und seit dem vergangenen August auch in der Mailberatung aktiv.
Die Telefonseelsorge in Augsburg konnte im vergangenen Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiern.die Personal- und Betriebskosten der Telefonseelsorge Augsburg werden von der Diözese Augsburg (75 Prozent) und vom Diakonischen Werk (25 Prozent) getragen.
Durch Zuschüsse der beiden Kirchen, der Stadt Augsburg, dem Bezirk Schwaben und den Kreisen Augsburg und Aichach-friedberg kann unter anderem die Aus- und Weiterbildung finanziert werden. Die Ehrenamtlichen verzichten zudem auf die Hälfte der Fahrtkostenerstattung.
Kontakt Die Augsburger Telefonseelsorge ist unter der Nummern 0800/1110111, 0800/1110222 oder – ohne Vorwahl – 116123 erreichbar.
Weitere Informationen über die Telefonseelsorge und die Mitarbeiter gibt es im Internet unter www.telefonseelsorge-augsburg.de