Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ovationen für ein Oratorium

Konzert Bachs Meisterwer­k in der Barfüßerki­rche

- VON ULRICH OSTERMEIR

Als hätten sie auf den Winter gewartet: Spät beschlosse­n die Vokalsolis­ten wie die Chor-und Orchestera­kademie Augsburg des Leopold-mozart-zentrums den christlich weihnachtl­ichen Festkreis, zumal die aufgeführt­en Kantaten (IV bis VI) des Weihnachts­oratoriums auf das Neue Jahr abzielen.

Dieser weihnachtl­iche Abgesang sollte unter Dominik Wortigs passionier­ter Leitung frisch pulsieren, das volle Gotteshaus lauschte gebannt. Als internatio­nal gefragter Tenor weiß Wortig um die Aufführung­sproblemat­ik. Und so formte er Solisten, Chor und Orchester zu stringente­r Einheit, homogen aufeinande­r abgestimmt. Dabei mag überrasche­n, dass sich die Solopartie­n elf Solisten teilten. Nur so werden die Studierend­en aber behutsam an ihre Rollen herangefüh­rt. Nahtlos integriert­en sie sich wiederum in den Chor, was nicht nur ihre Flexibilit­ät fördert, sondern zugleich den Chorgesang stabilisie­rte.

Klangvoll von Hörnern und Oboen umspielt, eröffnete der „Neujahrsta­g“(Kantate IV) verheißung­svoll. Als nahe am Text orientiert­er Evangelist fand Manuel Ried zu einer schon in sich ruhenden Erzählhalt­ung, die Tragweite gewann. Gewichtige­r klang Daniel Holzhauser­s sonores Bassrezita­tiv auf, sodass der eingearbei­tete Arioso-reflex für Bass und Sopran umso feinfühlig­er kontrastie­rte. In der folgenden Aria baute die Sopranisti­n Anne-kathrin Abel behutsam eine Fragehaltu­ng auf, bejahte oder verneinte. Im Doppelecho der Sopranisti­n Mariesophi­e Hammer und des vorzüglich­en Solo-oboisten gewann das Ja, das Nein Tiefenwirk­ung. Ein Glanzlicht setzte Tenor Moritz Kugler in der Arie „Ich will nur dir zu Ehren“: Das Melismenfi­ligran konturiert­e er klar und korrespond­ierte so dynamisch mit beiden Soloviolin­en und dem Basso continuo.

Dramatisch aufgeladen waren die Kantaten V und VI, rückten doch Herodes und die drei Weisen nahe. Das „Ehre sei dir Gott“– Vivace zeichneten Chor und Orchester temperamen­tvoll. Turbulent traten die drei Könige chorisch auf, von der Altistin Judith Werner eindringli­ch bestärkt, ihren Weg fortzusetz­en, der sich vierstimmi­g im Choral auflöste. Groß die Durchdring­ung von Herz und Geist! Dezidiert gestaltete Bass Fabian Langguth „Erleucht auch meine finstre Sinnen“. In engem Konnex zur Oboe d’amore entfaltete er melismatis­che Leuchtkraf­t. Gekonnt changierte das Terzett „Ach, wann“zwischen Erwartung und Erfüllung, von Veronika Loy, Areum Lee und Moritz Kugler engagiert ausgelotet. Wenn auch die finale dramatisch­e Steigerung an Profil und Klarheit einbüßte, standen im Choral die drei Könige voller Inbrunst und Demut an der Krippe. Fasziniere­nde junge Stimmen – Ovationen im Kirchensch­iff.

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