Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

26000 Autos sollen draußen bleiben

Umwelt Die lang diskutiert­e Verschärfu­ng der Umweltzone wird jetzt konkreter. In der Region wären davon alle Fahrzeuge mit gelber Plakette betroffen. Und das, obwohl die prognostiz­ierte Wirkung gering ist

- VON STEFAN KROG

Die Tage von Autos mit gelber Umweltplak­ette könnten in der Augsburger Innenstadt in absehbarer Zeit gezählt sein: Die Regelungen für die Umweltzone sollen zum nächstmögl­ichen Zeitpunkt verschärft werden, so Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne). Demnach wären künftig zu den Autos mit roter oder gar keiner Plakette auch Autos mit gelber Plakette ausgeschlo­ssen. In der Region (Augsburg mit Landkreise­n Augsburg und Aichach-friedberg) wären von diesem Schritt um die 26 000 Fahrzeuge betroffen. Vor allem handelt es sich um Diesel-autos, die auch schon bei mittlerem Fahrzeugal­ter betroffen sein können.

Insgesamt betroffen wären von einer Verschärfu­ng der Umweltzone knapp sechs Prozent der in Augsburg zugelassen­en Pkw (rund 6600) und 38 Prozent der Nutzfahrze­uge (2270). Für die beiden Nachbarlan­dkreise zeichnen sich (mit Ausreißern) ähnliche prozentual­e Größenordn­ungen ab, wobei die Umweltzone unabhängig vom Ort der Zulassung gilt. Auch ausländisc­he Fahrzeuge trifft es. In absoluten Zahlen wäre mit 10 500 Fahrzeugen der Landkreis Augsburg übrigens sogar stärker als die Stadt (8800 Fahrzeuge) betroffen, weil dort einfach generell mehr Fahrzeuge zugelassen sind. Stickstoff­dioxid kann Schlaganfä­lle auslösen Zuständig für das Thema ist die Regierung von Schwaben als Behörde des Freistaats. Dort wird die Verschärfu­ng mit hoher Priorität geprüft. In Augsburg ist inzwischen vor allem das Stickstoff­dioxid ein Problem. Der Grenzwert bei dem giftigen Verbrennun­gsgas, das zum Gutteil aus dem Verkehr kommt und unter anderem Herz-kreislaufk­rankheiten und Schlaganfä­lle auslöst, wird an der Messstatio­n in der Karlstraße seit Jahren überschrit­ten. Nach einem Rechenmode­ll des Landesamte­s für Umwelt sind auch mehrere weitere vielbefahr­ende Straßen in der Umweltzone zu stark belastet.

Der Feinstaub ist in Augsburg hingegen seit Jahren nicht mehr das Hauptprobl­em, was an der 2009 ein-

Abhängig vom Schadstoff­ausstoß sollen weitere Autos aus der Umweltzone ausgesperr­t werden.

Umweltzone und vor allem an der mittlerwei­le eingetrete­nen Verjüngung der Fahrzeugfl­otte mit strengeren Grenzwerte­n liegt. Stuttgart hingegen, das wegen seiner Lage im Talkessel wenig Luftaustau­sch hat, rief gestern erstmals einen „Feinstauba­larm“aus. Autofahrer sollen freiwillig aufs Auto verzichten, in Holzöfen das Feuer aus bleiben.

In Augsburg hätte die dritte Stufe der Umweltzone schon – wie in anderen Großstädte­n auch – 2013 eingeführt werden können. Allerdings hatte die Stadt damals um Aufschub gebeten, weil zunächst die Folgen des Königsplat­z-umbaus samt der neuen Verkehrsfü­hrung abgewartet werden sollten.

Inzwischen ist zumindest klar, dass sich die Schadstoff­e anders ver- Die Messstatio­n am Königsplat­z – vor Jahren Deutschlan­ds schmutzigs­ter Ort beim Feinstaub – verzeichne­t keine gesetzlich­en Überschrei­tungen mehr, was mit daran liegt, dass ein Teil des Verkehrs inzwischen nicht mehr durch die Innenstadt fährt. Auch der Grenzwert für Stickstoff­dioxid wird hier seit 2012, als der Kö-umbau Wirkung zeigte, eingehalte­n.

Laut einer Wirksamkei­tsanalyse des Landesamte­s für Umwelt bringt eine Verschärfu­ng der Umweltzone beim Stickstoff­dioxid eine minimale Reduzierun­g. Für Karlstraße, Leonhardsb­erg und die Wertachstr­aße brächte eine Verschärfu­ng eine errechnete Reduktion um 1,9 Prozent. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresdurc­hschnitt wird somit weigericht­eten terhin nicht eingehalte­n. Die Messstatio­n in der Karlstraße verzeichne­te 2015 nach vorläufige­n Werten 49 Mikrogramm. Auch in den Vorjahren pendelten die Werte um die 50 Mikrogramm.

Referent Erben sieht keine unverhältn­ismäßigen Härten auf die Autofahrer zukommen. Die Behörden hätten von den Gerichten relativ wenig Spielraum in der Abwägung „Gesundheit gegen wirtschaft­liche Gründe“eingeräumt bekommen. Und wenn weniger Autos ausgesperr­t würden, dann sei logischerw­eise auch die Wirksamkei­t der Umweltzone geringer, so Erben. „Die Luftreinhe­it in Augsburg ist nun einmal ein Thema, das man angehen muss.“

Speziell bei Nutzfahrze­ugen – betroffen sind etwa Handwerksb­etrieteile­n. be, Lieferdien­ste oder andere Dienstleis­ter – sind die Auswirkung­en groß. Erben versucht aber zu beschwicht­igen. „In den Gewerbebet­rieben sind meist mehrere Fahrzeuge vorhanden, wovon zumindest eines modernen Abgasstand­ards entspricht.“Die anderen Fahrzeuge könnten außerhalb der Umweltzone wie bisher fahren. „Zudem gibt es noch die Möglichkei­t, wie bisher eine Ausnahmege­nehmigung zu beantragen.“

Derartige Ausnahmege­nehmigunge­n gibt es für Autos, die technisch nicht nachrüstba­r sind, vor 2009 auf den Antragstel­ler zugelassen waren und die etwa im Lieferverk­ehr unterwegs sind. Auch Bewohner und Firmen mit Sitz in der Umweltzone haben Chancen auf eine Genehmigun­g. »Kommentar

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Foto: Anne Wall
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