Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
26000 Autos sollen draußen bleiben
Umwelt Die lang diskutierte Verschärfung der Umweltzone wird jetzt konkreter. In der Region wären davon alle Fahrzeuge mit gelber Plakette betroffen. Und das, obwohl die prognostizierte Wirkung gering ist
Die Tage von Autos mit gelber Umweltplakette könnten in der Augsburger Innenstadt in absehbarer Zeit gezählt sein: Die Regelungen für die Umweltzone sollen zum nächstmöglichen Zeitpunkt verschärft werden, so Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Demnach wären künftig zu den Autos mit roter oder gar keiner Plakette auch Autos mit gelber Plakette ausgeschlossen. In der Region (Augsburg mit Landkreisen Augsburg und Aichach-friedberg) wären von diesem Schritt um die 26 000 Fahrzeuge betroffen. Vor allem handelt es sich um Diesel-autos, die auch schon bei mittlerem Fahrzeugalter betroffen sein können.
Insgesamt betroffen wären von einer Verschärfung der Umweltzone knapp sechs Prozent der in Augsburg zugelassenen Pkw (rund 6600) und 38 Prozent der Nutzfahrzeuge (2270). Für die beiden Nachbarlandkreise zeichnen sich (mit Ausreißern) ähnliche prozentuale Größenordnungen ab, wobei die Umweltzone unabhängig vom Ort der Zulassung gilt. Auch ausländische Fahrzeuge trifft es. In absoluten Zahlen wäre mit 10 500 Fahrzeugen der Landkreis Augsburg übrigens sogar stärker als die Stadt (8800 Fahrzeuge) betroffen, weil dort einfach generell mehr Fahrzeuge zugelassen sind. Stickstoffdioxid kann Schlaganfälle auslösen Zuständig für das Thema ist die Regierung von Schwaben als Behörde des Freistaats. Dort wird die Verschärfung mit hoher Priorität geprüft. In Augsburg ist inzwischen vor allem das Stickstoffdioxid ein Problem. Der Grenzwert bei dem giftigen Verbrennungsgas, das zum Gutteil aus dem Verkehr kommt und unter anderem Herz-kreislaufkrankheiten und Schlaganfälle auslöst, wird an der Messstation in der Karlstraße seit Jahren überschritten. Nach einem Rechenmodell des Landesamtes für Umwelt sind auch mehrere weitere vielbefahrende Straßen in der Umweltzone zu stark belastet.
Der Feinstaub ist in Augsburg hingegen seit Jahren nicht mehr das Hauptproblem, was an der 2009 ein-
Abhängig vom Schadstoffausstoß sollen weitere Autos aus der Umweltzone ausgesperrt werden.
Umweltzone und vor allem an der mittlerweile eingetretenen Verjüngung der Fahrzeugflotte mit strengeren Grenzwerten liegt. Stuttgart hingegen, das wegen seiner Lage im Talkessel wenig Luftaustausch hat, rief gestern erstmals einen „Feinstaubalarm“aus. Autofahrer sollen freiwillig aufs Auto verzichten, in Holzöfen das Feuer aus bleiben.
In Augsburg hätte die dritte Stufe der Umweltzone schon – wie in anderen Großstädten auch – 2013 eingeführt werden können. Allerdings hatte die Stadt damals um Aufschub gebeten, weil zunächst die Folgen des Königsplatz-umbaus samt der neuen Verkehrsführung abgewartet werden sollten.
Inzwischen ist zumindest klar, dass sich die Schadstoffe anders ver- Die Messstation am Königsplatz – vor Jahren Deutschlands schmutzigster Ort beim Feinstaub – verzeichnet keine gesetzlichen Überschreitungen mehr, was mit daran liegt, dass ein Teil des Verkehrs inzwischen nicht mehr durch die Innenstadt fährt. Auch der Grenzwert für Stickstoffdioxid wird hier seit 2012, als der Kö-umbau Wirkung zeigte, eingehalten.
Laut einer Wirksamkeitsanalyse des Landesamtes für Umwelt bringt eine Verschärfung der Umweltzone beim Stickstoffdioxid eine minimale Reduzierung. Für Karlstraße, Leonhardsberg und die Wertachstraße brächte eine Verschärfung eine errechnete Reduktion um 1,9 Prozent. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresdurchschnitt wird somit weigerichteten terhin nicht eingehalten. Die Messstation in der Karlstraße verzeichnete 2015 nach vorläufigen Werten 49 Mikrogramm. Auch in den Vorjahren pendelten die Werte um die 50 Mikrogramm.
Referent Erben sieht keine unverhältnismäßigen Härten auf die Autofahrer zukommen. Die Behörden hätten von den Gerichten relativ wenig Spielraum in der Abwägung „Gesundheit gegen wirtschaftliche Gründe“eingeräumt bekommen. Und wenn weniger Autos ausgesperrt würden, dann sei logischerweise auch die Wirksamkeit der Umweltzone geringer, so Erben. „Die Luftreinheit in Augsburg ist nun einmal ein Thema, das man angehen muss.“
Speziell bei Nutzfahrzeugen – betroffen sind etwa Handwerksbetrieteilen. be, Lieferdienste oder andere Dienstleister – sind die Auswirkungen groß. Erben versucht aber zu beschwichtigen. „In den Gewerbebetrieben sind meist mehrere Fahrzeuge vorhanden, wovon zumindest eines modernen Abgasstandards entspricht.“Die anderen Fahrzeuge könnten außerhalb der Umweltzone wie bisher fahren. „Zudem gibt es noch die Möglichkeit, wie bisher eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen.“
Derartige Ausnahmegenehmigungen gibt es für Autos, die technisch nicht nachrüstbar sind, vor 2009 auf den Antragsteller zugelassen waren und die etwa im Lieferverkehr unterwegs sind. Auch Bewohner und Firmen mit Sitz in der Umweltzone haben Chancen auf eine Genehmigung. »Kommentar