Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die neue eiserne Lady
Europa Wie Polens umstrittene Regierungschefin im Eu-parlament die Kritik an sich abperlen lässt
Straßburg Es ist die Stunde der Bekenntnisse. „Mir liegt viel daran, dass Sie nach der heutigen Debatte überzeugt sind, dass Polen zu Europa gehört“, sagt Beata Szydlo. Es ist ein einmaliger Vorgang, der sich an diesem Dienstag im Europaparlament abspielt. Die Regierungschefin eines großen Mitgliedstaats ist gekommen, um Bedenken gegen die Rechtsstaatlichkeit ihres Landes zu zerstreuen. „Wir haben Stimmen aus Europa gehört, die uns mit Schmerz erfüllt haben“, betont sie. Und Parlamentspräsident Martin Schulz, der mit seinen Worten von der „Putinisierung Polens“einer der scharfen Kritiker war, hört zu. Die Ungeheuerlichkeit dieser Zeremonie wird wohl nur dem deutlich, der sich für einen Moment vorstellt, die deutsche Kanzlerin würde sich in Straßburg für ein deutsches Gesetz verteidigen müssen.
Doch Beata Szydlo lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie begründet die Änderungen in der Arbeitsweise des Verfassungsgerichtshofes. „Die Verfassung ist uns heilig. In den vergangenen Jahren ist es zu keiner Verletzung der Verfassung gekommen“, sagt sie. Und sie korrigiert die Vorhaltung, man schränke die Meinungsfreiheit durch eine Umorganisation des öffentlich-rechtlichen Medienwesens ein. „Wir wollen, dass die Medien wieder unpolitisch und objektiv berichten können – und übrigens auch finanziell überleben können“, betont sie – ruhig, sachlich, fast langwierig. „Wir setzen unser Wahlprogramm, für das wir eine Mehrheit bekommen haben, um – nicht mehr“, sagt Szydlo.
Tatsächlich scheint zu diesem Zeitpunkt aber schon die Luft aus der mit Spannung erwarteten Debatte raus zu sein. Knapp eine Stunde, bevor Szydlo sich den Abgeordneten stellt, trifft ein neuer Brief der polnischen Regierung bei der EU ein. Ob er Zusagen für Korrekturen der umstrittenen Gesetze oder nur neue Erklärungsversuche enthält, ist noch offen. Frans Timmermans, Vizepräsident der Eu-kommission, gibt zu: „Wir müssen ihn erst noch prüfen.“