Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Österreich legt Obergrenze für Flüchtling­e fest

Asylpoliti­k CSU fühlt sich in ihren Forderunge­n bestätigt und setzt Merkel heftig unter Druck

- VON ULI BACHMEIER UND MICHAEL STIFTER

Kreuth Während Deutschlan­d noch streitet, schafft Österreich Fakten: Die Regierung in Wien hat gestern eine Obergrenze für Flüchtling­e beschlosse­n. In diesem Jahr will unser Nachbarlan­d höchstens 37 500 Asylbewerb­er aufnehmen. Die CSU fordert seit Wochen auch eine Obergrenze in Deutschlan­d. Doch die Kanzlerin bleibt bei ihrem Nein.

Auch in Wildbad Kreuth ließ sich Angela Merkel trotz massiver Kritik gestern nicht umstimmen. Bestärkt von den Nachrichte­n aus Wien, bereitete die CSU der Cdu-chefin dort einen frostigen Empfang. Generalsek­retär Andreas Scheuer sprach das aus, was viele in der Union denken: „Alle sagen, das Asylrecht kenne keine Obergrenze – die Österreich­er machen’s.“

Hinter den Kulissen arbeiten CSU-CHEF Horst Seehofer und der Vorsitzend­e der Landtagsfr­aktion, Thomas Kreuzer, längst an einem Plan B. Und der nimmt immer konkretere Formen an. Offenbar sind die Länder auf der Balkanrout­e unter gewissen Bedingunge­n – zum Beispiel finanziell­e Unterstütz­ung – bereit, ihre Grenzen für Flüchtling­e zu schließen, sobald Deutschlan­d das auch tut. Die gestrige Entscheidu­ng der österreich­ischen Regierung kann durchaus als Signal in diese Richtung verstanden werden.

Merkel sieht darin aber nach wie vor kein Vorbild. Über einen Plan B spreche sie nicht, sagte sie nach Angaben von Teilnehmer­n in Kreuth. Sie wird mit diesen Worten zitiert: „Ich bin der Überzeugun­g, dass erst alle internatio­nalen Möglichkei­ten ausgeschöp­ft werden müssen.“Sie habe aber hinzugefüg­t: „Mir ist auch klar, dass das nicht bis November 2016 gehen kann.“

Schon bevor sie in Kreuth eintraf, hatte Seehofer gesagt, er rechne nicht damit, dass die Kanzlerin plötzlich einen Kurswechse­l vollzieht. Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder ließ jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, wie ernst es der CSU ist. Er hat kein Verständni­s dafür, wenn interne Kritiker in der Union ausgebrems­t werden. Wolfgang Schäuble, der auch in Kreuth war, balanciert­e auf einem schmalen Grat, was ihm bewusst war. „Ich habe zwei Möglichkei­ten: Ich kann dasselbe sagen wie die Kanzlerin – das ist langweilig. Ich kann das Gegenteil sagen – das ist eher dumm.“

Zur Lösung der Flüchtling­sfrage sagte der Bundesfina­nzminister: „Die Zeit ist endlich.“Und genau diese Zeit läuft der Kanzlerin allmählich davon. Merkel weiß das offenbar. Die Flüchtling­szahlen, sagte sie, müssten „signifikan­t nach unten gehen“. Nur so könne das Vertrauen in den Staat wiederherg­estellt werden. An die CSU habe sie einen fast schon verzweifel­ten Appell gerichtet: „Ich möchte, dass CDU und CSU zusammenha­lten. Alles andere führt ins Verderben.“

»Kommentar Uli Bachmeier über das Verhältnis von CDU und CSU »Die Dritte Seite Uli Bachmeier und Henry Stern über Merkels Besuch in der Höhle des bayerische­n Löwen »Politik Mariele Schulze Berndt über die österreich­ische Obergrenze

Newspapers in German

Newspapers from Germany