Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wien verlagert das Problem
Eines kann Österreich mit Fug und Recht behaupten: Es schafft Ordnung beim Grenzübertritt. Dank eines neuen Managements am Übergang Spielfeld zwischen Slowenien und der Alpenrepublik wird kaum noch ein Flüchtling unregistriert durchschlüpfen. Passieren darf nur, wer in Deutschland oder Österreich Asyl sucht. Alle anderen werden abgewiesen.
Doch die Zahl der Flüchtlinge wird dadurch kaum sinken. Die Obergrenze, die gestern verkündet wurde, steht nur auf dem Papier. Schon in wenigen Wochen wird die Richtzahl von 37 500 Asylbewerbern für 2016 erreicht sein. Und dann? Lassen die Österreicher dann nur noch Flüchtlinge durch, die nach Deutschland wollen – eventuell gemäß einer deutschen Richtzahl? Wenn das die Gerichte mitmachen ...
Das Wiener Projekt Obergrenze soll wohl auch dazu beitragen, die Balkanroute zu verstopfen und den Druck auf Athen zu erhöhen. Erste Wirkungen sind erkennbar. Gestern schloss Mazedonien seine Grenze zu Griechenland – angeblich wegen einer Eisenbahnpanne in Slowenien. So könnte nach und nach ein Rückstau entstehen. Denn nur in Griechenland, da sind sich die Anrainer der Balkanroute einig, kann das Problem gelöst werden – an der Eu-außengrenze. schärft und diese so abgeschreckt werden. Der Nachzug von Familienangehörigen wird eingeschränkt und Asyl auf Zeit eingeführt. Wenig aussichtsreiche Verfahren sollen beschleunigt durchgeführt werden. Allerdings besteht in Österreich ohnehin ein Stau von 60000 unbearbeiteten Asylanträgen.
Flüchtlinge bekommen in Zukunft eher Sachleistungen als Geld für ihren Lebensunterhalt. Außerdem sollen diese verringert werden, wenn die Asylbewerber ihre „Integrationsleistungen“– Teilnahme an Deutschkursen, gesellschaftliche Integration, die Einhaltung hiesiger Werte und Aneignung arbeitsmarktrelevanter Fähigkeiten – nicht erbringen. Wie das möglich ist, ohne gegen den verfassungsmäßigen Gleichheitsgrundsatz bei der Mindestsicherung zu verstoßen, dazu sollen bis Februar zwei Gutachten erarbeitet werden. Das „Soziale Jahr“soll um ein Integrationsjahr für Flüchtlinge erweitert werden.
Um die Gemeinden und die Grenzsicherung zu unterstützen, sollen zudem 750 zusätzliche Polizeibeamte neu eingestellt werden. Die mit der Heeresreform verbundene Verkleinerung des österreichischen Bundesheeres wird überprüft.