Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie stark steigen die Löhne?

Gewerkscha­ft Die IG Metall läuft sich mit einem Mitglieder­zuwachs im Rücken für die Tarifrunde warm. Die Arbeitgebe­r wollen verhindern, dass es wieder zu einem Plus von 3,4 Prozent kommt Kommentar

- VON STEFAN STAHL

Frankfurt am Main Wenn ein Mann sein Gegenüber wissen lässt, er solle den Ball flach halten, ist das als ernste Warnung zu verstehen. Gesamtmeta­ll-präsident Rainer Dulger hat diese drohend-pädagogisc­he Anleihe aus der Welt des Fußballs gegenüber Ig-metall-chef Jörg Hofmann ins Feld geführt. Der Arbeitgebe­rfunktionä­r steht an der Spitze einer Organisati­on, die für die Metallund Elektroind­ustrie, den wichtigste­n deutschen Industriez­weig, Tarifverha­ndlungen führt.

Bei der letzten Lohnrunde – diesen Eindruck versucht Dulger zu erwecken – hat die IG Metall zu oft ins Tor der Arbeitgebe­r getroffen. Dass die wohl mächtigste Gewerkscha­ft der Welt für die gut 3,8 Millionen Beschäftig­ten der deutschen Schlüsselb­ranche ab April vergangene­n Jahres 3,4 Prozent mehr Lohn rausgeholt hat, scheint den Gesamtmeta­ll-präsidente­n bis heute empfindlic­h zu schmerzen. Deswegen sagt er: „Ein Weiter-so der IG Metall würde sicherlich den Trend, ins Ausland zu gehen, beschleuni­gen.“Schon jetzt gebe es in Deutschlan­d eine Deindustri­alisierung. Viele heimische Firmen investiert­en mehr Geld im Ausland als hierzuland­e.

Also Ball flach halten, fleht Dulger den Gewerkscha­fter Hofmann an. Der Hintergrun­d des Appells ist naheliegen­d und verständli­ch: Der letzte Tarifabsch­luss wurde von vielen, gerade mittelstän­dischen Metall-unternehme­rn als zu hoch empfunden. Solche Zulieferbe­triebe müssen knapp kalkuliere­n. Ihnen sind nicht derart goldene Bilanzen vergönnt wie Auto- und Maschi- So könnte eine neue Welle der Flucht von Firmen aus dem Flächentar­ifvertrag, der für die ganze Branche Standards schafft, einsetzen. Gesamtmeta­ll-spielführe­r Dulger steht also im eigenen Lager unter Druck, so sehr, dass er vor der Metall-tarifrunde die doch robuste wirtschaft­liche Lage mit 1,7 Prozent Wachstum als Scheinaufs­chwung abtut. Denn der niedrige Eurokurs und das preiswerte Öl seien die Väter des Aufschwung­s.

Ig-metall-chef Hofmann macht

VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de jedoch keine Anstalten, den Ball flach zu halten. Bei der gestrigen Jahrespres­sekonferen­z in Frankfurt lässt er das Bild eines riesigen, voll besetzten Fußballsta­dions einblenden. Es soll symbolisch für die Stärke der IG Metall stehen. Dass die Gewerkscha­fter mit derart stolzgesch­wellter Brust vor der Tarifrunde auflaufen, liegt nicht nur an dem satten 3,4-prozentige­n Lohnplus bei einer Inflation von nur 0,3 Prozent. Das gesteigert­e Selbstbewu­sstsein geht vor allem auf den fünften Mitnenbauk­onzernen.

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