Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Härtere Zeiten für die Industrie
Dass es in Deutschland großen Teilen der Bevölkerung gut geht, ist im hohen Maße der Metallund Elektroindustrie zu verdanken. Denn hinter dem größten deutschen Industriezweig verbergen sich all die erfolgreichen Maschinenund Autobauer. Diese Unternehmen haben enorm von der Globalisierung profitiert und weltweit lange glänzende Geschäfte gemacht.
Die märchenhafte Entwicklung, die Deutschland einen Wohlstand beschert hat, von dem Wirtschaftswunder-vater Ludwig Erhard nicht zu träumen gewagt hätte, geht jedoch nicht ewig so weiter. Das ist die bittere Erkenntnis der vergangenen Monate. Denn wichtige Absatzmärkte der deutschen Gewinnmaschinen befinden sich in der Krise. Rezessionen in Russland und Brasilien machen gerade heimischen Fahrzeugbauern zu schaffen. Zudem gehen von China regelmäßig Schockwellen aus. Die Börsen beben dort, weil immer klarer wird, dass die fetten Wachstumsjahre vorbei sind und die Regierung aktuelle Konjunkturdaten wohl auch noch schönt. Im Umkehrschluss heißt das: Die Beschäftigten der Metallindustrie werden das irgendwann schmerzlich im eigenen Geldbeutel zu spüren bekommen. Noch nicht 2016, dafür läuft die Konjunktur wegen des starken Konsums zu rund. Aber im Wahljahr 2017 könnte die Situation anders aussehen, wenn die Weltwirtschaft nicht überraschend an Fahrt gewinnt. Dann wird auch die IG Metall nach glänzenden Jahren für Gewerkschaft und Mitglieder kleinere Semmeln backen müssen. Deswegen dreht die IG Metall 2016 sicher noch einmal kräftig auf. Harte Zeiten für Arbeitgeber also. gliederzuwachs in Folge zurück, eine erstaunliche Entwicklung, um die Parteien und Kirchen die IG Metall beneiden werden. Zuletzt zählte die Gewerkschaft rund 2,27 Millionen Mitglieder, ein Zuwachs von 0,2 Prozent. Die Organisation wächst vor allem bei Frauen, jungen Menschen, Studenten und sogar Ingenieuren, also jenseits der klassischen Facharbeiterklientel.
Hofmann will sich auch deshalb von Dulger nicht zu einem Kurs der neuen Bescheidenheit bekehren lassen, auch wenn Experten glauben, dass es schwer wird, wieder 3,4 Prozent zu erspielen. Doch der aus Baden-württemberg stammende Igmetall-chef sagt trotzig: „Ich bin zwar persönlich bescheiden, jedoch nicht als Tarifpolitiker.“Ab 28. Januar wird die Lage klarer Und so interpretiert Hofmann die stabile konjunkturelle Entwicklung, weil sie vor allem vom Konsum getragen wird, auch als Erfolg der Lohn-politik der IG Metall. Seine Rechnung ist einfach: Wenn die Beschäftigten mehr Geld in der Tasche haben, sind sie spendabler und kurbeln die Wirtschaft an. Wie viel zusätzliches Gehalt die IG Metall verlangt, wird ab 28. Januar klarer, wenn die regionalen Tarifkommissionen ihre Forderungsempfehlungen abgeben. Insider munkeln, die Gewerkschaft werde sich in diesem Jahr ihres 125-jährigen Bestehens nicht lumpen lassen. Für die Beschäftigten der Holz- und Kunststoffindustrie verlangt die IG Metall schon fünf Prozent mehr Geld. Darunter kann es Hofmann in der Metallbranche kaum machen.