Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mann stößt fremde Frau auf U-bahn-gleise
Verkehr 20-Jährige stirbt an ihren Verletzungen. Sie ist ein Zufallsopfer. Den Täter kennt die Polizei schon lange
Berlin Ein polizeibekannter Mann aus Hamburg hat in Berlin eine 20-Jährige vor eine herannahende U-bahn gestoßen. Der Zug überrollte die junge Frau am späten Dienstagabend, sie starb an ihren schweren Verletzungen. Offenbar war sie ein Zufallsopfer.
Der in Hamburg geborene und aufgewachsene Verdächtige hielt sich etwa zwei Stunden in Berlin auf, als es zu dem Vorfall kam, erklärte die Staatsanwaltschaft. Er habe vergeblich versucht, in einer Obdachlosenunterkunft aufgenommen zu werden. Auf dem Weg in eine andere Unterkunft kreuzten sich sein Weg und der des Opfers. Die Haltestelle am Ernst-reuterplatz, einem Verkehrsknotenpunkt nahe dem Kurfürstendamm in Berlin-charlottenburg, war auch zum Tatzeitpunkt gegen 23.40 Uhr noch belebt, sagte die Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe, Petra Reetz. Zeugen konnten den Verdächtigen festhalten und der Polizei übergeben.
Insgesamt, so betont Reetz, seien Stöße und Stürze ins Gleisbett „extrem selten“. Wenn jemand geschubst oder gestoßen wird, dann meist bei Überfällen und Schlägereien, wie Polizeiberichte zeigen. Noch bevor die Staatsanwaltschaft Stellung bezog, nutzten Rechtspopulisten das zu diesem Zeitpunkt unbestätigte Gerücht über die iranische Staatsbürgerschaft des mutmaßlichen Täters zur Hetze gegen Ausländer im Netz. Dabei ist der Mann Ermittlern zufolge in Hamburg geboren und aufgewachsen. Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Staatsbürgerschaft und der Tat gibt es nicht. Der Polizei ist der 28-Jährige bekannt: Vor etwa 15 Jahren beging er laut Staatsanwaltschaft eine „erhebliche Gewalttat“. Es folgten weitere kleinere Delikte. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) rügte die Justizbehörden in Hamburg: „Es muss die Frage gestellt werden, warum dieser Mann mit seiner Vorgeschichte nicht frühzeitiger gestoppt wurde.“
Für die Ermittler steht nun die Frage im Raum, ob der Mann voll schuldfähig ist. Das könne davon abhängen, ob er unter einer Persönlichkeitsstörung leide oder von Suchtmitteln abhängig sei, erklärt die Berliner Psychologin Isabella Heuser. „Auch ein psychisch Kranker kann voll schuldfähig sein, wenn er zum Beispiel aus Frust gehandelt hat.“Über das 20-jährige Opfer ist so gut wie nichts bekannt. (dpa)