Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hitz liegt im Trend

Der Schweizer Nationalsp­ieler erlebt mit dem FC Augsburg während dieser Saison Höhen und Tiefen. Warum für den Torhüter Niederlage­n von Bedeutung sind

- VON JOHANNES GRAF

Marwin Hitz, 28, kann sich genau erinnern. Anfang November. 1:2-Heimpleite gegen Werder Bremen. Der Torhüter des FC Augsburg spricht vom Tiefpunkt für sich und seine Mannschaft. Vom absoluten Tiefpunkt. „Jeder dachte: Schlechter kann es nicht mehr werden“, erzählt Hitz. Ein ungutes Gefühl hatte sich verbreitet. Sechs Punkte nach zwölf Begegnunge­n, ein Abstiegspl­atz – das drückte die Stimmung. Kein Selbstvert­rauen. Keine Leichtigke­it. Die Abwärtsspi­rale drehte sich rasant, Trainer und Spieler grübelten. Hitz beschreibt sein Innenleben: „Man fängt an, gewisse Dinge zu überdenken. Wenn man verliert, überlegt man mehr.“

So schnell wie es abwärts ging, ging es aufwärts. Plötzlich eilte der FCA von Erfolg zu Erfolg, drang in die K.o.-phase der Europa League vor, hievte sich ins Mittelfeld der Bundesliga. Hitz kennt dieses Auf und Ab, beim FC Augsburg ist er Höhen und Tiefen gewohnt. Im schnellleb­igen Fußball-geschäft hat der Stammtorwa­rt gelernt, Erfolg und Misserfolg einzuordne­n. Im Gespräch wirkt der Schweizer ruhig und besonnen, seine Worte wirken überlegt. Diese Ausgewogen­heit verkörpert er auf dem Platz. „Ich freue mich nicht übermäßig über ein eigenes Tor, verliere aber auch nicht die Kontrolle, wenn wir ein Gegentor bekommen.“

Kontrolle. Für Hitz ein wichtiger Faktor. Den Ausgang eines Spiels will er nicht vom Zufall abhängig machen, etwa von falschen Schiedsric­hterentsch­eidungen oder Pfostentre­ffern. „Wenn man so schlecht startet wie wir, ist das nicht nur Pech. Es ist genauso wenig nur Glück, wenn man Punkte holt.“

Negative und positive Trends wiederhole­n sich während einer Profikarri­ere, mal schlagen sie nach oben, mal nach unten aus. Entscheide­nd sei, wie man damit umgehe, meint Hitz. Man müsse sowohl nach guten als auch nach schlechten Spielen Dinge hinterfrag­en. Hitz betont: „Die größten Fehler macht man im Erfolg. Diese Situation ist nicht ungefährli­ch. Man verliert die tägliche Arbeit aus den Augen.“Siege und lösen Prozesse aus, Mechanisme­n greifen. Hitz vergleicht das Binnenklim­a einer Fußballman­nschaft mit dem Alltag anderer Berufsfeld­er. „In einer Firma ist es angenehmer zusammenzu­arbeiten, wenn es gut läuft“, sagt er. Um sogleich hervorzuhe­ben, wie bedeutend Misserfolg für die Entwicklun­g jedes einzelnen Spielers und eines Teams sei. Diese Erfahrunge­n bringen einen Reifeproze­ss in Gang. „Für eine Mannschaft ist es ganz wichtig, mal zu sehen, wie sie reagiert, wenn es schlecht läuft“, erklärt Hitz.

Beispielha­ft dafür steht der FC Augsburg. Der Druck auf Spieler, Trainer und Verantwort­liche erhöhte sich nach jeder weiteren Niederlage. Intern bemühte sich der Verein, gewohnt unaufgereg­t die Krise zu bewältigen. Hitz durfte sich bestätigt fühlen, Negativerl­ebnisse stärkten den Teamgeist. Als Einheit bewältigte die Mannschaft die Niederlage­nserie und punktete nach dem erlösenden 4:0 in Stuttgart regelmäßig. „Wir hätten diese Serie nicht hingelegt, wenn wir uns zerfleisch­t hätten oder nur schlecht gelaunt gewesen wären“, betont Hitz.

Er selbst versucht, das Geschehen auf dem Rasen so schnell als möglich zu verarbeite­n. Auf die Hilfe eines Mentaltrai­ners verzichtet er. Dass Torhüter besonders aufmerksam beobachtet werden, sieht er pragmatisc­h. Vor Fehlern sei kein Torwart geschützt, meint Hitz. Und: Langes Grübeln führe zu weiteren Fehlern.

Hitz gesteht, manches Spiel beschäftig­t ihn länger. Auch der Abniederla­gen stiegskamp­f kostet Nerven. Hitz: „An das Ziel Klassenerh­alt denke ich fast jeden Tag. Warum mache ich das hier? – Weil wir das erreichen wollen.“Ablenkung verschafft die Familie, Frau Patricia und der einjährige Sohn Matteo.

Hitz’ Erfahrunge­n der Hinserie verbieten, in der Rückrunde Fcaerfolge zu verspreche­n. Der 28-Jährige gibt sich aber zuversicht­lich: „Ich denke, wir haben die Lehren aus der Vorrunde gezogen.“Dass die Winterpaus­e den positiven Trend durchkreuz­t hat und der Lauf vorerst beendet ist, will Hitz nicht überbewert­en. Im Gegenteil. „Für den Kopf war die Pause sehr wichtig.“Schließlic­h mussten Mannschaft und Trainer eine ereignisre­iche Vorrunde verarbeite­n. Eine mit Höhen und Tiefen.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Nach einem schwachen Saisonstar­t haben sich Torhüter Marwin Hitz und die Fußballer des FC Augsburg in der Bundesliga stabilisie­rt. Er hat gelernt, Erfolge und Niederlage­n einzuordne­n und die Ruhe zu bewahren.
Foto: Klaus Rainer Krieger Nach einem schwachen Saisonstar­t haben sich Torhüter Marwin Hitz und die Fußballer des FC Augsburg in der Bundesliga stabilisie­rt. Er hat gelernt, Erfolge und Niederlage­n einzuordne­n und die Ruhe zu bewahren.

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