Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Raser knallte mit Auto in Geburtstag­sparty

Justiz Weil es ein 22-Jähriger besonders eilig hatte, überschlug er sich mit seinem Wagen und landete in einem Garten. Dort fand gerade eine Feier mit Kindern statt. Vor Gericht schob er den Unfall zunächst auf einen technische­n Defekt

- VON FLORIAN EISELE

Kühlenthal Um ein Haar wäre es im Juli in Kühlenthal zu einer Katastroph­e gekommen: Ein heute 22-Jähriger raste mit 100 Stundenkil­ometern in den Eingang des kleinen Ortes im Norden des Landkreise­s Augsburg. Bei einer Schikane, die Autofahrer zum Langsamfah­ren veranlasse­n soll, verlor er die Kontrolle über sein Auto. Offenkundi­g wirkte die Bordsteink­ante bei dem hohem Tempo als Schanze, der Wagen überschlug sich und landete im Garten eines Einfamilie­nhauses. Wenige Meter entfernt fand gerade ein Kindergebu­rtstag statt. Dass keiner der Kleinen verletzt oder gar getötet wurde, war pures Glück.

Die drei Beifahrer des jungen Mannes aber wurden verletzt: Sie erlitten Prellungen, Platz- und Schürfwund­en. Weil der Fahrer gegen einen Strafbefeh­l wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung Einspruch eingelegt hatte, kam es gestern zur Verhandlun­g vorm Amtsgerich­t Augsburg.

Dabei versuchte der in Anzug und Krawatte erschienen­e Verkäufer zunächst, den Unfall auf einen technische­n Defekt an seinem Wagen zu schieben: Die Hinterachs­e sei defekt gewesen, deswegen habe sich das Auto überschlag­en. Er selbst habe am Ortseingan­g vorschrift­smäßig auf 50 Stundenkil­ometer herunterge­bremst. Dass er gegenüber der Polizei gesagt hatte, mit 100 Sachen in den Ort gebrettert zu sein, sei ein erzwungene­s Geständnis gewesen. Richterin Susanne Hillebrand aber zweifelte massiv an dieser Version – zumal die drei Mitfahrer den Mann vor dem Unfall vergeblich gebeten hatten, langsamer zu fahren. Alle drei haben seither den Kontakt mit ihm abgebroche­n. Und der Unfall war nicht das einzige Verkehrsde­likt, das in der Verhandlun­g zur Sprache kam: Nachdem er im Herbst zuvor seinen Führersche­in hatte abgeben müssen, erwischte ihn die Polizei noch zwei Mal am Steuer. Einmal überholte er sogar die Polizisten verkehrswi­drig, die ihm erst Tage zuvor den Schein abgenommen hatten. Seine Begründung: Er habe nicht mehr daran gedacht, dass die Polizei ihm schon vor der ersten Schwarzfah­rt den Führersche­in abgenommen hatte. Da drohte ob der abenteuerl­ichen Darstellun­g die Richterin beinahe die Fassung zu verlieren: „Die Polizei kommt zu Ihnen nach Hause, nimmt Ihnen den Schein ab und Sie wollen mir allen Ernstes erklären, dass Sie das vergessen haben?“Von ihm gehe „eine Gefahr für sich und andere“aus. Wegen anderer Verkehrsde­likte wie Fahren ohne Führersche­ins oder Fahrerfluc­ht war der Mann bereits bestraft worden.

Nach Rücksprach­e mit seiner Rechtsanwä­ltin Petra Dittmer zog der Angeklagte schließlic­h den Einspruch gegen den Strafbefeh­l zurück. Die Richterin verurteilt­e ihn zu einer Geldstrafe von 3600 Euro (90 Tagessätze zu jeweils 40 Euro). Es soll ein letzter Warnschuss sein: Ab einem Strafmaß von mehr als 90 Tagessätze­n gilt man als vorbestraf­t. Außerdem darf der bislang unverbesse­rliche Raser erst in eineinhalb Jahren wieder einen Führersche­in beantragen. „Wenn Sie irgendwann einmal wieder den Führersche­in bekommen, sollten Sie aus der Sache gelernt haben“, schloss Hillebrand.

Mittlerwei­le ist die Stelle, an der der Unfall geschah, auch zu einem Fall für den Gemeindera­t geworden: Wie Bürgermeis­terin Iris Harms sagte, soll die Stelle künftig besser erkenntlic­h sein. „Wir überlegen gerade, wie man das verbessern kann und was wir gerne hätten.“Hintergrun­d: Die Gemeinde hatte die Schikanen vor etlichen Jahren in Eigenregie anbringen lassen, um Autofahrer dazu zu bringen, langsamer zu fahren. Der Polizei war dies aber immer schon ein Dorn im Auge, wie Helmut Brandmayr von der Inspektion Gersthofen sagt: „Das entspricht dort nicht der Straßenver­kehrsordnu­ng.“Ein Unfallschw­erpunkt sei es aber auch nicht: „Wer dort normal fährt, erkennt die Verschwenk­ung eigentlich schon.“

 ?? Foto: Andreas Lode ?? An dieser Stelle am Ortseingan­g des kleinen Ortes Kühlenthal im nördlichen Landkreis Augsburg krachte im vergangene­n Juli ein Auto über den Bordstein, überschlug sich und landete in einem Garten. Dort fand gerade ein Kindergebu­rtstag statt. Durch Glück...
Foto: Andreas Lode An dieser Stelle am Ortseingan­g des kleinen Ortes Kühlenthal im nördlichen Landkreis Augsburg krachte im vergangene­n Juli ein Auto über den Bordstein, überschlug sich und landete in einem Garten. Dort fand gerade ein Kindergebu­rtstag statt. Durch Glück...

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