Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Uni-partys: Wie kam es zum Finanzchaos?
Bildung Die Unregelmäßigkeiten bei Studentenfeiern an der Universität haben für einen ehemaligen Finanzreferenten Folgen: Er muss 5400 Euro zahlen. Doch er sieht sich nur am Ende einer Kette von Fehlern und Versäumnissen
Es ist Tradition an der Universität Augsburg, dass zum Semesterbeginn eine große Party stattfindet, zu der bis zu 3000 Gäste kommen. Organisiert wird die Veranstaltung von der Studierendenvertretung (Asta). Die kümmert sich um Planung, Durchführung und Finanzierung. Rund um zwei dieser Partys gab es mächtig Ärger. Wegen Ungereimtheiten bei den Finanzen muss ein Student 5400 Euro in Raten an die Universität zurückzahlen. Es handelt sich um den ehemaligen Finanzreferenten des Asta. Er meldete sich jetzt erstmals selbst zu Wort.
Der Finanzreferent hatte das Amt von 2012 bis 2014 inne. Aus seiner Sicht steht er aber nur am Ende einer ganzen Kette von Fehlern und Missständen und muss dafür zahlen. Das Problem seien die Abläufe bei den Partys. Es habe kein Kassensystem gegeben, in dem Umsätze vermerkt werden, sondern nur Kassetten für das Bargeld. „Gäste könnten in einem unbeobachteten Moment hineingegriffen haben“, sagt der ehemalige Finanzreferent. „Ebenso könnten die Studenten, die Getränke verkauften, etwas abzweigen oder die Studenten, die alle 30 Minuten Geld aus den Kassen nahmen, und zu mir ins Büro brachten. Dort saß ich während der Partys die ganze Zeit“, sagt er. Auch ihn habe niemand kontrolliert. Zudem sei völlig unklar, wie viele Getränke kostenlos herausgegeben wurden.
Im Sommer 2014 sei eine Entscheidung mit Folgen dazu gekommen: Die Liste unabhängiger Studierender (Lust) beschloss, nicht mehr anzutreten bei den nächsten Hochschulwahlen. Über diese Liste kam auch der ehemalige Referent in den Asta und zu seinem Amt. Die Studentenvertreter mussten aber noch die Party für das kommende Semester organisieren. „Weil uns klar war, dass unsere Nachfolger nur aus zwei bestimmten Gruppierungen des studentischen Konvents kommen können, haben wir beschlossen, dass die Party keinen Gewinn abwerfen soll.“Der Konvent wählt die Mitglieder des Asta.
Das eine der zwei Lager habe mit seiner Forderung nach einer Zivilklausel an der Universität „genervt“, und das andere Lager sei für viele an der Universität ein rotes Tuch: die Studierendenvereinigung „Augsburger Universitätsstudenten und Alumni“um Sebastian Klöckner. „Mit diesem Vorsatz im Hinterkopf ist es dann offenbar von einigen übertrieben worden“, so der Ex-referent. „Dass über den Abend zu wenig Geld eingenommen wird, wurde mir schon während der Party klar und ich habe es weitergegeben, aber da war schon nichts mehr zu retten.“
Im Zusammenhang mit der Party zum Start des Sommersemesters 2014 hat die Universität inzwischen Strafanzeige gegen unbekannt erstattet wegen des Verdachts der Untreue und Unterschlagung. Dies geschah, weil offene Fragen von Studierendenseite nicht beantwortet werden konnten, so Pressesprecher Michael Hallermayer.
Und was wusste die Universität von den Abläufen? Der ehemalige Finanzreferent hat den Eindruck, dass die Verantwortlichen lieber weniger als mehr wissen wollten. Mitarbeiter der Haushaltsabteilung hätten ihm gesagt, dass die Partys auf dem offiziellen bürokratischen Weg organisiert werden können oder auf Vertrauensbasis. So sei der Aufwand für alle Beteiligten geringer. Auch sei bei den Partys nie ein Vertreter der Universität zwecks Kontrolle vor Ort gewesen.
Die Uni argumentiert, dass sie vom Freistaat angehalten sei, den Studierendenvertretungen bei der Durchführung von Veranstaltungen einen „weiten Gestaltungsspielraum“einzuräumen. In der Praxis sah dies so aus, dass vor jeder Fete ein Kostenvoranschlag bei der Haushaltsabteilung der Uni eingereicht wurde mit leicht abgeänderten Zahlen zur vorigen Party. „Die tatsächlichen Einnahmen spiegelte die Vorkalkulation nicht wider.“
Und wo landete das restliche Geld? „Der Asta hatte von 2003 bis 2014 ein eigenes Konto. Dort wurde ein Teil deponiert. Teils wurden Dienstleistungen auch bar bezahlt und Geld in einem Safe gelagert“. Vorgeschrieben ist in der bayerischen Haushaltsordnung, dass Einnahmen und Überschüsse zeitnah und vollständig an die Staatsoberkasse Bayern überwiesen werden müssen. Das einbehaltene Geld verwendeten die Studentenvertreter, so der ehemalige Referent, für andere studentische Aktionen oder Projekte. So umgingen sie ein mögliches Veto der Universitätsverwaltung.
Das Konto war der Universität bekannt und wurde auch genutzt, um den Studierendenvertretern Geld dorthin zu überweisen, beispielsweise für Exkursionen oder um Vorleistungen für die Partys zu finanzieren. „Als Hinweise auf eine möglicherweise missbräuchliche Verwendung eingingen, war das Konto bereits geschlossen. Offene Fragen diesbezüglich wollte die Universität mit dem früheren Referenten klären, der aber nicht mehr auf Nachrichten reagierte“, so Pressesprecher Michael Hallermayer. Der Ex-referent widerspricht. Seit er das Konto im Frühjahr 2014 geschlossen habe, habe sich niemand seitens der Uni dafür interessiert.
Doch warum wurde das Konto geschlossen? Dazu der Ex-referent: „Der damalige Asta-vorsitzende kam zu mir, weil er fürchtete, dass Herr Klöckner bei seinen Nachforschungen davon erfahren könnte und uns verklagt.“Darüber habe er sich auch mit einem Vertreter der Haushaltsabteilung ausgetauscht. Nach den zwei Treffen sei die Entscheidung gefallen, das Konto aufzulösen und die Einnahmen der nächsten Party erst einmal auf das Privatkonto des Ex-referenten eingezahlt und später an die Uni weitergeleitet werden sollen. „Irgendwo musste das Geld hin. Da ich die verwaltende Person war, lag es eben sofort bei mir.“
Im Dezember erklärte die Uni auf Anfrage, es gebe keine Anhaltspunkte für die Beteiligung Dritter. Die Schilderungen des Ex-referenten klingen anders, Warum zahlt er die 5400 Euro zurück? „Dass die Bilanz stimmt, ist die Aufgabe des Finanzreferenten, deswegen zahle ich und auch, weil sie sonst wohl Freunde von mir hingehängt hätten, die ich zur Mitarbeit überredet habe.“
Für die letzte Party war kein Gewinn geplant