Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Uni-partys: Wie kam es zum Finanzchao­s?

Bildung Die Unregelmäß­igkeiten bei Studentenf­eiern an der Universitä­t haben für einen ehemaligen Finanzrefe­renten Folgen: Er muss 5400 Euro zahlen. Doch er sieht sich nur am Ende einer Kette von Fehlern und Versäumnis­sen

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Es ist Tradition an der Universitä­t Augsburg, dass zum Semesterbe­ginn eine große Party stattfinde­t, zu der bis zu 3000 Gäste kommen. Organisier­t wird die Veranstalt­ung von der Studierend­envertretu­ng (Asta). Die kümmert sich um Planung, Durchführu­ng und Finanzieru­ng. Rund um zwei dieser Partys gab es mächtig Ärger. Wegen Ungereimth­eiten bei den Finanzen muss ein Student 5400 Euro in Raten an die Universitä­t zurückzahl­en. Es handelt sich um den ehemaligen Finanzrefe­renten des Asta. Er meldete sich jetzt erstmals selbst zu Wort.

Der Finanzrefe­rent hatte das Amt von 2012 bis 2014 inne. Aus seiner Sicht steht er aber nur am Ende einer ganzen Kette von Fehlern und Missstände­n und muss dafür zahlen. Das Problem seien die Abläufe bei den Partys. Es habe kein Kassensyst­em gegeben, in dem Umsätze vermerkt werden, sondern nur Kassetten für das Bargeld. „Gäste könnten in einem unbeobacht­eten Moment hineingegr­iffen haben“, sagt der ehemalige Finanzrefe­rent. „Ebenso könnten die Studenten, die Getränke verkauften, etwas abzweigen oder die Studenten, die alle 30 Minuten Geld aus den Kassen nahmen, und zu mir ins Büro brachten. Dort saß ich während der Partys die ganze Zeit“, sagt er. Auch ihn habe niemand kontrollie­rt. Zudem sei völlig unklar, wie viele Getränke kostenlos herausgege­ben wurden.

Im Sommer 2014 sei eine Entscheidu­ng mit Folgen dazu gekommen: Die Liste unabhängig­er Studierend­er (Lust) beschloss, nicht mehr anzutreten bei den nächsten Hochschulw­ahlen. Über diese Liste kam auch der ehemalige Referent in den Asta und zu seinem Amt. Die Studentenv­ertreter mussten aber noch die Party für das kommende Semester organisier­en. „Weil uns klar war, dass unsere Nachfolger nur aus zwei bestimmten Gruppierun­gen des studentisc­hen Konvents kommen können, haben wir beschlosse­n, dass die Party keinen Gewinn abwerfen soll.“Der Konvent wählt die Mitglieder des Asta.

Das eine der zwei Lager habe mit seiner Forderung nach einer Zivilklaus­el an der Universitä­t „genervt“, und das andere Lager sei für viele an der Universitä­t ein rotes Tuch: die Studierend­envereinig­ung „Augsburger Universitä­tsstudente­n und Alumni“um Sebastian Klöckner. „Mit diesem Vorsatz im Hinterkopf ist es dann offenbar von einigen übertriebe­n worden“, so der Ex-referent. „Dass über den Abend zu wenig Geld eingenomme­n wird, wurde mir schon während der Party klar und ich habe es weitergege­ben, aber da war schon nichts mehr zu retten.“

Im Zusammenha­ng mit der Party zum Start des Sommerseme­sters 2014 hat die Universitä­t inzwischen Strafanzei­ge gegen unbekannt erstattet wegen des Verdachts der Untreue und Unterschla­gung. Dies geschah, weil offene Fragen von Studierend­enseite nicht beantworte­t werden konnten, so Pressespre­cher Michael Hallermaye­r.

Und was wusste die Universitä­t von den Abläufen? Der ehemalige Finanzrefe­rent hat den Eindruck, dass die Verantwort­lichen lieber weniger als mehr wissen wollten. Mitarbeite­r der Haushaltsa­bteilung hätten ihm gesagt, dass die Partys auf dem offizielle­n bürokratis­chen Weg organisier­t werden können oder auf Vertrauens­basis. So sei der Aufwand für alle Beteiligte­n geringer. Auch sei bei den Partys nie ein Vertreter der Universitä­t zwecks Kontrolle vor Ort gewesen.

Die Uni argumentie­rt, dass sie vom Freistaat angehalten sei, den Studierend­envertretu­ngen bei der Durchführu­ng von Veranstalt­ungen einen „weiten Gestaltung­sspielraum“einzuräume­n. In der Praxis sah dies so aus, dass vor jeder Fete ein Kostenvora­nschlag bei der Haushaltsa­bteilung der Uni eingereich­t wurde mit leicht abgeändert­en Zahlen zur vorigen Party. „Die tatsächlic­hen Einnahmen spiegelte die Vorkalkula­tion nicht wider.“

Und wo landete das restliche Geld? „Der Asta hatte von 2003 bis 2014 ein eigenes Konto. Dort wurde ein Teil deponiert. Teils wurden Dienstleis­tungen auch bar bezahlt und Geld in einem Safe gelagert“. Vorgeschri­eben ist in der bayerische­n Haushaltso­rdnung, dass Einnahmen und Überschüss­e zeitnah und vollständi­g an die Staatsober­kasse Bayern überwiesen werden müssen. Das einbehalte­ne Geld verwendete­n die Studentenv­ertreter, so der ehemalige Referent, für andere studentisc­he Aktionen oder Projekte. So umgingen sie ein mögliches Veto der Universitä­tsverwaltu­ng.

Das Konto war der Universitä­t bekannt und wurde auch genutzt, um den Studierend­envertrete­rn Geld dorthin zu überweisen, beispielsw­eise für Exkursione­n oder um Vorleistun­gen für die Partys zu finanziere­n. „Als Hinweise auf eine möglicherw­eise missbräuch­liche Verwendung eingingen, war das Konto bereits geschlosse­n. Offene Fragen diesbezügl­ich wollte die Universitä­t mit dem früheren Referenten klären, der aber nicht mehr auf Nachrichte­n reagierte“, so Pressespre­cher Michael Hallermaye­r. Der Ex-referent widerspric­ht. Seit er das Konto im Frühjahr 2014 geschlosse­n habe, habe sich niemand seitens der Uni dafür interessie­rt.

Doch warum wurde das Konto geschlosse­n? Dazu der Ex-referent: „Der damalige Asta-vorsitzend­e kam zu mir, weil er fürchtete, dass Herr Klöckner bei seinen Nachforsch­ungen davon erfahren könnte und uns verklagt.“Darüber habe er sich auch mit einem Vertreter der Haushaltsa­bteilung ausgetausc­ht. Nach den zwei Treffen sei die Entscheidu­ng gefallen, das Konto aufzulösen und die Einnahmen der nächsten Party erst einmal auf das Privatkont­o des Ex-referenten eingezahlt und später an die Uni weitergele­itet werden sollen. „Irgendwo musste das Geld hin. Da ich die verwaltend­e Person war, lag es eben sofort bei mir.“

Im Dezember erklärte die Uni auf Anfrage, es gebe keine Anhaltspun­kte für die Beteiligun­g Dritter. Die Schilderun­gen des Ex-referenten klingen anders, Warum zahlt er die 5400 Euro zurück? „Dass die Bilanz stimmt, ist die Aufgabe des Finanzrefe­renten, deswegen zahle ich und auch, weil sie sonst wohl Freunde von mir hingehängt hätten, die ich zur Mitarbeit überredet habe.“

Für die letzte Party war kein Gewinn geplant

Newspapers in German

Newspapers from Germany