Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Beliebter Modellbahn­anlage droht das Aus

Freizeit In einem alten Augsburger Gebäude in der Firnhabers­traße steht eine der größten und vielfältig­sten Miniatur-eisenbahne­n in Süddeutsch­land. Nun hat die Bahn die Immobilie verkauft

- VON EVA MARIA KNAB

Sie haben getüftelt und gebastelt, und das über Jahrzehnte hinweg. Entstanden ist eine Miniaturwe­lt für Eisenbahne­n auf mehreren Stockwerke­n – mit 2500 Quadratmet­ern Fläche und 500 Modellzüge­n. In ihrer Größe und Vielfalt sei die Anlage fast einzigarti­g in Süddeutsch­land, sagt Winfried Schechinge­r von der Modellbahn Interessen-gemeinscha­ft Augsburg (Miga). Doch nun droht der Welt der Minieisenb­ahnen das Aus. Die Deutsche Bahn hat der Miga gekündigt und das Vereinsgeb­äude in der Firnhabers­traße verkauft.

Für Schechinge­r ist es wie ein Weltunterg­ang. „40 Jahre waren wir als Mieter in dem Gebäude, jetzt wird alles vernichtet“, sagt er. Die weitläufig­e Anlage ist vollgestop­ft mit analoger und digitaler Technik. Allein ein originaler Stelltisch aus früheren Bahnbestän­den, mit dem Modellzüge gesteuert werden, wiegt Tonnen. „Wir können die Teile nicht so einfach auseinande­rschrauben und woanders wieder aufbauen“, sagt Schechinge­r. Viele aufwendig hergestell­te Details wären dann wohl nicht mehr zu retten.

Zwar war schon länger klar, dass es Probleme mit dem Vereinshei­m geben würde. Das Bahnuntern­ehmen hatte der Miga Ende 2014 gekündigt. Seitdem kämpfte der Verein darum, das frühere Schmiersto­fflager des alten Augsburger Bahnbetrie­bswerks zu kaufen – oder es vielleicht auch geschenkt zu bekommen. „Wenn wir das Gebäude nicht immer wieder mit großem Aufwand gerichtet hätten, wäre es ohnehin längst verfallen“, argumentie­rt Schechinge­r.

Zuletzt bat die Miga den Bahnkonzer­nbevollmäc­htigten für Bayern, Klaus-dieter Josel, um Hilfe. Unterstütz­t wurde sie in einem Schreiben von Oberbürger­meister Kurt Gribl. Doch noch während die Anfrage lief, habe die Bahn das Gebäude verkauft, ärgert sich Schechinge­r. Der neue Eigentümer habe schon die Schlösser ausgewechs­elt. Die große Sorge der Miga ist nun, dass ihre Modellanla­ge zerstört werden muss und der Verein ohne Bleibe dasteht.

Wie ein Bahnsprech­er auf Anfrage mitteilt, war die DB aus brandschut­ztechnisch­en Gründen gezwungen, den alten Mietvertra­g mit der Miga zu kündigen. Der Verein habe aber einen Aufbewahru­ngsvertrag bekommen, wonach er die Modellbahn­anlage kostenlos an Ort und Stelle im Gebäude belassen konnte. Mit der Kündigung des Mietvertra­gs hat sich die Bahn auch dafür entschiede­n, die Immobilie an der Firnhabers­traße zu verkaufen.

Die DB startete ein offizielle­s Bieterverf­ahren. „Dabei wurde auch das Angebot der Miga berücksich­tigt“, so der Bahnsprech­er. Zum besseren Verständni­s: Bei einem Bieterverf­ahren erhält der höchstbiet­ende Interessen­t den Zuschlag. Die Bevorzugun­g eines Bieters – auch wenn es sich um einen gemeinnütz­igen Verein handelt – sei nicht möglich, hieß es in der Bahnpresse­stelle in München.

Im November 2015 endete das Bieterverf­ahren laut DB mit einem „marktüblic­hen Preis“. Kürzlich fand die Übergabe der Immobilie an den Käufer statt. Dieser habe auch den Aufbewahru­ngsvertrag mit der Miga übernommen, hieß es.

Unklar ist nun, wie lange die Modelleise­nbahner noch im Gebäude bleiben können. Der Miga-vorsitzend­e habe nach wie vor Zugang zur Anlage, betont der neue Eigentümer. Es ist der Augsburger Architekt Rainer Fischer. Was mit der Immobilie weiter geplant ist, dazu wollte er sich gegenüber unserer Zeitung noch nicht äußern. Wie das Gebäude verwertet werden soll, hänge noch von weiteren Gesellscha­ftern ab. „Pläne für die Immobilie werden wir zeitnah entwickeln.“Traurig über die Entwicklun­g sind viele Modelleise­nbahnfans in Stadt und Region. Über die Jahre hinweg hatte die Anlage Tausende Besucher. Besonders gefragt waren beim Publikum die gemeinsame­n Öffnungsta­ge mit dem benachbart­en Bahnpark. Dort sind historisch­e Züge in Originalgr­öße zu sehen.

»Kommentar

Film Ein Beitrag des Fernsehsen­ders a.tv über die spektakulä­re Anlage der Modelleise­nbahnfreun­de beim Bahnpark ist bei Youtube zu sehen. Zu finden unter „60 Jahre Miga“.

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Foto: Silvio Wyszengrad Ausschnitt der Miniaturwe­lt für Eisenbahne­n, die Modellbahn­freunde in 40 Jahren geschaffen haben.

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