Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Noch viele weitere Tote befürchtet
Erdbeben Jetzt wird mit mehr als 300 Opfern gerechnet. Helfer geben die Hoffnung nicht auf, Menschen noch lebend zu finden. Kritik an der mangelhaften Vorsorge in Italien
Rom/amatrice Bei dem verheerenden Erdbeben in Italien könnten mehr als 300 Menschen gestorben sein. Was die Opferzahlen angeht, könne das Beben „noch schlimmere Dimensionen erreichen als jenes in L’aquila“vor sieben Jahren, sagte der Chef des Zivilschutzes, Fabrizio Curcio. Damals kamen 309 Menschen ums Leben. Am Donnerstag stand die vorläufige Bilanz bei 250 Toten. Die italienische Regierung rief am Abend den Notstand aus und gab gleichzeitig 50 Millionen Euro frei, um den Erdbebenopfern, die oft alles verloren haben, zu helfen.
Für die Retter war es ein Wettlauf gegen die Zeit, einen Tag nach dem Beben einer Stärke von mehr als 6 noch Überlebende zu finden. Hunderte Nachbeben erschwerten die Arbeiten. Die meisten Toten gab es in den Orten Amatrice und Accumoli in der Region Latium und in der Gegend um Pescara del Tronto in den Marken. 365 Menschen wurden verletzt. Wie viele Menschen noch vermisst sind, ist unklar. „Es ist unmöglich, eine Zahl der Ver- zu nennen“, sagte Zivilschutzchef Curcio. Viele seien auf der Durchreise oder im Urlaub in den betroffenen Orten gewesen. Sie liegen zwischen den Regionen Latium, Umbrien, den Marken und den Abruzzen.
Vor allem Italiener machen dort Urlaub. Aber auch Ausländer kamen ums Leben, die Außenministerien in Madrid und Bukarest bestätigten den Tod eines spanischen und fünf rumänischer Staatsbürger. Von deutschen Opfern ist bisher nichts bekannt.
Die Rettungsarbeiten gingen die ganze Nacht mit Taschenlampen, Baggern und Spürhunden weiter. Die Feuerwehr konnte mehr als 200 Menschen lebend aus den Trümmern ziehen. Immer wieder wurden aber Leichen geborgen. Allein in Amatrice waren es 200 bis zum Morgen, sagte der Bürgermeister. Tausende Menschen in den betroffenen Orten sind obdachlos, nachmissten dem ihre Häuser eingestürzt sind. In Notunterkünften wie Zelten verbrachten viele die Nacht. Jedoch hätten nicht alle das Angebot, dort unterzukommen, angenommen, so der Zivilschutz. Manche übernachteten in Autos.
In Italien wurden an vielen öffentlichen Gebäuden die Fahnen auf halbmast gesetzt. Gleichzeitig bekam Kritik an dem Umgang des Landes mit dem Erdbebenschutz neue Nahrung. Italien müsse erdbebensicher werden, sagte zum Beispiel der frühere Regierungschef Romano Prodi. „Es wäre nötig, alle privaten Häuser auf Erdbebensicherheit zu überprüfen“, sagte Gianpaolo Rosati, Direktor des Mailänder Polytechnikums. „Aber die Aufrüstung kostet oft mehr, als ein komplett neues Haus zu bauen. Deshalb schaffen es viele Privatleute nicht.“
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