Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum Michael Klemencic das Krankenhau­s wechselte

Gesundheit Klinikum verschiebt einen geplanten Termin wegen Notfällen. Ein Einzelfall?

- VON EVA MARIA KNAB UND STEFAN KROG Foto: Peter Fastl

Michael Klemencic kam mit Herzproble­men ins Klinikum. Dort hatte hatte er einen fest vereinbart­en Untersuchu­ngstermin. Klemencics Behandlung musste jedoch mehrmals verschoben werden, weil Notfälle Vorrang hatten. Vier Tage lang bangte der Augsburger um seine Gesundheit, bis er Konsequenz­en zog. „Diese Wartezeit war zu lang, es hätte auch schiefgehe­n können“, kritisiert der 72-Jährige.

Ist er ein Einzelfall? Im Klinikum sagt man es offen heraus: Nein. Weil das Haus die größte Notaufnahm­e der Region hat, komme es immer wieder vor, dass geplante Eingriffe an Patienten verschoben werden müssen. Zudem sei Klemencic kein „dringender Fall“gewesen, entgegnet das Klinikum auf den Vorwurf.

Klemencic war, wie er sagt, Anfang August von einem niedergela­ssenen Kardiologe­n wegen Infarktgef­ahr als eiliger Fall ins Klinikum eingewiese­n worden. Am vereinbart­en Freitag kam der Augsburger morgens zur Herzkathet­eruntersuc­hung ins Großkranke­nhaus. Diese fand jedoch nicht statt. Stattdesse­n verbrachte er den ganzen Tag mit Warten, er fühlte sich schlecht informiert. Auf Nachfrage habe er nur die Informatio­n bekommen, dass er auf der Liste stehe und er sich in einem Notfallkra­nkenhaus befinde, sagt er.

Nach einem langen Wochenende mit Feiertag (Friedensfe­st) wurde Klemencic am Dienstag erneut im Klinikum einbestell­t. Dann habe das gleiche Warten wieder begonnen. Was den Patienten – neben vier Tagen Zeitverlus­t – besonders ärgerte: „Ein Arzt hat mir gesagt, wenn ich einen Infarkt kriege, dann würde ich sofort drankommen.“

Beim Klinikum bestätigt man das auch offen. Es sei klar, dass Notfälle Priorität haben. „Wir gehen davon aus, dass der Patient, wäre er selbst ein Notfall, das auch so für sich in Anspruch nehmen wollen würde“, so Prof. Wolfgang von Scheidt, Chefarzt der I. Medizinisc­hen Klinik.

Gleichwohl versuche man, die Zahl der geplanten Eingriffe, die kurzfristi­g verschoben werden müssen, in Grenzen zu halten. „Jedes Jahr werden bei uns 850 Infarkt-patienten, also ungeplante Patienten, in zwei Herzkathet­er-räumen versorgt“, so von Scheidt. 14 bis 16 Untersuchu­ngen täglich gibt es am Klinikum, zwei bis drei Termine pro Tag sind dabei für Infarkt-patienten freigehalt­en. „Aber Infarkte kündigen sich nicht an und sind nicht planbar“, so von Scheidt. Gebe es an einem Tag eine Häufung, dann wirble das die Planung zwangsläuf­ig durcheinan­der.

Derartiges war auch an den beiden Tagen, als Klemencic behandelt werden sollte, der Fall. Das Klinikum verweist darauf, dass Klemencic am zweiten Tag aber in jedem Fall drangekomm­en wäre, sobald man mit den Intensivpa­tienten fertig gewesen wäre. Dies habe der zuständige Oberarzt dem Patienten nach Rücksprach­e mit dem Herzkathet­er-labor auch persönlich so erklärt.

Klemencic zog aus der Wartezeit trotzdem die Konsequenz­en und verließ das Klinikum auf eigene Verantwort­ung. Von seiner Hausärztin ließ er sich ins Diako überweisen. Dort habe er noch am selben Abend kommen können und am nächsten Morgen einen Stent gesetzt bekommen, sagt Klemencic. Auch dort habe ihm ein Mediziner bestätigt, dass er ein dringender Fall gewesen sei.

Verschoben­e Eingriffe gibt es am Klinikum in fast allen Fachbereic­hen. Der Großteil der Patienten habe aber Verständni­s für den Vorrang von Notfällen, heißt es aus dem Klinikum. Als „Nadelöhr“bezeichnet­e Vorstandsv­orsitzende­r Alexander Schmidtke in der Vergangenh­eit die Intensivme­dizin.

Teils müssten planbare OPS verschoben werden, weil es aufgrund von Notfällen zeitweise nicht genug Intensivbe­tten gibt. Hier soll der Erweiterun­gsbau, der momentan auf der Westseite des Klinikums entsteht, für Entlastung sorgen. Ab 2018 gibt es 136 statt bisher 100 Intensivod­er Intermedia­te-carebetten (IMC). Unter IMC versteht man eine Vorstufe zur Intensivst­ation. Gleichzeit­ig erneuerte der Personalra­t vor Kurzem seine Klage über die personelle Besetzung unter anderem im Intensivbe­reich. Weil nicht genug Pflegekräf­te da sind, müssten auch immer wieder Betten im Intensivbe­reich gesperrt werden. Der Personalra­t klagt über zunehmende Arbeitsver­dichtung, ausgelöst durch höhere Patientenz­ahlen bei gleichzeit­igem Spardruck. Zudem tut sich das Klinikum – wie andere Häuser auch – mitunter schwer, freie Stellen überhaupt zu besetzen.

In der Vergangenh­eit hatte dem Klinikum zudem die jahrelange Sanierung des Op-trakts zu schaffen gemacht. Sie wurde vor einem guten Jahr abgeschlos­sen. Inzwischen kann ein Operations­saal für Notfallpat­ienten freigehalt­en werden, damit andere Säle mit geplanten Operatione­n nicht kurzfristi­g blockiert werden.

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Michael Klemencic wollte sich im Klinikum wegen Herzproble­men behandeln lassen. Weil der Termin mehrmals verschoben werden musste, wechselte er ins Diako. Dort ging es schneller.

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