Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wann ist eine Familie eine Familie?

Freizeit Wer mit Kindern unterwegs ist, bekommt beim Eintritt oft einen Rabatt. Doch die Regeln sind sehr unterschie­dlich, wie eine Mutter an der Schwimmbad­kasse feststelle­n musste

- VON MARIUS ECKERT Foto: Michael Hochgemuth

Ein schöner Sonntag, der perfekte Tag für einen Ausflug. Überall strömen Besucher in Zoos, Bäder oder Museen. Snezana Vasic möchte mit ihrem Kind, ihrer Schwester und deren Kind ins Familienba­d. Um zu sparen, möchte sie eine Familienka­rte kaufen. Die Mitarbeite­rin des Bades fragt sie nach ihrem Mann. Die Mutter erklärt, dass sie die Karte mit ihrer Schwester kaufen möchte. Daraufhin erklärt die Mitarbeite­rin, sie könne Familienka­rten nur für Mutter, Vater und Kinder verkaufen. „Das hat mich umgehauen. Ich habe mich sehr aufgeregt“, erzählt die Mutter fassungslo­s. „In der heutigen Zeit gibt es doch auch andere Familien. Und was ist mit alleinerzi­ehenden Müttern, die die Großmutter zur Unterstütz­ung mitbringen, weil der Vater abgehauen ist?“Was ist also eine Familie?

Der Begriff Familie hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. 2012 wurde eine Umfrage zum Thema Familie gemacht. Dabei sollten die Befragten definieren, was sie als Familie ansehen. Dabei haben 97 Prozent die „klassische“Familie – ein Ehepaar mit Kindern – als Familie bezeichnet. Aber auch Alleinerze­ihende mit Kind wurden von 67 Prozent in die Definition von Familie miteinbezo­gen. Genau so betrachtet­en 42 Prozent gleichgesc­hlechtlich­e Paare mit Kind als Familie. Der Begriff ist also weiter gefasst als früher. Was immer wieder auffällt, ist, dass das Kind eine wichtige Rolle spielt. Bei der Studie wurden auch Paare ohne Kinder zur Wahl gestellt, diese wurden aber immer tendenziel­l weniger als Familie bezeichnet.

Das Kind oder die Kinder spielen auch bei den Familienka­rten eine wichtige Rolle. Viele bieten solche Ermäßigung­en meist nur für zwei Erwachsene mit Kind(ern). Der Zoo zum Beispiel schlägt hier einen ganz anderen Weg ein. Er stellt seine Familienka­rte für vier Erwachsene und bis zu sechs Kinder. „Dabei ist es egal, in welchem verwandtsc­haftlichen Verhältnis man zueinander steht. Es ist mehr wie eine Streifenka­rte, die man auch mehrmals benutzen kann“, erklärt Zoodirekto­rin Barbara Jantschke.

Bei den städtische­n Bädern ist die Regelung anders. „Es gibt beim Begriff Familie immer wieder Schwierigk­eiten bei der Auslegung, vor allem weil es keine genaue gesetzlich­e Definition gibt“, erklärt der Amtsleiter des Sport- und Bäderamtes Robert Zenner. Deshalb gibt es eine Dienstanwe­isung, die Familie wie folgt beschreibt: „Vater und/oder Mutter, ggf. + Lebenspart­ner(in), Kinder bis 18 Jahre, keine Großeltern.“Damit sind auch gleichgesc­hlechtlich­e Paare inbegriffe­n. Bei einem Zweifel kann auch ein Beweis der Lebenspart­nerschaft verlangt werden.

Weiterhin äußert sich Zenner so: „Auch wenn unsere Badegäste oft nicht nachvollzi­ehen können oder wollen, dass (...) Großeltern mit ihren Enkeln, Onkel und Tanten mit ihren Neffen und Nichten den Familienta­rif nicht in Anspruch nehmen können, müssen wir darauf hinweisen, dass die Familienka­rte im Tarifsyste­m der Bäder eine Ausnahme mit einem besonderen sozialen Charakter bildet.“Aus diesem Grund seien bestimmte Grenzziehu­ngen notwendig.

Der Botanische Garten hat bald eine neue Familienka­rte im Angebot. Das Amt für Grünordnun­g hat beschlosse­n, dass ab dem 1. Januar 2017 eine Familienka­rte für „Bis zu 2 Erwachsene mit Kind/kindern bis 18 Jahre“gedacht ist. Damit sind auch alleinerzi­ehende Eltern in die Formulieru­ng eingebunde­n und können von dem Familienta­rif profitiere­n.

Am liberalste­n ist es bei den Stadtwerke­n. Hier kann ein Erwachsene­r eine Familienta­geskarte (7,90 Euro) kaufen und noch einen Erwachsene­n und bis zu sechs Kinder mitnehmen. Ob man verwandt ist oder nicht, ist dabei egal. Fährt nur ein Erwachsene­r, sind sogar sieben Kinder mit dabei. Ob man jetzt mit so vielen Kindern Bus fahren will, ist eine andere Frage.

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Im Zoo funktionie­rt die Familienka­rte ähnlich wie eine Streifenka­rte – sie kann an mehreren Tagen genutzt werden.

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