Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wann ist eine Familie eine Familie?
Freizeit Wer mit Kindern unterwegs ist, bekommt beim Eintritt oft einen Rabatt. Doch die Regeln sind sehr unterschiedlich, wie eine Mutter an der Schwimmbadkasse feststellen musste
Ein schöner Sonntag, der perfekte Tag für einen Ausflug. Überall strömen Besucher in Zoos, Bäder oder Museen. Snezana Vasic möchte mit ihrem Kind, ihrer Schwester und deren Kind ins Familienbad. Um zu sparen, möchte sie eine Familienkarte kaufen. Die Mitarbeiterin des Bades fragt sie nach ihrem Mann. Die Mutter erklärt, dass sie die Karte mit ihrer Schwester kaufen möchte. Daraufhin erklärt die Mitarbeiterin, sie könne Familienkarten nur für Mutter, Vater und Kinder verkaufen. „Das hat mich umgehauen. Ich habe mich sehr aufgeregt“, erzählt die Mutter fassungslos. „In der heutigen Zeit gibt es doch auch andere Familien. Und was ist mit alleinerziehenden Müttern, die die Großmutter zur Unterstützung mitbringen, weil der Vater abgehauen ist?“Was ist also eine Familie?
Der Begriff Familie hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. 2012 wurde eine Umfrage zum Thema Familie gemacht. Dabei sollten die Befragten definieren, was sie als Familie ansehen. Dabei haben 97 Prozent die „klassische“Familie – ein Ehepaar mit Kindern – als Familie bezeichnet. Aber auch Alleinerzeihende mit Kind wurden von 67 Prozent in die Definition von Familie miteinbezogen. Genau so betrachteten 42 Prozent gleichgeschlechtliche Paare mit Kind als Familie. Der Begriff ist also weiter gefasst als früher. Was immer wieder auffällt, ist, dass das Kind eine wichtige Rolle spielt. Bei der Studie wurden auch Paare ohne Kinder zur Wahl gestellt, diese wurden aber immer tendenziell weniger als Familie bezeichnet.
Das Kind oder die Kinder spielen auch bei den Familienkarten eine wichtige Rolle. Viele bieten solche Ermäßigungen meist nur für zwei Erwachsene mit Kind(ern). Der Zoo zum Beispiel schlägt hier einen ganz anderen Weg ein. Er stellt seine Familienkarte für vier Erwachsene und bis zu sechs Kinder. „Dabei ist es egal, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis man zueinander steht. Es ist mehr wie eine Streifenkarte, die man auch mehrmals benutzen kann“, erklärt Zoodirektorin Barbara Jantschke.
Bei den städtischen Bädern ist die Regelung anders. „Es gibt beim Begriff Familie immer wieder Schwierigkeiten bei der Auslegung, vor allem weil es keine genaue gesetzliche Definition gibt“, erklärt der Amtsleiter des Sport- und Bäderamtes Robert Zenner. Deshalb gibt es eine Dienstanweisung, die Familie wie folgt beschreibt: „Vater und/oder Mutter, ggf. + Lebenspartner(in), Kinder bis 18 Jahre, keine Großeltern.“Damit sind auch gleichgeschlechtliche Paare inbegriffen. Bei einem Zweifel kann auch ein Beweis der Lebenspartnerschaft verlangt werden.
Weiterhin äußert sich Zenner so: „Auch wenn unsere Badegäste oft nicht nachvollziehen können oder wollen, dass (...) Großeltern mit ihren Enkeln, Onkel und Tanten mit ihren Neffen und Nichten den Familientarif nicht in Anspruch nehmen können, müssen wir darauf hinweisen, dass die Familienkarte im Tarifsystem der Bäder eine Ausnahme mit einem besonderen sozialen Charakter bildet.“Aus diesem Grund seien bestimmte Grenzziehungen notwendig.
Der Botanische Garten hat bald eine neue Familienkarte im Angebot. Das Amt für Grünordnung hat beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2017 eine Familienkarte für „Bis zu 2 Erwachsene mit Kind/kindern bis 18 Jahre“gedacht ist. Damit sind auch alleinerziehende Eltern in die Formulierung eingebunden und können von dem Familientarif profitieren.
Am liberalsten ist es bei den Stadtwerken. Hier kann ein Erwachsener eine Familientageskarte (7,90 Euro) kaufen und noch einen Erwachsenen und bis zu sechs Kinder mitnehmen. Ob man verwandt ist oder nicht, ist dabei egal. Fährt nur ein Erwachsener, sind sogar sieben Kinder mit dabei. Ob man jetzt mit so vielen Kindern Bus fahren will, ist eine andere Frage.