Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Christoph Lux ist ein Extremläufer
Extremsport Der Augsburger Christoph Lux liebt die Herausforderung langer Läufe. Am Samstag startet er bei einem besonderen Rennen in Asien. Doch er hat noch mehr vor
Der Arbeitstag von Christoph Lux beginnt zwei Stunden früher als der seiner Kollegen. Um Punkt sieben Uhr betritt er normalerweise sein Büro beim Pharmakonzern Merck in Darmstadt. Dort arbeitet der 38-jährige Gögginger als Abteilungsleiter im Bereich Controlling. Er überprüft Budgetpläne, stellt Strategien für die Unternehmensführung auf: ein Job mit vielen Meetings weltweit und viel Arbeit am Computer.
Wenn sich seine Kollegen in der Mittagszeit auf den Weg in die Mensa machen, schlüpft Lux in sein anderes Leben, weit weg von Zahlen. Er schnürt seine Laufschuhe. Denn Mittagspause bedeutet für ihn Trainingszeit. Dann läuft er 15 bis 19 Kilometer, je nachdem, welches Tempo auf seinem ausgeklügelten Trainingsplan steht. Lux ist aber kein Ausdauersportler, er ist einer der besten Ultra-marathonläufer Deutschlands.
Durch Zufall ist Lux zum Extremsport gekommen, bei dem beispielsweise 100 Kilometer im Wettkampf gelaufen werden. Während des Studiums begann er mit Langstrecken-läufen und bemerkte schnell, dass er Talent auf langen Distanzen hat. Seine Marathonbestzeit liegt bei 2:47 Stunden. Eine Zeit, die für viele unerreichbar ist. Doch Lux ist ehrgeizig, will mehr. Läufer, gegen die er im Marathon keine Chance hat, kann er auf der langen Distanz bezwingen. Je länger der Lauf, desto besser wird er. „Ab Kilometer 60 ist es nur noch ein Kampf,“, erzählt er. Ab da ist er im Tunnel, ab da kommt seine Stärke zum Tragen. Von der schönen Umgebung bekommt er nichts mehr mit. Er läuft ohne zu Denken. Die Bewegungen sind automatisiert, der Körper funktioniert wie eine Maschine. „Die Beschäftigung mit mir selbst in diesem Moment macht mir Spaß“, sagt Lux.
Beim Training ist das anders. Da geht er nicht an körperliche Grenzen, nutzt vielmehr die Bewegung in der Natur zum Nachdenken. Beim Laufen schaltet er ab, überlegt sich Strategien für seinen Job und sammelt Kraft. Um seinen Sport mit seinem Berufs- und Privatleben vereinbaren zu können, braucht es eine genaue Planung, denn Lux trainiert täglich. Deshalb hat der Zahlenmensch seinen Alltag optimiert. „Fernsehen und Internet habe ich auf das Minimum reduziert, das kostet nur Zeit“, erzählt der 38-Jährige. Die verbringt er lieber mit seiner Frau, die hinter seiner Passion steht.
Lux mag den Kampf mit sich, den Mix aus Naturerlebnis, körperlicher Grenzerfahrung und sportlichem Erfolg. Immer wieder sucht er neue Herausforderungen. In Kürze bricht er zum „Gobi 100k International Race“auf, das am Samstag stattfindet. Zum Abschluss seines Trainingszykluses absolvierte er jüngst den Pfalztrail über 85,6 Kilometer und 2440 Höhenmeter, den er in 7:53 Stunden gewann.
Der Gobi-trail, ein Einladungslauf, führt 100 Kilometer durch die Wüste Gobi. Die sechstgrößte Wüste der Welt liegt in Zentralasien. Die Veranstalter kontaktierten ihn, zahlen ihm den Flug und das Hotel. Auf einer 50 Kilometerschleife durchqueren die Läufer die Wüste. An Verpflegungsständen können sich die Ausdauersportler versorgen, gerade auf dieser langen Distanz ist trinken extrem wichtig.
Trotzdem bleibt es ein Abenteuer. Angst vor der Wüste oder den Temperaturen hat Lux nicht: „Die Wüste ist sicherer als die Berge. Falls etwas passiert, sind die Helfer viel schneller bei den Läufern als beispielsweise in den Alpen. Und die Temperaturen sind eher kühl.“
Für den Trip nach Jiuquan in der Provinz Gansu hat der Gögginger vier Tage Urlaub genommen. Zwei Tage zur Anreise und zur Erholung vom Reisestress, einen zum Laufen. Danach geht es zurück nach Darmstadt. Seine Frau leistet sich im Gegenzug ein Yoga-wochenende auf Mallorca.
Nicht nur die Wüste reizt Lux. Er liebt die unterschiedlichen Landschaften, die er während dem Laufen zu sehen bekommt. Sei es beim Eiger Utratrail in der Schweiz, auf dem Jakobsweg oder in den bayerischen Alpen. „Das entschädigt für die Strapazen, die man auf sich nimmt“, sagt Lux. Die sind beträchtlich. Nach einem 100-Kilometer-lauf benötigt sein Körper rund vier bis sechs Wochen Regeneration.
Lux hat noch viele Kilometer vor sich. Sein größtes sportliches Ziel ist die Teilnahme an der EM im 100 Kilometer Straßenlauf und die Qualifikation für die 24-Stunden-nationalmannschaft. Seine Wurzeln vergisst der 38-Jährige dabei nicht. Regelmäßig besucht er seine Familie und Verwandte in Augsburg, Rennen bestreitet er für die TG Viktoria Augsburg. Zu einem anderen Verein zu wechseln, komme nicht in Frage, meint Lux. „Wenn ich das Trikot der TG Viktoria trage, vergesse ich nicht, wo ich herkomme. Auch nicht in der Wüste Gobi.“