Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Simons bewegende Rückkehr

FCA Der verunglück­te Fan verfolgte zum ersten Mal wieder ein Spiel seines Vereins im Stadion. Wie die Ultras ihm dabei zur Seite standen

- VON ROBERT GÖTZ Foto: Krieger

Es war ein langer Kampf von Simon, den der 19-Jährige am vergangene­n Samstag gewonnen hat. Sein Klub, der FC Augsburg, hatte zwar gegen den FSV Mainz 05 1:3 verloren, doch der FCA-FAN war dennoch ein Sieger. Denn fast genau ein Jahr nach seinem schweren Unfall kehrte Simon in seine zweite Heimat, die Nordkurve in der Wwk-arena, zurück, um wieder ein Spiel seines FC Augsburg live zu verfolgen.

Im September 2015 war der damals 18-Jährige als Beifahrer zusammen mit vier Freunden bei der Rückfahrt vom Auswärtssp­iel bei Borussia Mönchengla­dbach mit dem Auto schwer verunglück­t. Zwei Insassen starben, zwei Mitfahrer wurden relativ leicht verletzt. Simon er- litt schwere Gehirnverl­etzungen und kämpft seitdem um die Rückkehr in ein normales Leben.

Seit rund einem halben Jahr wird Simon in Burgau (Kreis Günzburg) in einer Spezialkli­nik für Hirngeschä­digte behandelt. Und macht dabei kontinuier­lich Fortschrit­te. Die Ärzte hatten kurz nach dem Unfall gemutmaßt, dass Simon womöglich ein schwerer Pflegefall bleiben könnte. Doch Simon überrascht alle. Er lernt langsam wieder zu reden, selbststän­dig zu essen, zu lesen, zu rechnen.

Auch den Besuch im Stadion hatte ihm zu diesem Zeitpunkt kein Experte zugetraut. Nur seine Mutter und seine engsten Vertrauten wollten ihm diesen großen Wunsch unbedingt ermögliche­n. „Ich stand unheimlich unter Strom. Wie verkraf- tet Simon das alles? War es die richtige Entscheidu­ng?“, berichtet Marion Schönle ein paar Tage später. Jetzt weiß sie: „Ja, sie war es.“

In einem Krankenwag­en liegend wurde Simon bis ins Stadion gefahren, dann in einen Spezialrol­lstuhl gesetzt. Als Simon dann im M-block auftauchte, stimmten die Fca-ultras ihr Lied „Kämpfen, Simon, kämpfen“an und rollten das Spruchband „Immer weiter kämpfen Simon – Wir stehen hinter dir!“aus. Seit seinem Unfall kümmern sich einige Ultras intensiv um Simon. Mutter Marion Schönle erzählt: „Er ist im M-block aufgeblüht, hat die Faust zu den Gesängen gehoben und so gut wie es ging mitgesunge­n.“Auch die Mainzer Fans, die seit einem Zaunfahnen­klau in Augsburg nicht gut gelitten sind, präsentier­ten einen Banner „Kämpfen und siegen Simon“.

Das Spiel verfolgte Simon, eingehüllt in einer roten Fca-decke, im Rollstuhlf­ahrerberei­ch der Arena. Dass sein FC Augsburg an diesem regnerisch­en Tag 1:3 verloren hat, war ihm diesmal nicht so wichtig. „Er hatte den Kopf mehr bei seinen Jungs als auf dem Spielfeld“, sagt Marion Schönle. Ohne die Unterstütz­ung der Fca-ultras und seiner Freunde, die ihn immer wieder motivieren, wäre Simon längst nicht so weit. Da ist sich Schönle sicher.

Für die Mutter war der Stadionbes­uch ein ganz wichtiger Etappensie­g auf dem langen Weg zurück in die Normalität, den Simon noch zurücklege­n muss. „Es war für ihn sehr anstrengen­d“, sagt Marion Schönle. Als Simon nach dem Abendessen im Bett war, habe er bloß noch „Gott sei Dank“gesagt. Aber die 90 Minuten im Stadion würden ihm einen neuen Schub geben, berichtet Schönle. „Er hat jetzt die ersten Sprossen auf einer Leiter überwunden, bei der niemand weiß, wo sie enden wird.“

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Auch die Mainzer Fans sendeten beim Spiel in Augsburg ihre Grüße an Simon, der an diesem Tag zum ersten Mal seit seinem Unfall wieder im Stadion war.

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