Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Puck tanzt am Eiskanal
Tanz Ballettdirektor Robert Conn verwirklicht ein lange geplantes Projekt: einen Kalender mit Motiven großer Bühnenklassiker. Aufgenommen sind die Bilder an speziellen Orten in Augsburg
Die allerneueste Produktion des Balletts Augsburg ist auf keiner Bühne zu erleben. Jeder kann sie sich nach Hause holen. In seiner zehnten Spielzeit am Theater Augsburg hat Ballettdirektor Robert Conn ein lange gehegtes Projekt verwirklicht: einen Foto-kalender des Balletts Augsburg.
In Kompanien wie der Stuttgarter oder der Düsseldorfer ist es längst Brauch, einen Kalender mit Fotografien aus Bühnenproduktionen oder aus dem Probensaal zu veröffentlichen. Conn wollte andere Wege beschreiten. „Es sollte ein hochwertiges Kunstwerk sein, das durch andere Künste inspiriert und gleichzeitig verwurzelt in der Stadt Augsburg ist“, erklärt er seine Überlegungen. Zusammen mit dem Theaterfotografen Nik Schölzel und einem großen Team aus Maskenbildnern, Dramaturgen, der Kostümbildnerin Claudia Keller und dem Location-scout Benedikt Frommer hat er nun mehrere Jahre daran gearbeitet.
Der Kalender, der den Titel „Kunstwerk Tanz“trägt, zeigt auf zwölf Blättern Motive und Szenen, die aus klassischen Bühnenwerken stammten. Dargestellt sind sie von den Tänzern des Augsburger Balletts. Die Bilder leben von der außergewöhnlichen Inszenierung und vom Überraschungseffekt, bekannte Orte der Stadt auch buchstäblich in einem ganz anderen Licht zu sehen. „Das kenn ich doch“, sagt man sich, wenn man die Schneekönigin in eisiger Winterlandschaft auf einem Steg sieht oder Othello, Jago und Desdemona zwischen Renaissance-säulen. Und erst beim zweiten Blick wird man dann vielleicht den Kuhsee oder den Damenhof erkennen.
Für Fotograf Nik Schölzel war genau das der Reiz des Projektes, „Orte in Theater zu verwandeln“. Gelungen ist ihm dies etwa durch spezielle Lichteffekte, die teilweise auch am Computer nachbearbeitet wurden. Hier ein Schatten hervorgehoben, dort die Farbe etwas verstärkt, so sind plastische Szenen entstanden wie der „Sandmann“im Hochablass. Bei manchen Bildern sind es aber auch mehrere Motive, die später in der Bildbearbeitung zusammenmontiert wurden. Etwa beim „Sommernachtstraum“gibt es drei verschiedene Aufnahmen: die Rasentreppen am Eiskanal, der illuminierte Tanz der Elfen und im Vordergrund Puck, der mit einer Blume tanzt.
Manchmal musste für die Bilder improvisiert werden. „Im Festsaal des Schaezlerpalais hätten wir natürlich nie eine Schaukel für Papagena an der kostbaren Decke anbringen dürfen, da mussten wir uns schon anderweitig behelfen“, erzählt Schölzel. Wie aber kommt nun Papagena unter die Kuppel des Festsaals? Des Rätsels Lösung ist ein Gerüst, an dem die Schaukel befes- tigt wurde. Auch hier waren zwei Fotoshootings nötig, einmal mit und einmal ohne Gerüst. Die Schwierigkeit sei aber gewesen, erinnert sich Nik Schölzel, dass das Shooting bei laufendem Betrieb im Schaezlerpalais stattgefunden habe. „Da wurden wir dann selbst zu Motiven der Museumsbesucher. Durch deren Blitzlichter wurden aber unsere Aufnahmen gestört.“
Auf den Bildern ist davon nichts zu sehen, sie wirken perfekt inszeniert in den Posen, den aufwendigen Kostümen und der passenden Maske zu jeder Rolle. Auf der Rückseite der Blätter gibt es Angaben zum dargestellten Werk, zum Aufnahmeort, zu den beteiligten Tänzern und manche Anekdote zum „Making of“. Zum Kalender werden die Kunstwerke, die selbst frei von Tagesund Monatsangaben sind, durch eine Leiste aus gebürstetem Metall mit einer Zahlenreihe. Das hat den Vorteil, dass das Werk ein immerwährender Kalender ist. Für die meisten Ballettfreunde dürfte die Datumsangabe aber zweitrangig sein.
Der Kalender