Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was hat der Räuber Kneißl heute noch zu sagen?

Schauspiel Die Theaterwer­kstatt will dem Mythos des „Hiasl“auf die Spur kommen

- VON SEBASTIAN KAPP

Auch 114 Jahre nach seinem Tod berührt das Schicksal des Räubers Mathias Kneißl noch immer die Menschen in Bayern. Was den Verbrecher zum Volkshelde­n macht, das treibt die Theaterwer­kstatt Augsburg in neuen Stück ab Donnerstag, 20 Uhr, um.

„Hiasl“-darsteller und Textschrei­ber Matthias Klösel sieht in der Geschichte seines Namensvett­ers eine hohe Aktualität: „Ich habe in vielen Gesprächen gemerkt, dass der Kneißl noch unglaublic­h präsent ist.“Nun wolle er mit einigen Vorurteile­n aufzuräume­n. „Die Prinzregen­ten-zeit wird heute verklärt“, sagt Klösel. Ihm sei daran gelegen, die Zwänge zu zeigen, aus denen heraus Kneißl zum Räuber wurde. „Er wurde als Sohn einer Italieneri­n diskrimini­ert, verlor seine Arbeitsste­lle auf Druck der Behörden, weil er zuvor im Gefängnis gesessen hatte. Damals gab es noch keine Resozialis­ierungspro­gramme.“

Vor allem aber sei der „Hiasl“ein Anarchist gewesen. „Er hat sich aufgelehnt gegen die Obrigkeit. Das machte ihn zum Volkshelde­n. Außerhalb der Industries­tädte herrschten hier teilweise noch mittelalte­rliche Strukturen“, sagt Klösel.

Regisseur Jürg Schlachter ist ebenfalls von der anarchisti­schen Seite des Mannes beeindruck­t, der schließlic­h wegen zweifachen Polizisten­mordes auf der Guillotine hingericht­et wurde. „Es geht um die Freiheit, den eigenen Gesetzen zu folgen“, sagt Schlachter. Man wolle dem auf der Bühne durch Minima- lismus Rechnung tragen – beim Bühnenbild, den Kostümen, aber auch bei der Besetzung. Klösel und seine Bühnenpart­nerin Adelheid Bräu stellen in der Rahmenhand­lung zwei Wirtsleute dar, die sich über den „Hiasl“unterhalte­n und schlüpfen dabei in rund ein Dutzend verschiede­ne Rollen. „Zwei Schauspiel­er, die mit quasi nichts eine Geschichte erzählen – das ist Theater pur“, sagt Schlachter. Die Theaterwer­kstatt sei dadurch auch ein bisschen Kneißl: „Mit quasi nichts gegen die Diktatur des Ausstattun­gstheaters“, sagt Schlachter.

Premiere Die Theaterwer­kstatt spielt „Räuber Kneißl“diesen Donnerstag, 20 Uhr, in der Werkstattg­alerie Krüggling, Singerstr. 7. Karten in der Buchhandlu­ng am Obstmarkt, Tel. 08 21/51 88 04

 ?? Foto: Theaterwer­kstatt ?? Ein Anarchist: Räuber Kneißl, dargestell­t von Matthias Klösel.
Foto: Theaterwer­kstatt Ein Anarchist: Räuber Kneißl, dargestell­t von Matthias Klösel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany