Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Was hat der Räuber Kneißl heute noch zu sagen?
Schauspiel Die Theaterwerkstatt will dem Mythos des „Hiasl“auf die Spur kommen
Auch 114 Jahre nach seinem Tod berührt das Schicksal des Räubers Mathias Kneißl noch immer die Menschen in Bayern. Was den Verbrecher zum Volkshelden macht, das treibt die Theaterwerkstatt Augsburg in neuen Stück ab Donnerstag, 20 Uhr, um.
„Hiasl“-darsteller und Textschreiber Matthias Klösel sieht in der Geschichte seines Namensvetters eine hohe Aktualität: „Ich habe in vielen Gesprächen gemerkt, dass der Kneißl noch unglaublich präsent ist.“Nun wolle er mit einigen Vorurteilen aufzuräumen. „Die Prinzregenten-zeit wird heute verklärt“, sagt Klösel. Ihm sei daran gelegen, die Zwänge zu zeigen, aus denen heraus Kneißl zum Räuber wurde. „Er wurde als Sohn einer Italienerin diskriminiert, verlor seine Arbeitsstelle auf Druck der Behörden, weil er zuvor im Gefängnis gesessen hatte. Damals gab es noch keine Resozialisierungsprogramme.“
Vor allem aber sei der „Hiasl“ein Anarchist gewesen. „Er hat sich aufgelehnt gegen die Obrigkeit. Das machte ihn zum Volkshelden. Außerhalb der Industriestädte herrschten hier teilweise noch mittelalterliche Strukturen“, sagt Klösel.
Regisseur Jürg Schlachter ist ebenfalls von der anarchistischen Seite des Mannes beeindruckt, der schließlich wegen zweifachen Polizistenmordes auf der Guillotine hingerichtet wurde. „Es geht um die Freiheit, den eigenen Gesetzen zu folgen“, sagt Schlachter. Man wolle dem auf der Bühne durch Minima- lismus Rechnung tragen – beim Bühnenbild, den Kostümen, aber auch bei der Besetzung. Klösel und seine Bühnenpartnerin Adelheid Bräu stellen in der Rahmenhandlung zwei Wirtsleute dar, die sich über den „Hiasl“unterhalten und schlüpfen dabei in rund ein Dutzend verschiedene Rollen. „Zwei Schauspieler, die mit quasi nichts eine Geschichte erzählen – das ist Theater pur“, sagt Schlachter. Die Theaterwerkstatt sei dadurch auch ein bisschen Kneißl: „Mit quasi nichts gegen die Diktatur des Ausstattungstheaters“, sagt Schlachter.
Premiere Die Theaterwerkstatt spielt „Räuber Kneißl“diesen Donnerstag, 20 Uhr, in der Werkstattgalerie Krüggling, Singerstr. 7. Karten in der Buchhandlung am Obstmarkt, Tel. 08 21/51 88 04