Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Richter stärken die Rechte der Autokäufer
Handel Zwei Fälle, einer davon spielt im Allgäu, zeigen: Verantwortung der Verkäufer ist groß
Karlsruhe Steht die Sicherheit des Fahrers auf dem Spiel, muss der Autoverkäufer alles tun, um auch ein nur gelegentlich auftretendes Problem zu finden und zu beheben. Andernfalls kann der Käufer den Wagen ohne jede Frist zurückgeben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch entschieden. Auch mit einem zweiten Urteil stärkten die Karlsruher Richter dem Kunden den Rücken: Demnach dürfen Käufer eines Neuwagens selbst bei einem sehr kleinen Mangel wie einem Lackschaden die Annahme und Bezahlung verweigern.
In dem ersten Fall hatte sich bei einem gebrauchten Volvo kurze Zeit nach dem Kauf mehrfach das Kupplungspedal verklemmt. Bei einer Probefahrt des Verkäufers schien dann aber alles in Ordnung zu sein. Er schickte den Kunden deshalb mit dem Auto wieder nach Hause – er solle erneut kommen, falls das Problem noch einmal auftauche. Das sei bei einem solchen Mangel nicht zumutbar, entschieden die Richter. Allein die Ablenkung durch ein verklemmtes Pedal steigere das Unfallrisiko erheblich. Dem Urteil zufolge hätte der Händler der Sache auf den Grund gehen müssen – auch wenn dafür aufwendige Untersuchungen oder Ausbauten nötig seien. Tatsächlich
Wenn ein Mangel am Auto auftritt
Nachweis wichtig Ob Kupplungsprobleme oder eine defekte Klimaanlage: Mängel am Auto müssen Käufer beim Reklamieren belegen können. Tritt ein Mangel nur sporadisch auf, sei der Nachweis schwierig, sagt Daniela Mielchen von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Den Mangel zu dokumentieren, macht daher Sinn. Das geht mit Fotos, Videos, Zeugenaussagen oder einem ausführlichen Gutachten, zählt Mielchen Möglichkeiten auf. Die Fachanwältin schränkt aber ein: „Welches Beweismittel ein Gericht als ausreichend erachtet, hängt vom Einzelfall ab.“
Was gilt bei Gebrauchtwagen als Mangel? Die Grenze ist nicht leicht zu ziehen. Denn, je nach Alter und Laufleistung, ist mit einem gewissen Verschleiß zu rechnen – etwa in hatte ein Sachverständiger mit erheblichem Aufwand schließlich die Fehlerquelle entdeckt. Die Behebung des Problems kostete am Ende nur knapp 450 Euro. Trotzdem ist der Mangel aus Sicht der Richter nicht unerheblich: Solange die Ursache nicht feststehe, zähle nur die beeinträchtigte Funktion (Az.: VIII ZR 240/15).
Im zweiten Fall hatte der Käufer für rund 21500 Euro einen neuen Fiat bestellt. Als ihm der Importwagen wie vereinbart nach Hause geliefert wurde, hatte er in der Fahrertür eine kleine Delle. Der Händler bot nur einen Nachlass um 300 Euro an, obwohl eine Werkstatt die Reparaturkosten auf über 500 Euro schätzte. Darauf ließ sich der Käufer nicht ein: Er lehnte die Annahme des Autos ab und wollte es nicht bezahlen. Nach einigem Hin und Her musste der Verkäufer den Fiat aus Wangen im Allgäu zurück zu sich nach Oberbayern holen, ausbessern und ein zweites Mal ausliefern lassen. Auf den Kosten dafür bleibt er nun sitzen. Die Karlsruher Richter entschieden, dass der Händler die Reparatur „in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko“zu veranlassen hat. Das ergebe sich aus den gesetzlichen Verkäuferpflichten (Az.: VIII ZR 211/15). Form einer abgenutzten Kupplung oder von verschlissenen Polstern. Das sei kein Mangel. Alles, was darüber hinausgeht, schon, erklärt Mielchen. Im Detail sei dies vom konkreten Fall abhängig und eher eine technische als juristische Frage. Allerdings: Wer Mängel beim Kauf bereits kennt, kann sie später nicht reklamieren.
Gebrauchtwagengarantie Nach der Übergabe des Autos gilt gesetzlich eine zweijährige Sachmängelhaftung für den Gebrauchtwagenhändler, die auf höchstens ein Jahr verkürzt werden kann. Das Problem: Fällt Käufern der Mangel erst nach mehr als sechs Monaten auf, wird es schwieriger, diesen geltend zu machen. Dann müsse der Kunde beweisen, dass der Wagen schon beim Kauf mangelhaft war, so Mielchen. Eine Gebrauchtwagengarantie biete Sicherheit. (dpa)