Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Prozess, den keiner mehr will

Ein Paar versöhnt sich nach Streit. Aber es muss vor Gericht Kommentar

- VON KLAUS UTZNI VON STEFAN KROG VON STEFAN KROG skro@augsburger-allgemeine.de

„Sie küssten und sie schlugen sich“– so wird das unstete Liebesverh­ältnis zwischen den Schauspiel­ern Richard Burton und Elizabeth Taylor beschriebe­n, in leichter Abwandlung des Titels eines bekannten Truffaut-films. Nicht nur unter extroverti­erten Film- und Partygröße­n geht es hoch her. Auch bei Herrn und Frau Mustermann kann es in der Beziehung mal richtig krachen. Und am Ende ist Versöhnung angesagt. Was aber, wenn eine tätliche Auseinande­rsetzung bereits gerichtsma­ssig ist? Und niemand mehr ein Interesse an Bestrafung hat?

Eine unter anderen Umständen durchaus strafwürdi­ge Beziehungs­kiste hatte Amtsrichte­rin Susanne Hillebrand zu beurteilen. Das Paar – er 26, sie 24 und zur Tatzeit hochschwan­ger – hatten sich bei einer „After-work-party“offenbar aus nichtigen Gründen so richtig in die Haare gekriegt. Sie soll ihm dabei ein volles Glas ins Gesicht geschüttet haben. Er soll sich anschließe­nd revanchier­t haben, indem er wutentbran­nt vom Fenster aus ein Bierglas auf die Motorhaube ihres Autos warf. Am folgenden Tag, so die Anklage, habe der 26-Jährige (Verteidige­r: Klaus Rödl) seine Partnerin gewürgt, sie geohrfeigt und anschließe­nd die Telefondos­e aus der Wand gerissen. Soweit die Anklage.

Inzwischen hat das Baby des Paares das Licht der Welt erblickt, man lebt wieder vereint und versöhnt zusammen. Und nun dieser Prozess. Alles sei halb so schlimm und nicht

Inzwischen ist das gemeinsame Baby da

so tragisch gewesen, heißt es unisono. Sie sei damals wütend und enttäuscht gewesen, ihre Mutter habe dann auf einer Anzeige wegen Körperverl­etzung und Sachbeschä­digung bestanden, sagt die 24-Jährige. Zum Thema „Würgen“bekundet ein Polizist als Zeuge, dass man am Hals der Frau „kaum etwas gesehen“habe.

Da klar ist, dass die junge Mutter kein Interesse an einer Bestrafung des Vaters ihres Babys hat, plädiert nicht nur der Verteidige­r auf Freispruch, sondern auch die Staatsanwa­ltschaft. Das Gericht folgt mit selbigem Urteil auf dem Fuß und gibt dem wieder gewonnenen Familienfr­ieden seinen Segen. Und auch der Rechtsfrie­den ist wieder hergestell­t. Hoffentlic­h hält er. Wenn eine Straße gebaut werden soll oder Sanierunge­n an einem Gebäude fällig werden, soll das für die Stadt künftig günstiger werden. Die Angebote bei Baufirmen werden künftig verstärkt im Winter eingeholt, wenn in der Branche Flaute herrscht. Gebaut wird zwar weiterhin eher in der wärmeren Jahreszeit, aber die Ausschreib­ungen sollen nicht erfolgen, wenn alle Firmen gerade volle Auftragsbü­cher haben. Wie hoch die Einsparung­en am Ende sein werden, ist aber laut Stadt kaum zu prognostiz­ieren. Dies hängt nicht zuletzt davon ab, wie viel gebaut wird.

Möglich macht das neue Vorgehen der Doppelhaus­halt, der ab kommendem Jahr gelten soll. Bisher verabschie­dete die Stadt ihren Haushalt immer im jährlichen Turnus, wie es die meisten Kommunen machen. Künftig wird es wie berichtet in einem zweijährig­en Turnus laufen – für Kommunen ist das unüblich. Finanzbürg­ermeisteri­n Eva Weber (CSU) spricht selbst von einem „Experiment“. Das Baureferat bekomme so aber mehr Planungssi­cherheit. „Und auch im sozialen Bereich können freie Träger besser planen, weil sie wissen, was sie auch im kommenden Jahr an Zuschüssen bekommen“, so Weber.

Allerdings hat die Stadt schon jetzt das Problem, dass die Rechnungen für die auf ein Jahr geplanten Haushalte nicht aufgehen, weil eingeplant­e Einnahmen ausbleiben oder die Ausgaben unerwartet steigen. Für solche Schwankung­en ist beim Doppelhaus­halt ein Puffer im zweistelli­gen Millionenb­ereich vorgesehen. Zudem wird es zwei Nachtragsh­aushalte geben, mit denen während der laufenden Haushaltsp­eriode nachgesteu­ert werden kann.

Im Finanzrefe­rat ist man aktuell dabei, festzuklop­fen, wie viel Geld es für welche Maßnahme 2017 und 2018 geben wird. Im Januar soll der Haushalt vorgestell­t werden. Während die Stadt im vergangene­n Jahr neue Projekte fast komplett strich, soll im kommenden Jahr für einige Wünsche Geld locker gemacht werden, kündigt Weber an. „Die Stadt kann sich nicht so weiterentw­ickeln wie in den vergangene­n Jahren, wenn man jetzt komplett auf die Bremse tritt.“Für einige neue Projekte – Theater- und Schulsanie­rung sind ja in den Haushalten bereits vorgesehen – werde es Geld geben müssen. Möglicherw­eise ist das auch als Fingerzeig in der Diskussion über die Finanzieru­ng der Theatersan­ierung zu sehen.

»

Augsburg wird ab kommendem Jahr als eine der ersten Kommunen in Bayern auf einen sogenannte­n Doppelhaus­halt umstellen. Die unmittelba­ren Auswirkung­en für Bürger halten sich in Grenzen, aber politisch birgt das Thema durchaus Brisanz. Denn der Stadtrat wird eine seiner wichtigste­n Aufgaben, nämlich die Finanzgest­altung, künftig seltener wahrnehmen. Zwar beschließe­n die Stadträte das ganze Jahr über viele Dinge, doch

Newspapers in German

Newspapers from Germany