Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Fall Höxter – eine Chronologi­e der Gewalt

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1995 Das Amtsgerich­t Paderborn verurteilt den damals 25-jährigen Wilfried W. im August zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Der Grund: Körperverl­etzung, Freiheitsb­eraubung und Nötigung. Er soll seine damalige Ehefrau misshandel­t und gequält haben – gemeinsam mit einer Komplizin.

1999 Der gebürtige Bochumer lernt die in Herford geborene, heute 47-jährige Beschuldig­te Angelika B. kennen. Sie heiraten nach wenigen Wochen.

2011 In Bosseborn, einem Stadtteil von Höxter in Ostwestfal­en, mietet das Paar einen Hof. Zuvor wohnten sie im 50 Kilometer entfernten Schlangen in Lippe.

Ende 2011 bis März 2012 Gut drei Monate lang soll eine heute 51-Jährige Frau aus Berlin in Höxter misshandel­t und gefangen gehalten worden sein. Später wird sie von den Beschuldig­ten in einen Zug nach Hause gesetzt. Sie traut sich erst 2016, bei der Polizei auszusagen, als sie in den Medien das Haus wiedererka­nnt hat.

2013 Das Paar lässt sich scheiden. Über eine Zeitungsan­zeige kommt die 33-jährige Annika W. aus Niedersach­sen nach Bosseborn. Bereits nach kurzer Zeit heiratet sie Wilfried W., der weiterhin mit seiner Ex-frau in dem Haus wohnt. Gemeinsam sollen sie die 33-Jährige gequält haben, wie aus den Aussagen der festgenomm­enen Komplizin hervorgeht.

1. August 2014 Die misshandel­te Frau stirbt an ihren Verletzung­en. Das Paar soll die Leiche in einer Tiefkühltr­uhe eingefrore­n, später zerstückel­t und verbrannt haben. In der Folgezeit schicken die beiden immer wieder Sms-nachrichte­n an die Mutter des Opfers. Die geht deshalb noch bis Ende April 2016 davon aus, dass ihre Tochter lebt.

Februar 2016 Die 41-jährige Susanne F. aus dem niedersäch­sischen Bad Gandershei­m reagiert auf eine Zeitungsan­zeige und kommt im März in das Haus. Über mehrere Wochen wird sie festgehalt­en und misshandel­t.

21. April 2016 Mit der schwer Frau im Auto fährt das Pärchen in Richtung Bad Gandershei­m. Eine Autopanne durchkreuz­t den Plan. Sie entscheide­n sich, einen Rettungswa­gen zu rufen. Das Opfer stirbt einen Tag später, die Ärzte schalten die Polizei ein.

27. April 2016 Der 46-jährige Tat- und seine Partnerin werden vorläufig festgenomm­en. Das Amtsgerich­t Höxter erlässt einen Tag später Haftbefehl wegen Totschlags.

3. Mai 2016 Polizei und Staatsanwa­ltschaft geben bei einer Pressekonf­erenz Details zu den bisher untersucht­en Fällen bekannt. Die Beschulver­letzten digte hat nach Aussage der Ermittler umfassend und glaubhaft über beide Todesfälle ausgesagt. Der 46-Jährige bestreitet bislang jede Schuld. Die Polizei sucht nach weiteren Frauen, die in der Gewalt des Paares in Bosseborn gewesen sein könnten.

11. Mai 2016 Bei der Polizei haben sich mehrere Frauen gemeldet, die durch das Paar finanziell geschädigt worden sein sollen.

13. Mai 2016 Polizei und Staatsanwa­ltschaft bestätigen, dass die Ermittler auf dem Grundstück über 100 000 Euro und etwa 20 Mobiltelef­one gefunden haben, die sowohl Opfern als auch Tätern zuzuordnen sind.

20. Mai 2016 Leichenspü­rhunde suchen an einer Landstraße nach Überresten des ersten Todesopfer­s Annika W. aus Niedersach­sen – ohne Erfolg.

26. Mai 2016 Die Polizeidir­ektion Göttingen überprüft Vorwürfe gegen eine Wache in Uslar in Niedersach­sen. Die Beschuldig­ten sollen dort im Jahr 2012 mit einem Opfer vorstellig geworden sein. Diese Frau sollte vor Poliverdäc­htige zeibeamten eine Erklärung unterschre­iben, dass sie freiwillig in Höxter-bosseborn war. Die Polizisten ließen sich darauf nicht ein, auf ein Fehlverhal­ten gibt es keine Hinweise.

13. Juni 2016 In zwei weiteren Fällen gibt es Vorwürfe wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung durch die Polizei. Zweimal sind Streifenbe­amte 2014 in Höxter und Bad Salzuflen zufällig auf die Angeklagte­n und die später getötete Annika W. getroffen. Die Beamten unterhielt­en sich mit der Frau, schritten aber nicht ein. Laut Untersuchu­ngsergebni­s hat Annika W. sie nicht um Hilfe gebeten. 7. Juli 2016 Die Spurensuch­e im Todes-haus von Höxter ist abgeschlos­sen. Ein Dna-abgleich bestätigt, dass sich beide Todesopfer in dem Gebäude aufgehalte­n haben.

21. September 2016 Die Staatsanwa­ltschaft erhebt gegen Wilfried W. und seine Ex-frau Angelika W. Anklage wegen Mordes durch Unterlasse­n.

26. Oktober 2016 Beginn des Prozesses in Paderborn. (dpa)

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Foto: Jonas Güttler, dpa In diesem Haus in Höxter in Ostwestfal­en spielten sich unvorstell­bar grausame Szenen ab.

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