Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Lohnt sich Sparen eigentlich noch?
Finanzen Wer sein Guthaben zur Bank bringt, darf nicht mit Zinsen rechnen. Denn die gibt es für klassische Anlagen schon länger nicht mehr. Trotzdem sagt ein Experte: Sparen ist sinnvoll
Johanna und ihr Bruder Lukas zeigen stolz ihre Sparschweine – in neon-pink und blau. „Die stehen immer in der Küche auf dem Regal“, erzählt Johanna stolz und in unregelmäßigen Abständen würden sie mit Futter in Form von Scheinchen und Münzen gefüttert.
Heute ist Weltspartag und das wäre für die Geschwister die perfekte Gelegenheit dafür, ihre Schweine zur Bank zu bringen und deren Inhalt dort zu deponieren – auf einem eigenen Konto. Aber Johanna will das nicht. „Ich will das Geld behalten, um mir Gummibärchen zu kaufen“, sagt die Sechsjährige bestimmt. „Aber meinst Du nicht, es wäre besser, Du würdest das Geld auf der Bank sparen?“, hakt ihr Papa nach? Johanna ist unsicher. So recht weiß sie nicht, warum sie die vielen Münzen, die so schön klimpern, wenn sie das Sparschwein schüttelt, der Bank geben soll. Sie blickt sich unsicher um und scheint sich zu fragen, was sie davon hat, wenn sie das tut.
Wie es 1924 zum Weltspartag kam
Eine Frage, die am heutigen Weltspartag nicht nur die Kinder, sondern vor allem auch die Erwachsenen beschäftigt. Denn Sparen im klassischen Sinn lohnt sich heute nicht mehr – ganz im Gegensatz zu früher. Ursprünglich war der Weltspartag ein Tag zum Feiern. 1924 trafen sich in Mailand über 350 Vertreter von Sparkassen aus 28 Ländern und verabschiedeten eine Resolution, die den 31. Oktober zum „Weltfeiertag der Sparkassen“erhob. Der Gesellschaft wurde gezeigt, dass gespartes Geld finanzielle Sicherheit schafft und zu einem höheren Lebenstandard beitragen kann. Zugleich wurden die Bürger animiert, den Banken das nötige Kapital zu liefern, um die Wirtschaft mit Krediten ankurbeln zu können. Sparen galt als Voraussetzung für Investitionen und Wirtschaftswachstum. Die Folge: Die Deutschen wurden zu richtigen Sparweltmeistern und legen auch heute noch rund ein Zehntel ihres Bruttoeinkommens auf die hohe Kante. Doch dieses Modell ist überholt.
Null-zins-politik der Europäischen Zentralbank hat ein bisher funktionierendes System komplett auf den Kopf gestellt, mit völlig irrationalen Folgen“, beschreibt Richard Fank, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Augsburg, das Szenario. Weil die Banken, wenn Sie Erspartes ihrer Kunden anlegen wollen, Zinsen dafür bezahlen müssen, können sie selbst keine Boni mehr an den Kunden weitergeben. Das Vorgehen bestrafe somit all jene, die vorausschauend an ihre Zukunft gedacht hätten. „Wie wollen wir jungen Menschen da noch Lust auf Sparen machen, wenn sie darin keinen Sinn sehen? Dabei wäre das in Zeiten, in denen der Staat vermehrt private Vorsorge fordert, so wichtig“, so Fank. Anlagen wie das klassische Sparbuch seien heute keine Alternative. Die Kreissparkasse bietet dort gerade einmal 0,001 Prozent, ebenso wie die Stadtsparkasse Augsburg. Bei der Augusta-bank eg Raiffeisen Volksbank gibt es 0,05 Prozent.
„In dieser Form lohnt Sparen derzeit nicht. Der Kunde muss mit dem Berater nach alternativen Anlageformen suchen, die erfolgsversprechend sind, aber auch mit einem höheren Risiko verbunden sein können und gegebenenfalls Zeit benötigen“, so Fank. Zu den Alternativen gehörten Bausparmodelle, Sparpläne mit Aktienfonds oder Riesterver„die träge, mit denen Immobilienwünsche oder die Altersvorsorge abgesichert werden könnten.
Für Kinder und Jugendliche allerdings Optionen, die erst einmal nicht infrage kommen. Dennoch will Fank auch diese Kunden dazu animieren, ihr Geld einer Bank anzuvertrauen. „Sparen lohnt zwar derzeit nicht, ist aber trotzdem sinnvoll. Auch für Kinder. Sie können bei Veranstaltungen wie dem Weltspartag einen Bezug zum Geld aufbauen und lernen, damit umzugehen. Wenn sie regelmäßig Geld zur Bank bringen, entwickeln sie eine Routine und lernen Sparen“, erklärt der Finanzexperte. So könnten später Anschaffungen wie ein tolles Fahrrad oder der Führerschein werden.
Fank ist zudem davon überzeugt, dass für Sparer wieder bessere Zeiten kommen werden. „Das zeigt der Blick in die Geschichte der Geldpolitik. Wann die Wende kommen wird, ist aber nicht abzusehen.“
Und bis dahin müssen die Banken bei den jungen Kundinnen und Kunden mit Altbewährtem punkten: Den kleinen Geschenken, die es immer schon am Weltspartag gab, wenn man den Inhalt seines Sparschweins zur Filiale vor Ort gebracht hat. Das hat letztlich auch Johanna überzeugt, die heute doch zu ihrer Bank will – mit den knapp 50 Euro aus ihrem Sparschwein. finanziert