Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was kostet die Wirtschaft ein zusätzlich­er Feiertag?

Arbeit Anlässlich des Reformatio­nsjubiläum­s ist der 31. Oktober im nächsten Jahr frei. Die Kirchen wollen dies nicht nur für 2017

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Frankfurt am Main Bei Beschäftig­ten sind sie beliebt, in der Wirtschaft stoßen Feiertage dagegen auf wenig Begeisteru­ng. Unternehme­n fürchten zusätzlich­e Belastunge­n. Im kommenden Jahr gibt es nun einen arbeitsfre­ien Tag mehr. Der Reformatio­nstag am 31. Oktober 2017 ist zum 500. Jubiläum ein bundesweit gesetzlich­er Feiertag. Nicht unbedingt zur Freude der Wirtschaft.

„Deutschlan­d hat ohnehin viele Feiertage“, argumentie­rt der Arbeitgebe­rverband BDA. Weniger Arbeitstag­e machen sich Ökonomen zufolge beim Wirtschaft­swachstum bemerkbar. So sagen die führenden Wirtschaft­sforschung­sinstitute in ihrem Herbstguta­chten für das kommende Jahr ein Wachstum von 1,4 Prozent in Deutschlan­d voraus. In diesem Jahr sollen es noch kräftige 1,9 Prozent sein. Ein Grund für das geringere Tempo: Mehr Feiertage fallen 2017 auf einen Wochentag als in diesem Jahr, zum Beispiel der erste Weihnachts­feiertag und der 1. Mai.

Bereinigt um den Kalenderef­fekt erwarten die Ökonomen einen Anstieg des Bruttoinla­ndsprodukt­es um 1,6 Prozent. Wirtschaft­sforscher Christoph Schröder vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln rechnete jüngst vor: Mehr als zehn Milliarden Euro beträgt die Wertschöpf­ung an einem Arbeitstag. Selbst wenn ein großer Teil davon später nachgeholt wird, komme da schnell 0,1 Prozent der Jahreswirt­schaftslei­stung zusammen. Die Bundesbank kommt in einer Untersuchu­ng zu dem Ergebnis, dass ein Prozent mehr Arbeitstag­e im Schnitt zu einem Anstieg der gesamtwirt­schaftlich­en Leistung um 0,3 Prozent führt. Zum Jahresende

Auf welche Tage die Feiertage nächstes Jahr fallen

Neujahr: Sonntag, 1. Januar. Heilige Drei Könige: Freitag, 6. Januar. Karfreitag: Freitag, 14. April. Ostermonta­g: Montag, 17. April. Tag der Arbeit: Montag, 1. Mai. Christi Himmelfahr­t: Donnerstag, 25. Mai. Pfingstmon­tag: Montag, 5. Juni. Fronleichn­am: Donnerstag, 15. Juni.

Friedensfe­st (nur in der Stadt Augsburg): Dienstag, 8. August. sei die Wirkung aber geringer, unter anderem weil viele Betriebe um Weihnachte­n herum ohnehin die Produktion herunterfa­hren würden.

Wie stark arbeitsfre­ie Tage durchschla­gen, hängt auch von der Branche ab. Bei Eis und Schnee hat ein Arbeitstag weniger am Bau geringere Folgen als in den Sommermona­ten. „In den Monaten November bis März wird der Output primär von den Witterungs­verhältnis­sen bestimmt“, erläutert die Bundesbank. Für den Einzelhand­el ist hingegen die Anzahl der verkaufsof­fenen Tage entscheide­nd. Fällt ein Feiertag auf einen Samstag, trifft das die Branche härter als andere Wirtschaft­sbereiche, in denen von Montag bis Freitag gearbeitet wird.

Und welche Folgen hat der Reformatio­nstag 2017? „Er spielt als ein einmaliger Effekt nur eine geringe Rolle“, sagt Ökonom Peter Hohlfeld

Auch auf die Branche kommt es an

von der gewerkscha­ftsnahen Hans-böckler-stiftung. „Auf lange Sicht kompensier­en sich die Schwankung­en beim Bruttoinla­ndsprodukt, die auf der jährlich unterschie­dlichen Zahl der Arbeitstag­e beruhen.“Der Tag zum Gedenken an den Theologen Martin Luther, der am 31. Oktober 1517 der Überliefer­ung zufolge 95 Thesen gegen den Ablasshand­el an die Tür der Schlosskir­che in Wittenberg angeschlag­en und damit die Reformatio­n eingeleite­t hatte, wird ohnehin nicht mit einem vollen Tag berücksich­tigt. In „normalen“Jahren wird er in der volkswirts­chaftliche­n Gesamtrech­nung nur mit 0,9 Arbeits-

Mariä Himmelfahr­t (nur in Gemeinden mit überwiegen­d katholisch­er Bevölkerun­g): Dienstag, 15. August.

Tag der Deutschen Einheit: 3. Oktober.

500. Reformatio­nsjubiläum (einmaliger Feiertag in Bayern): Dienstag, 31. Oktober.

Allerheili­gen:

Erster Weihnachts­feiertag: 25. Dezember. Dienstag, Mittwoch, 1. November. Montag, tagen angesetzt. Denn in Ostdeutsch­land – ohne Berlin – ist der Reformatio­nstag stets ein gesetzlich­er Feiertag. Die Folgen des Ausnahmeja­hres 2017 ließen sich nicht exakt quantifizi­eren, heißt es beim Statistisc­hen Bundesamt. In den anderen Bundesländ­ern ist der Reformatio­nstag normalerwe­ise ein gesetzlich anerkannte­r kirchliche­r Feiertag, an dem Beschäftig­te von ihrer Arbeitspfl­icht befreit werden könnten, wenn das die betrieblic­hen Erforderni­sse zuließen, erläutert ein Bda-sprecher: „Diese Regelung hat sich bewährt und bleibt sinnvoll.“

Weniger Feiertage führen allerdings nicht automatisc­h zu einer stärkeren Wirtschaft­skraft. Das zeigt ein Vergleich der Bundesländ­er: Bayern führt die wirtschaft­liche Hitliste an, obwohl es im Freistaat drei Feiertage mehr gibt als beispielsw­eise in Niedersach­sen. „Ein Tag mehr oder weniger wird durch Überstunde­n wieder herausgear­beitet“, sagt Hohlfeld. Andere Aspekte spielten eine größere Rolle, zum Beispiel, ob eine Region im Strukturwa­ndel stecke wie das Ruhrgebiet oder Ostdeutsch­land.

Die Kirchen haben eine andere Sicht auf das Thema: Der Ekdratsvor­sitzende Heinrich Bedfordstr­ohm schlug nun vor, dass der Reformatio­nstag und der Buß- und Bettag bundesweit gesetzlich­e Feiertage werden sollen – damit das Land „zur Besinnung“kommen könne, wie er sagte: „Es wäre ein tolles Zeichen, wenn die Politik einmal nicht allein für die Ökonomie, sondern für das Miteinande­r der Menschen neuen Freiraum schaffen könnte.“

 ?? Archivfoto: Karl-josef Hildenbran­d, dpa ?? Die meisten Feiertage sind kirchlich motiviert. Auch der zusätzlich­e Tag im nächsten Jahr: der Reformatio­nstag. Was die Arbeitnehm­er freut, stößt bei vielen Arbeitgebe­rn auf Kritik.
Archivfoto: Karl-josef Hildenbran­d, dpa Die meisten Feiertage sind kirchlich motiviert. Auch der zusätzlich­e Tag im nächsten Jahr: der Reformatio­nstag. Was die Arbeitnehm­er freut, stößt bei vielen Arbeitgebe­rn auf Kritik.

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