Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hochsaison für Einbrecher
Kriminalität Versicherer fordern den Gesetzgeber auf, den Schutz gegen Täter zu erhöhen. Neben technischen Möglichkeiten ist auch Aufklärung wichtig. Was die Elster damit zu tun hat
Augsburg „Wollt ihr die Elster noch mal flattern sehen, wa? Soll ich euch mal mitnehmen? Ins ein oder andere Häuschen führen, wie man so schön sagt.“Die besten Tage hat dieser tätowierte Herr, der im Unterhemd vor seinem Wohnwagen im Campingstuhl sitzt, schon hinter sich. Und dennoch geht „Die Elster“– so der Künstlername dieses erfundenen Profi-einbrechers in einer Youtube-kampagne – mit den Zuschauern auf Tour. Ein wenig trottelig wirkt er. Und trotzdem nützt er den Leichtsinn seiner Mitmenschen für Beutezüge aus.
Der Schauspieler Peter Trabner, der im Dresdner Tatort Gerichtsmediziner Falko Lammert ist, hat für fünf Minifolgen die Seiten gewechselt und mimt den Senior-einbrecher. Auftraggeber des insgesamt rund 15-minütigen Streifens ist die Kriminalprävention der Länder und des Bundes, die heute zum fünften Mal mit der Versicherungswirtschaft den „Tag des Einbruchschutzes“proklamiert.
Die Polizei geht mit diesen humorvollen Filmchen neue Wege, „um auch Zielgruppen zu erreichen, die in den sozialen Medien unterwegs sind“. Eine Million Menschen hätten sich bereits die Folgen im Internet angesehen, sagt eine Sprecherin.
In der realen Welt gibt es Beamte der Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen – in der Region in Augsburg, Dillingen, Kempten, Memmingen, Neu-ulm und Ingolstadt. Dort können sich Interessierte informieren, wie die eigenen vier gegen Einbrecher am besten geschützt werden können. Die Experten kommen nach Terminabsprache aber auch vor Ort. Sie räumen mit Mythen auf – zum Beispiel mit jener weitverbreiteten Ansicht, dass es eh nichts nützt, für gut gesicherte Türen und Fenster Geld auszugeben. Denn wenn sich ein Einbrecher Zutritt verschaffen wollte, dann gelänge ihm das auch. Irrtum, sagen die Fachleute und untermauern das mit einer Zahl: 42,7 Prozent aller Einbrüche sind im vergangenen Jahr gescheitert – zum Beispiel, weil sich die Menschen der Gefahr bewusst sind und entsprechend Vorsorge getroffen haben.
Das eigene richtige Verhalten, eine aufmerksame Nachbarschaft und der Einbau von Sicherungstechnik sei ein erfolgversprechender
So schützen Sie sich vor Einbrechern
Das Einbruchrisiko reduzieren
Keine Experimente: Türen immer abschließen; einfaches Zuziehen reicht (vermutlich auch der Versicherung) nicht.
Schlüssel nie an Außenverstecken deponieren.
In Sicherungstechnik investieren, wie spezielle Schlösser für Fenster und Türen.
Außenbereiche bei Dunkelheit beleuchten, beispielsweise durch Lampen mit Bewegungsmeldern.
Anwesenheit signalisieren: Rollläden tagsüber hochziehen und nachts schließen.
Geprüfte und zertifizierte Alarmanlagen bieten zusätzliche Sicherheit. Dreiklang, fasst die Polizei zusammen. Umso unverständlicher ist es für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft daher, dass in Bauvorschriften die Standards zum Einbruchschutz nicht geregelt sind. In der Hauptsache machen sich Täter an Türen und Fenstern zu schaffen. Bei Neubauten in Deutschland besteht jedoch keine Pflicht, einbruchhemmende Fenster und Türen einbauen zu lassen. Mindestanforderungen, fordern die Versicherer, müssen bundesweit verbindlich geregelt sein, „um damit wirksam den Einbruchschutz zu erhöhen“.
Haben die Langfinger erst einmal zugeschlagen, ist es unwahrscheinlich, dass man ihnen auf die Schliche kommt. Profis hinterlassen kaum verwertbare Spuren. Fingerabdrüwände Einbruchschutz in der Urlaubszeit
Briefkasten von Nachbarn leeren lassen.
Licht über eine Zeitschaltuhr steuern. Alle Fenster und Türen abschließen. Keine Kletterhilfen wie Leitern oder Gartenstühle herumliegen lassen.
Wertsachen wie Schmuck, Wertpapiere oder Bargeld in einem Safe aufbewahren.
Keine Ankündigung des Urlaubs in den sozialen Medien verbreiten.
Keine „Wir sind für zwei Wochen verreist“-nachricht auf dem Anrufbeantworter.
Blicksichere Adress-kofferanhänger verwenden. cke sind ein seltener Glücksfall, da in aller Regel Handschuhe benutzt werden. Entsprechend niedrig ist die Aufklärungsquote: In Bayern lag sie 2015 bei 15,9 Prozent. Nur der Deliktsbereich Fahrraddiebstahl weist seit Jahren mit elf bis 14 Prozent eine noch geringere Quote auf.
Bayerns Innenministerium setzt auf Schwerpunktkontrollen und überhaupt eine intensivere Zusammenarbeit mit drei weiteren Bundesländern (Baden-württemberg, Hessen, Rheinland-pfalz). Außerdem wird seit etwa eineinhalb Jahren in Ballungsräumen wie München und Nürnberg die Prognosesoftware „Precobs“eingesetzt. Sie soll – „gefüttert“mit Fällen aus der Vergangenheit und den speziellen räumlichen Gegebenheiten – vorhersagen, in welchem Gebiet mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Einbruch zu rechnen ist. Die Erfahrungen, heißt es aus dem Ministerium, „sind vielversprechend“.
Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) möchte bereits seit längerem den Straftatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls reformieren. Ein Wohnungseinbruch sollte künftig generell als schweres Delikt gelten, lautet seine Forderung. „Man muss sich vor Augen führen: Ein Einbruch in die eigenen vier Wände erschüttert das Sicherheitsgefühl der Opfer ganz massiv.“
Das bestätigt der Kriminologe Christian Pfeiffer, der die Situation von Einbruchsopfern untersuchte. Besonders alleinstehende Frauen hätten nach einem Einbruch psychische Probleme: „Jede dritte überlegt sich, umzuziehen; jede fünfte tut es tatsächlich.“