Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mann schlägt Freundin aus Eifersucht tot
Verbrechen Ein 31-jähriger Arbeiter aus Polen bringt eine hirntote Frau in die Klinik in Bobingen und verschwindet. Nun steht fest, wo er die Tat begangen hat. Warum auch eine heimliche Tonaufnahme eine Rolle spielt Kommentar
Bobingen Die Diagnose ist eindeutig – und tragisch. Für die Mediziner der Wertachklinik in Bobingen steht am Dienstagabend schnell fest, dass sie das Leben einer 33-jährigen Patientin nicht mehr retten können. Sie hat massive Schädelverletzungen, der Hirntod ist eingetreten. Ein Mann hat die Frau gegen 20 Uhr in der Klinik abgeliefert. Er hat sie auf eine Trage gelegt und ist rasch wieder verschwunden. Das Krankenhaus alarmiert die Polizei. Noch in der Nacht nehmen Beamte einen 31-jährigen Polen in einer Arbeiterunterkunft im rund vier Kilometer entfernten Großaitingen fest – unter Mordverdacht. Er hat seine Freundin noch ins Krankenhaus gefahren und sich später ins Bett gelegt und einfach geschlafen.
Medizinische Geräte halten den Körper der Frau, die auch aus Polen stammt, noch bis zum Donnerstag künstlich am Leben. Dann werden die Maschinen abgeschaltet. Als der 31-Jährige das erfährt, legt er ein Geständnis ab. Das bestätigt die Polizei inzwischen offiziell. Der Mordverdächtige berichtet den Beamten nach Informationen unserer Zeitung ausführlich, was sich aus seiner Sicht an dem Dienstag abgespielt hat – und wie es dazu kam. Demnach gab es in der Beziehung zwischen ihm und seiner Freundin schon seit einiger Zeit Probleme. Er war eifersüchtig und glaubte, seine Partnerin betrüge ihn. Schon am vergangenen Wochenende kam es deshalb zum Streit. Er zog aus einer Unterkunft in Bobingen, wo auch seine Freundin wohnte, aus und kam in Großaitingen unter. Dort hatte er früher schon mal gewohnt.
Es handelt sich um ein heruntergekommenes Haus nahe der Singold. Gut ein Dutzend Angestellte einer auf Arbeiter aus Osteuropa spezialisierten Leiharbeitsfirma sind hier unter einfachsten Bedingungen untergebracht. Auch der 31-Jährige arbeitet bei dem Bobinger Unternehmen. Zerstörte Fenster an dem Haus werden mit Pappe repariert. Als Betten dienen teils Matratzen, die einfach auf dem Boden liegen. In den Toiletten stinkt es beißend nach Urin. Am Dienstag in dieser Woche kommt es hier zur Aussprache zwi- schen dem Paar. Der 31-Jährige hat seine Freundin unterwegs mit dem Auto aufgegabelt. In seinem Zimmer in der Unterkunft spielt er ihr eine Tonaufnahme vor, die er heimlich gemacht hat. Darauf ist ein Gespräch der 33-Jährigen zu hören, in dem sie offenbar einer Bekannten von einer Affäre berichtet. Der Freund ist wütend. Er will Antworten; will wissen, mit wem sie ihn betrügt. Das Paar streitet und irgendwann rastet der 31-Jährige aus. Er schlägt seine Freundin so massiv zusammen, dass sie schwerste Verletzungen erleidet. Wie es heißt, stellen die Ärzte später unter anderem mehrere Schädelfrakturen fest.
Der Arbeiter gibt im Verhör bei der Kripo zu, dass er zugeschlagen hat. Er bestreitet aber, dass er das Opfer auch mit den Füßen getreten hat. Die Ermittler sind sich offenbar nicht sicher, ob er in diesem Punkt die ganze Wahrheit sagt. Denn die Verletzungen sind massiv. Der Anblick der Leiche erschreckt auch erfahrene Polizisten. Glaubt man dem
Nachbarn klagen über die Zustände in dem Haus
Täter, dann war die Frau nach der Misshandlung aber noch bei Bewusstsein. Sie hätten sich sogar noch unterhalten, sagt er. Doch als sie dann ohnmächtig wurde, habe er sie mit dem Auto schnell in die Bobinger Klinik gefahren.
Der 31-Jährige – ein muskulöser Typ – gibt an, er habe nicht gewusst, wie schlimm es um seine Freundin steht. Er habe am anderen Tag kommen und sich nach ihrem Zustand erkundigen wollen, sagt er. Die Mordermittler der Kripo gehen davon aus, dass bei der Frau bereits der Hirntod eingetreten war, als sie in der Klinik ankam. Die Staatsanwaltschaft stuft die Tat nach derzeitigem Stand der Ermittlungen als Mord ein. Der Mann sitzt deshalb in Untersuchungshaft. Sein Verteidiger Klaus Rödl sagt: „Er übernimmt die Verantwortung und bereut das, was geschehen ist, zutiefst.“Dass es sich bei der Tat tatsächlich um einen Mord handle, stehe aus seiner Sicht aber nicht fest, so der Anwalt.
Anwohner in Großaitingen berichten indes, dass in der Nacht zum Mittwoch zahlreiche Beamte zu dem Wohnhaus kamen, in dem die Arbeiter leben. Sie hätten Spürhunde dabei gehabt, auch die Umgebung sei abgesucht worden. Die Nachbarn sehen die Zustände in der Unterkunft schon länger kritisch – sie klagen über Lärm und Schmutz. Vor allem am Wochenende würden die Leiharbeiter exzessiv trinken, sagt eine Frau. „Die saufen sich hier kaputt.“Eine Anwohnerin erinnert sich, dass im Sommer plötzlich auch zwei Frauen da waren. Sie hoffte, dass sich die Lage dadurch beruhigt. Doch geändert habe sich nichts. In der Nachbarschaft heißt es, einer der Männer sei, als er betrunken war, einer Anwohnerin sogar einmal bis in deren Wohnzimmer gefolgt.
Am Freitagmittag ist in dem Haus nur ein älterer Mann. Er schaut fern. Ja, sagt er nur, die Polizei war da. Mehr kann und will er wohl auch nicht zu der Tragödie sagen, die sich hier abgespielt hat. »Kommentar Mordfall in Großaitingen »