Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie laut darf Leben retten sein?

Lärm Immer wieder gibt es Beschwerde­n, dass der Rettungshu­bschrauber des Klinikums zu viel Krach macht. Ein Tüv-gutachten sagt aber: Der Helikopter ist leise genug. Die Stadt Neusäß will sich damit nicht zufriedeng­eben

- VON SANDRA LIERMANN

Neusäß/augsburg Immer wieder gibt es Ärger um den Rettungshu­bschrauber des Augsburger Klinikums. Denn jedes Mal, wenn der Helikopter zu einem Einsatz startet, wird es laut. Über den Lärm haben sich in der Vergangenh­eit immer wieder Neusässer Bürger beschwert, die in direkter Nähe des Klinikums leben. Ein Gutachten, das der TÜV Nord im Auftrag des Klinikums erstellt hat, sagt aber: Der Helikopter ist nicht zu laut. Klinikspre­cherin Ines Lehmann erklärte kürzlich: „Die Lärm-auswirkung­en erreichen nicht die verfassung­srechtlich­en Grenzen der Gesundheit­sgefährdun­g.“Laut Bundesverf­assungsger­icht sei ein Dauerschal­lpegel von bis zu 70 Dezibel tagsüber sowie 60 Dezibel nachts rechtlich unstrittig. 70 Dezibel, das ist etwa so laut wie ein Staubsauge­r oder Haartrockn­er.

Seit Januar 2014 hebt Christoph 40, so heißt der Rettungshe­likopter, vom Dach des Augsburger Klinikums ab. Von dort können alle wichtigen Bereiche des Krankenhau­ses, wie Schockraum, OP und Intensivst­ationen, per Aufzug direkt erreicht werden.

Das Luftamt Südbayern hat Betriebsze­iten für die mit 58 Metern höchste deutsche Luftrettun­gsbasis festgelegt. „Christoph 40 kann von 7.30 Uhr bis 30 Minuten nach Sonnenunte­rgang zu Einsätzen starten“, so Ines Lehmann. Genehmigt sind jährlich 5000 Flugbewegu­ngen. Im Jahr 2015 gab es 2534 Anund Abflüge. Im Vorjahr waren es 2264. Rund 200 Mal landete im vergangene­n Jahr ein anderer Helikopter, davon 20 Mal nachts zwischen 22 und 7 Uhr. Diese Landungen sind notwendig, wenn die Intensivst­ationen in anderen Krankenhäu­sern belegt sind.

Genehmigt wurde der Landeplatz auf dem Dach auf Grundlage eines sogenannte­n Schallausb­reitungsmo­dells, das Fluglärm rechnerisc­h prognostiz­iert. Das Tüvgutacht­en besagt nun, dass die Schallwert­e von Christoph 40 nicht nur unter der gesundheit­sgefährden­den Lärmschwel­le, sondern sogar unter den vorab prognostiz­ierten Werten liegen. Gemessen wurde in einem zweiwöchig­en Zeitraum im Mai und Juni dieses Jahres an vier Standorten im Neusässer Beethovenv­iertel. Bisher waren vor allem Klagen von den Bewohnern dieses Viertels nördlich des Klinikums gekommen.

Die Stadt Neusäß, die wegen Beschwerde­n der Anwohner auf die Untersuchu­ng gedrungen hatte, hat das Gutachten nun ihrerseits von einem Experten prüfen lassen. In der Stadtratsi­tzung am Donnerstag­abend präsentier­te Bürgermeis­ter Richard Greiner die Ergebnisse. „Unser Gutachter sagt, dass das Tüv-gutachten soweit sorgfältig erstellt wurde. Dennoch ist noch die ein oder andere Frage offen.“Diese wird die Stadt nun an das Klinikum senden und um eine Stellungna­hme bitten. Dabei geht es unter anderem um die Wahl des Messzeitra­ums und der Messorte sowie die Auswirkung von Fremdgeräu­schen auf die Ergebnisse. Auch die Bevölkerun­g hätte Fragen gestellt, zu denen sich das Klinikum ebenfalls äußern soll. Einige Bürger sind der Meinung, dass der Helikopter im Messzeitra­um eine andere Route geflogen sei.

Laut Jürgen Grieving, Pressespre­cher beim ADAC, der Christoph 40 betreibt, ist das nicht möglich. „Der Hubschraub­er muss immer gegen den Wind starten und landen“, erklärte er schon vor kurzem auf Anfrage unserer Zeitung. Dass aufgrund der Messungen oder aus Rücksicht auf Anwohner die Flugrouten geändert werden, ist ihm zufolge unvorstell­bar. „Der Helikopter nimmt den kürzesten Weg zum Einsatzort. Schließlic­h geht es darum, Menschenle­ben zu retten.“

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Foto: Marcus Merk Ist der Rettungshu­bschrauber des Klinikums zu laut? Ein Tüv-gutachten sagt: Nein. Aber die Diskussion geht trotzdem weiter.

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