Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Einfach mal keine Hektik
Lab30 Keine schlimmen Nachrichten, kein nervenzehrender Alltagsstress: Wer sich das wünscht, findet in Augsburg gerade den perfekten Ort dafür
Volkswagen baut tausende Stellen ab. In Bobingen hat ein Mann seine Freundin umgebracht. Der Rundfunkbeitrag bleibt weiter hoch. Zu all diesen Themen laufen gestern Eilmeldungen auf dem Smartphone ein. Die Anzeige für verpasste Anrufe leuchtet auch. Und auf dem Computer warten minütlich mehr ungelesene E-mails. Alles abschalten? Diese Möglichkeit kommt einem oft gar nicht erst in den Sinn.
Katrin Maier und Tobias Wendzel wollen uns deshalb anders aus Reizüberflutung und digitalem Dauerstress herausreißen. Bei ihrer interaktiven Installation „o:nyks“in der Ausstellungshalle des Augsburger Kunstlabors Lab30 projizieren die beiden Absolventen der Hochschule Augsburg nacheinander verschiedene Designs auf schwarzen Hintergrund: eine grafisch geschaffene Berglandschaft mit hunderten Sternen am Himmel, dann das Weltall und seine Planeten. Von der Hallendecke im Kulturhaus Abraxas baumelt eine Schaukel und ist fast ständig besetzt. „Als Kind fühlte man sich immer frei“, sagt Katrin Maier, die mit der Arbeit ihren Master-abschluss im Studiengang Digitale Mediensysteme erlangt hat. Dieses Gefühl sei selbstverständlich gewesen. Wer nicht darüber nachdenkt, was Freiheit ist, kann sie auch nicht vermissen. „Wir haben uns gefragt, was uns als Kinder entspannt hat. Und da sind wir auf die Schaukel gekommen.“
Wer sich auf die Schaukel setzt und Schwung nimmt, soll für einen Moment in eine zweite Welt eintauchen: die der Berge und Planeten, des schwarzen Himmels und der Sterne, die ohne Dauerreize. Das ginge in einem komplett abgedunkelten Raum zwar noch etwas besser als mit der Beleuchtung der Ausstellungshalle im Rücken, doch die Intention funktioniert trotzdem. Viele Besucher des Lab30 würden gleich mehrfach schaukeln, sagt Maier und lacht: „Sie sagen, hier bleibe ich.“
Die Menschen aus dem Alltag herauszuholen, diese Idee liegt vielen der Beiträge zum 15. Augsburger Kunstlabor zugrunde. Bei einem darf man sogar nicht mal mehr seine eigene Stimme benutzen. „Feuer hoch zwei“im Zelt gleich neben dem Abraxas soll ein kontemplatives Erlebnis sein. Die Augsburger Künstler Matthias Fischer und Eric Zwang-eriksson möchten schweigende Besucher, die in der Wärme
Augsburger Kunstlabor
Termin Das Lab30, das 15. Augsburger Kunstlabor, findet noch bis zum 30. Oktober im Kulturhaus Abraxas statt. Am heutigen Samstag ist die Öffnungszeit von 14 bis 24 Uhr, am Sonntag von 13 bis 17 Uhr.
Programm Am Samstag hat am Nachmittag die Kunstlabor-ausstellung geöffnet, außerdem werden Workshops angeboten. Nachmittags werden außerdem prämierte Kurzfilme gezeigt. Die Konzerte beginnen um 19.30 Uhr. Am Sonntag ist die Kunstlabor-ausstellung noch einmal zu sehen. Es werden Workshops gegeben. Außerdem werden nochmals die prämierten Kurzfilme gezeigt.
Tickets Gibt es an der Kasse im Kulturhaus Abraxas. (AZ) rund um ein Lagerfeuer sitzen. Das Knistern des Feuers nimmt Eriksson elektronisch wieder auf und experimentiert damit live. Je lauter das Knistern aus den Boxen, desto mehr scheint auch das Feuer zu lodern. Ob das nur ein Gefühl ist oder die Künstler nachgeholfen haben? Die einen sagen so, die anderen so. Wobei sich die meisten Zuschauer sicher sein dürften: Lange nicht mehr so lange nichts geredet.
Eine andere Darbietung hat zwar auch das Ziel, hervorzukramen, was in aller Hektik verloren geht. Aber wenn der Ulmer Reinhard Köhler auf Blumentöpfen und Klangschalen spielt und sein Partner Andreas Usenbenz mit dem Effektgerät arbeitet, zieht sich das Schweigen und Zuhören zwischenzeitlich ziemlich zäh über mehr als eine Stunde. Dann doch lieber wieder selbst Geräusche machen, wie beim Kölner Künstlerduo Yoonji Kim und Youngjik Jung. In ihrem Schubladenschrank aus Holz verbergen sich Klänge, die man beliebig kombinieren kann.
Das Piepsen einer neuen Eilmeldung auf dem Smartphone ist nicht dabei.