Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Am Lech kommt es zum Schwur Diese Woche
Beim naturnahen Ausbau des Flusses gibt es große Spielräume. Werden die Planer ihre Chance zum großen Wurf nutzen?
Projekte gab es an der Isar im Raum München, an der Iller im Allgäu oder auch an der Augsburger Wertach.
Am Lech kommt es nun aber zum Schwur: Im kommenden Jahr wird sich herausstellen, welche der erwünschten Ausbauziele in der Realität machbar sind. Die Ausgangslage ist nicht ganz einfach. Der Fluss hat teils ein starkes Gefälle, das die Planer im Griff behalten müssen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass der Hochwasserschutz für die Bevölkerung erhalten bleibt, wenn das Flussbett mehr Raum bekommt. Auch der Grundwasserspiegel soll beim Umbau nicht steigen, damit Anwohner in Gemeinden wie Kissing keine nassen Keller bekommen.
Doch die technische Machbarkeit ist das eine. Entscheidend wird in den kommenden Jahren sein, wie die Planer des Freistaates die Spielräume des technisch Machbaren nutzen. Denn die sind vorhanden und sogar groß.
Im Entwicklungskonzept für „Licca liber“(der freie Lech) gibt es verschiedene Varianten, wie der Umbau zwischen der Staustufe 23 und dem Augsburger Hochablass erfolgen könnte. Bislang ist nur an turierung. Danach sollte der Lech südlich von Augsburg die maximal möglichen Überschwemmungsflächen zurückbekommen. Und zwar durch eine Rückverlegung von Deichen. Doch gerade am Lech gibt es sehr viele Interessenkonflikte, Vorschriften fast ohne Ende und viele Wünsche und Sorgen der Bevölkerung. Auch das macht den Job für die Planer schwer. Zuständig ist das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth.
Die Probleme: Bei einer maximalen Aufweitung der Lechufer müssten über 250 Hektar Bannwald woanders geschaffen werden, was teuer ist. In den neuen Rückhalteräumen müssten auch größere Bestände von Grauerlen weichen, was naturschutzrechtlich schwierig ist. Mehrere Augsburger Trinkwasserbrunnen müssten verlegt werden. Auch das ist kostspielig.
Und dann gibt es noch die Interessen des Energieerzeugers Uniper (früher Eon) im Hintergrund. Er hält bislang an seinen Plänen für ein neues Wasserkraftwerk mitten im Naturschutzgebiet Stadtwald fest. Ob es gebaut wird, hängt sicherlich auch von Licca liber ab. Je stärker der Fluss renaturiert wird, desto weniger wird sich dort die Stromerzeugung finanziell rentieren.
Kommt also eine Mini-lösung für „Licca liber“oder gelingt ein großer Wurf? Das ist die Frage, um die es geht. Der Freistaat muss Farbe bekennen. Es steht viel auf dem Spiel. Der Lech mit seinen Heiden gilt noch immer als einer der wertvollsten und artenreichsten Naturräume in Europa. Doch die Lebensräume sind stark unter Druck. Viele Arten sind hochgradig gefährdet. Wenn dem Fluss ein großes Stück Natur zurückgegeben wird, profitiert auch die Bevölkerung. Davon kann sich jeder am Beispiel der Wertach-renaturierung überzeugen. Ein Film im Internet zeigt vorher und nachher. Er ist bei Youtube unter dem Stichwort „Wertach vital“zu sehen.