Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Dauerredner lässt sich nicht bremsen
Prozess 31-Jähriger störte eine Versammlung auf dem Königsplatz. Der Mann verkündet dort regelmäßig seine Weltanschauung, doch am Tattag hatte er keine Genehmigung. Nun stand er vor Gericht
Wer öfters am Samstag über den Königsplatz geht, kennt den Mann mit dem schwarzen Vollbart, der dort immer wieder öffentlich seine Thesen über unsere Gesellschaft kundtut. Eben wegen einer solchen Kundgebung, und weil er dadurch eine andere Veranstaltung gestört hat, landete der 31-Jährige jetzt vor dem Amtsgericht und muss 2000 Euro Geldauflage zahlen.
Er war sich seiner Sache sicher und sah nicht ein, sich wegschicken zu lassen, an jenem Samstag, 4. Juli 2015. Wie schon viele Samstage zuvor hatte der Angeklagte auf dem Königsplatz nahe der Deutschen Bank seinen Lautsprecher aufgebaut und über das Mikrofon zu reden begonnen. Es gab ja eine Art Dauergenehmigung für die Kundgebungen, erteilt von der Stadt Augsburg, angemeldet auch bei der Polizei.
Das Problem: Am Samstag zuvor war die letzte der genehmigten Veranstaltungen gelaufen, mit der Neubeantragung ab dem 4. Juli war etwas schiefgegangen. Und ausgerechnet an jenem Samstag fand gleich nebenan auf dem Kö der Earth-peace-day (Motto: „Für die Menschen – für die Tiere – für die Umwelt – für den Frieden“) mehrerer Menschenrechts- und Tierschutzorganisationen statt. Deren Darbietungen und Ansprachen sahen sich plötzlich durch die lautstarke Nachbar-kundgebung des Angeklagten gestört, die Polizei sollte helfen. Den Beamten zeigte sich, dass der bereits bekannte Redner just für diesen Tag keine Genehmigung seiner Kundgebung zu haben schien. Ein Polizist, vor Richterin Martina Triebel als Zeuge angetreten, bestätigt, er habe versucht, den 31-Jährigen an eine andere Stelle des Königsplatzes zu schicken – erfolglos. Zwar habe die Polizei keinen Zwang anwenden wollen, da es bereits gegen 19 Uhr ging und ein Ende der Veranstaltungen abzusehen war, aber dem unbeugsamen Redner wurde eine Anzeige angekündigt. Gegen den daraus resultierenden Bußgeldbescheid wegen einer Ordnungswidrigkeit und wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, in Summe 2900 Euro Geldstrafe, hatte der Beschuldigte Einspruch eingelegt. Bei der daraus resultierenden Verhandlung vor dem Amtsgericht ließ sich nicht abschließend klären, was mit der Genehmigung für jenen 4. Juli passiert ist, es war aber unstrittig, dass es für den 31-Jährigen genau an diesem Samstag keine gegeben hatte.
Verteidiger Moritz Wahlster-bode regte angesichts der unklaren Lage schließlich an, die Anklage wegen geringer Schuld gegen eine Geldauflage einzustellen. Staatsanwaltschaft und Richterin Triebel waren einverstanden, weswegen der Angeklagte nun 2000 Euro an den Bunten Kreis, eine Hilfsorganisation für Familien mit schwer- und krebskranken Kindern, zahlen muss.