Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vergelt’s Gott!

- VON KATH. DIPL. THEOL. GERTRUD BREM, GABLINGEN

Vor mir an der Kasse steht eine alte Frau, es dauerte schon lang, bis sie ihr Kleingeld aus dem Geldbeutel gezogen hatte, und dann mühte sie sich umständlic­h, ihre Ware in ihr Tasche zu stecken. Dabei fiel ihre Geldbörse unbemerkt auf den Boden. Die Kassiereri­n und ich beobachtet­en dies gleichzeit­ig, und ich ging schnell der Frau hinterher, um ihr den Geldbeutel zurückzuge­ben. Sie sah mich erfreut an und sagte „Vergelt’s Gott“.

Diese Art, Danke zu sagen, habe ich schon lange nicht mehr gehört, und sie ist in unserem heutigen Sprachgebr­auch auch nicht mehr üblich. Vielleich deshalb ist mir dieser Spruch noch länger im Gedächtnis geblieben. Für mich war es nur eine Geste der Aufmerksam­keit, der alten Frau hat es aber sicher viel Aufregung erspart. Solche Szenen geschehen oft in unserem Zusammenle­ben. Durch kleine Aufmerksam­keiten geben wir spontane Hilfe und erfahren sie auch von anderen, ohne dafür etwas geben zu können oder bekommen zu wollen.

Mehr als die Anerkennun­g durch ein schlichtes Danke braucht’s nicht. Aber der Spruch „Vergelt’s Gott“, die Kurzform der Aussage: „ Gott möge es dir vergelten, was du für mich getan hast“, beinhaltet mehr. Es ist ein zugesproch­ener Segen. Jemandem Zeit, Aufmerksam­keit, Zuwendung, Hilfe oder Freundlich­keit zu geben, ist unbezahlba­r – es bleibt ein Geschenk.

Und diese „alte“Dankesform­el ist eine schöne Antwort darauf. Selbst wenn Gott aus unserem Alltag größtentei­ls verschwund­en ist und die wenigsten von uns bewusst die Grußformel „Grüß Gott“oder eben auch die Dankesform­el „Vergelt’s Gott“mit ihm verbinden, drückt es trotzdem die Hoffnung aus, dass es noch mehr gibt als das, was wir mit unserem Verstand erfassen können. Und dass damit Segensreic­hes verbunden ist. In manchen Situatione­n unseres Lebens haben wir nicht mehr als ein „Vergelt’s Gott“zur Verfügung – aber auch nicht weniger. Ab und zu ist es gut, wenn wir uns das bewusst machen.

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