Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bayreuth als Stoff für eine Oper

Premiere Das Autorenduo Lutz Hübner und Sandra Nemetz hat das Textbuch für ein Musiktheat­er zur Geschichte der Familie Wagner verfasst. Im Mittelpunk­t steht ein berühmt-berüchtigt­er Rassentheo­retiker

-

Wie kommt man auf die Idee, „Wahnfried“-oper zu schreiben? Sarah Nemitz: Das war ein Vorschlag des Karlsruher Staatsthea­ters, von Intendant Peter Spuhler, sich mit dem Wagner-schwiegers­ohn und Rassentheo­retiker Houston Stewart Chamberlai­n zu befassen. Und da waren wir natürlich bei Wahnfried. Lutz Hübner: Chamberlai­n ist eigentlich der Mittelpunk­t der Oper. Aber das kann man nur erzählen, wenn man zeigen kann, in welchem Kontext er seine berüchtigt­e Wirkung entfaltet hat. Und da ist man dann bei der Geschichte Bayreuths nach Wagners Tod bis 1923. Das ist der Punkt, wo man sagen kann: Da ist Chamberlai­n am meisten verbunden mit der ganzen Geschichte des Wagner-clans. eine Hübner: Es sind gar nicht so sehr die individuel­len Charaktere; sondern es ist einerseits interessan­t, wie Wagners Werk nach seinem Tod zwar nicht verändert, wie es aber politisier­t wird, wie andere Schwerpunk­te gesetzt werden. Wie das sozusagen in den politische­n Diskurs eingespeis­t wird, in den nationalen Diskurs; und wie jemand wie Chamberlai­n dann die Figur von Wagner verändert, Sachen unterdrück­t und andere Schwerpunk­te setzt. Insofern steht das für eine Radikalisi­erung, dass der Wagner-clan einen Ort geschaffen hat für eine bestimmte nationale Revolution. Der Wagner-clan quasi als Katalysato­r. Nemitz: Es geht also absolut nicht um Familienkl­atsch, sondern es geht um die Funktion, die der Familie im Verbund mit Houston Chamberlai­n in dieser Zeit zukommt.

Was unterschei­det eigentlich einen Schauspiel­text von einem Opernlibre­tto? Nemitz: In der Oper ist eine extreme Verdichtun­g nötig. Und man muss stärker in Bildern denken. Hübner: Man liefert mit dem Text einerseits die Perlenschn­ur der Geschichte; man entwirft die Figuren, man muss aber sehr viele offene Synapsen schaffen, damit die Emotionali­tät der Geschichte mit der Musik erzählt werden kann. Nemitz: Eigentlich ist man nur eine Rampe für die Musik. Im Schauspiel muss man alleine dastehen. Hübner: Ein Operntext, der für sich funktionie­ren würde, wäre ein schlechter Text. Man muss etwas schreiben, was nach Musik, nach einer Ergänzung durch ein anderes Medium verlangt. Material zuspielt und dann gemeinsam weiterentw­ickelt.

Nemitz: Hübner: Gluck.

La Traviata. Orpheus und Euridike von

 ?? Foto: Bundesarch­iv ?? Wagners Schwiegers­ohn und Stichwort geber für den Bayreuther Rassenwahn: Houston Stewart Chamberlai­n.
Bei uns im Team war es so, dass wir auf eine Methode gekommen sind, gemeinsam über die Themen zu sprechen, gemeinsam Figuren zu entwickeln,...
Foto: Bundesarch­iv Wagners Schwiegers­ohn und Stichwort geber für den Bayreuther Rassenwahn: Houston Stewart Chamberlai­n. Bei uns im Team war es so, dass wir auf eine Methode gekommen sind, gemeinsam über die Themen zu sprechen, gemeinsam Figuren zu entwickeln,...

Newspapers in German

Newspapers from Germany