Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Merkel: Trumps Einreiseverbot für Muslime ist falsch
US Politik Kanzlerin hält Dekret des Präsidenten im Kampf gegen Terror für nicht gerechtfertigt. Gericht bremst die umstrittene Maßnahme
Washington/berlin Us-präsident Donald Trump hat mit seinem Einreiseverbot für viele Muslime international Besorgnis und Proteste ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält den Bann, der massiv vor allem Flüchtlinge trifft, für falsch. Spd-kanzlerkandidat Martin Schulz warf dem Us-präsidenten vor, Minderheiten mit „unverschämten und gefährlichen Äußerungen“zu attackieren. „Das ist ein Tabubruch, der unerträglich ist.“
Ein New Yorker Gericht bremste den Einreisestopp in der Nacht zum Sonntag. Mit dem Urteil errangen Bürgerrechtsorganisationen im Kampf gegen Trumps Dekret vom Freitag einen wichtigen Teilsieg. Der Gerichtsentscheid legt nahe, dass der Erlass gegen die Us-verfassung verstößt. Trump hatte als ein Kernstück seines Anti-terrorkampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus Syrien, dem Iran, dem Irak, dem Sudan, Somalia, Libyen und dem Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit.
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die Kanzlerin habe ihr Bedauern über Trumps Entscheidung am Samstag in einem Telefonat mit dem neuen Amtsinhaber im Weißen Haus ausgedrückt: „Sie ist überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen.“Berlin werde „prüfen, welche Folgen die Maßnahme der Us-regierung für deutsche Staatsbürger mit doppelter Staatsangehörigkeit haben, und deren Interessen gegebenenfalls gegenüber unseren amerikanischen Partnern vertreten“.
Zu den Betroffenen zählt auch der Grünen-bundestagsabgeordnete Omid Nouripour, der neben seinem deutschen Pass auch einen iranischen besitzt, den Teheran nicht zurücknehme, wie der stellvertretende Vorsitzende der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe sagte.
Die Verfügung führte zu chaotischen Szenen auf internationalen Flughäfen. Vielfach wurden Muslime trotz gültiger Visa kurz vor ihrer Abreise oder bei Zwischenaufenthalten auf dem Weg in die USA gestoppt. Mehrere strandeten nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten: Sie waren zum Zeitpunkt von Trumps Dekret schon auf dem Weg in die USA und wurden bei der Ankunft in Gewahrsam genommen.
Das Gericht in New York verfügte, dass seit Freitag in den USA eingetroffene Flüchtlinge oder Besucher aus den vom Bann betroffenen
Tausende protestieren an mehreren Flughäfen
Ländern zunächst nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden dürfen. Voraussetzung ist der Besitz eines gültigen Visums oder einer Greencard, der Schutzstatus des Flüchtlingsprogramms der USA oder eine andere offizielle Einreiseberechtigung. Ob der Erlass tatsächlich gegen die Verfassung verstößt, soll wahrscheinlich im Februar geklärt werden. Der Richterspruch gilt landesweit.
An Flughäfen in mehreren Usstädten protestierten tausende Menschen, allein mehr als 1000 am New Yorker Flughafen JFK. Weltweit äußerten sich Menschenrechtler empört. Es gab auch erste politische Konsequenzen: Der Iran lässt nach eigenen Angaben nun selbst keine Us-bürger mehr einreisen.
In seinem Leitartikel schreibt Winfried Züfle, warum Trump mit seinem Bann das Geschäft der Terroristen betreibt. Auf Wirtschaft erklären wir, wie die protektionistische Wirtschaftspolitik des neuen Us-präsidenten die Konjunktur in Deutschland schwer beschädigen kann.