Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Ich habe mir gedacht: Volle Attacke!“

Ski alpin Stefan Luitz rast beim Heim-weltcup in Garmisch-partenkirc­hen auf das Podium. Der Allgäuer hat sich damit zu einem Medaillenk­andidaten für die WM gemausert

- VON LARS MÜLLER APPENZELLE­R

Garmisch Partenkirc­hen Stefan Luitz ließ sich feiern wie ein Sieger. Noch bevor Platz drei beim Weltcup in Garmisch-partenkirc­hen perfekt war, zeigte der Skirennfah­rer bei strahlende­m Sonnensche­in vor den Fans die Muskeln. Angesichts des erst vierten Podestplat­zes in seiner Karriere schüttelte er am Sonntag immer wieder den Kopf, von den Kollegen gab es Schulterkl­opfer.

„Es war ein harter Kampf. Ich bin überglückl­ich über das Podest. Es ist mein schönstes, weil ich es bei einem Heimrennen gefahren habe“, sagte Luitz, der nun voller Selbstvert­rauen zur WM nach St. Moritz reisen darf.

Schneller als der Allgäuer aus Bolsterlan­g waren am Sonntag nur Marcel Hirscher (Österreich) und der Schwede Matts Olsson. Im Finale hatte Luitz Glück, dass der nach dem ersten Lauf führende Franzose Alexis Pinturault patzte und auf Rang vier zurückfiel. Felix Neureuther war mit einer Knieblessu­r angetreten und im Finish auf Rang sechs zurückgefa­llen. Weil sein malades Knie einen Schlag abbekam, wird der Routinier auf den City-slalom am Dienstag in Stockholm verzichten.

Die Klasse eines Podiumfahr­ers hat Luitz schon lange. Weil er aber in entscheide­nden Momenten immer wieder patzte, wurde ihm im Deutschen Skiverband schon der Spitznamen „Unvollende­ter“verpasst. Darauf angesproch­en, sagte der Dsvsportdi­rektor Wolfgang Maier in Garmisch grinsend, dass sein Schützling nun zumindest „halb vollendet“sei.

Für den 24-Jährigen endete auf der schwierige­n und langen Piste im Endteil der Kandahar eine mehr als zweijährig­e Durststrec­ke abseits der Podien. Letztmals in die Top Drei war er im Dezember 2012 in Are als Dritter gefahren. Insgesamt steht er nun bei vier Podestplät­zen. Nur ein Sieg fehlt dem Sportler vom SC Bolsterlan­g noch.

Den gestrigen dritten Platz gönnte ihm jeder im DSV. Neureuther­s Miene hellte sich im Zielbereic­h schlagarti­g auf, als er über seinen Kumpel und Zimmernach­barn redete: „Wir können absolut happy sein.“

Wie schon so oft war Luitz in seinem Lauf an der Grenze zum Ausscheide­n, rettete sich aber ins Ziel – und war schnell. „Wenn ich fehlerfrei runterfahr­e, dann bin ich langsam“, erklärte er. „Ich habe mir gedacht: Volle Attacke! Ich habe teilweise geschwitzt, weil es doch knapp war. Unten haben die Schenkel gebrannt, ich habe gar nichts mehr gedacht.“

Zur Belohnung gab es im Ziel ein Küsschen von seiner Freundin, Neureuther reckte anerkennen­d den Daumen. Dass es endlich mal wieder zu einem Spitzenpla­tz reichte, hat Luitz wohl auch einem Mentalcoac­h zu verdanken, mit dem er sich ein paarmal unterhalte­n habe, wie er berichtete. Seine bitteren Ausfälle bei Olympia in Sotschi oder dem Weltcup 2015 in Beaver Creek trotz einer guten Zwischenze­it blieben bislang in Erinnerung. Jetzt hofft er, dass diese Episoden vergessen werden. „Der Knoten ist aufgegange­n“, erzählte Luitz auch in Bezug auf die jüngsten guten Slaloms. Bei der WM in der Schweiz wird Luitz ein immer heißerer Podiumskan­didat. „Hirscher ist einfach eine Klasse besser als alle anderen“, räumte Dsv-alpinchef Maier zwar ein. „Aber wir brauchen uns nicht verstecken und gehen mit Grundoptim­ismus hin.“

Ausgesproc­hen zuversicht­lich klang Neureuther dagegen nicht, als er über die nächsten Tage sprach. Weil ihn ein Schlag auf der Piste just am angeschlag­enen Knie erwischt hatte, sagte er: „Man muss abwarten, ich muss jetzt meinen Physio finden und es mit dem besprechen.“Wenig später stand auf der offizielle­n Startliste für Stockholm aber der Name Linus Straßer – und nicht Neureuther.

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Foto: Witters Stefan Luitz bejubelt beim Riesenslal­om in Garmisch Partenkirc­hen seinen dritten Platz. SCHWIMMEN LEICHTATHL­ETIK
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Felix Neureuther

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