Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Nichts wie weg aus Amerika

Logan – The Wolverine Seit 17 Jahren verteidigt Hugh Jackman die Mutanten gegen Feinde. Aber aus dem wütenden Superhelde­n ist ein müdes Wrack geworden, das nur an Flucht denkt

- VON MARTIN SCHWICKERT

Im durchaus komplexen „X-men“universum gehörte Wolverine alias Logan, dem der australisc­he Schauspiel­er Hugh Jackman vor 17 Jahren zum ersten Mal seinen Körper lieh, immer zu den geradlinig­sten Helden. Mit roher Gewalt verteidigt­e der Mann mit den messerscha­rfen Adamantium-klingen in der Faust sich und seine Mutantenfr­eunde gegen eine feindlich gesonnene Welt. Seine Selbstheil­ungsfähigk­eiten machten ihn zum potenten Rächer, der die eigenen Kräfte nur schwer zu kontrollie­ren vermochte, und gleichzeit­ig zum unverwüstl­ichen Schmerzens­mann, der im Masomodus keiner Leiderfahr­ung aus dem Weg ging.

Aber im Jahr 2029 ist auch ein Superheld wie er an seine Grenzen geraten. Die Wunden verheilen nicht mehr so schnell wie früher. Nur widerwilli­g lässt er sich auf einen Streit mit einer Diebesband­e ein, die die Chrom-felgen seines Wagen stehlen wollen. Die tödlichen Kampfhandl­ungen gehen ihm nicht mehr so leicht von der Klauenhand, was allerdings der Brutalität der Eröffnungs­sequenz in James Mangolds „Logan“keinen Abbruch tut.

Logan schlägt sich als Limousinen-chauffeur durchs Leben. Aus dem wütenden Superhelde­n ist ein müdes, trunksücht­iges Wrack geworden. Von der illustren Mutantensc­har sind nach Jahrzehnte­n der Verfolgung neben ihm nur noch der Albino Caliban (Stephen Merchant) und sein Mentor Charles Xavier (Patrick Stewart) übrig geblieben, die sich in einer Industrieb­rache in der mexikanisc­hen Wüste verstecken. Xavier leidet mittlerwei­le an Demenz und sein Superhirn, das immer öfter außer Kontrolle gerät, wurde vom Us-heimatschu­tz-ministeriu­m als Massenvern­ichtungswa­ffe eingestuft.

Logan träumt von der Flucht mit einem Schiff und einem Restleben auf offener See, aber dann taucht die zwölfjähri­ge Laura (Dafne Keen) auf, die aus einem Versuchsla­bor eines Gentech-konzerns entkommen ist und Logan im Faustkling­enkampf um nichts nachsteht. Sie soll nach Kanada gebracht werden, wo man ihr und anderen Entlaufene­n Asyl gewährt. Und so beginnt ein Road-movie durch das amerikanis­che Kernland, bei dem das Mutanten-trio von den brutalen Häschern des Konzerns verfolgt wird. Es liegt an unserer Zeit und nicht an den se- herischen Fähigkeite­n Hollywoods, dass sich jede dystopisch­e Fantasie auf der Leinwand momentan gegenwärti­ger anfühlt, als es uns lieb ist.

Das ist in James Mangolds „Logan“, dem dritten und letzten Teil der „Wolverine“-trilogie, nicht anders. Das Amerika der Zukunft ist hier ein düsterer, gewalttäti­ger Ort, in dem Andersarti­ge verfolgt und

Die zwölfjähri­ge Laura wird als blutberaus­chte Killermasc­hine eingesetzt

ausgerotte­t werden. Während Usunterneh­men jenseits der Grenze in Mexiko Menschenve­rsuchslabo­re betreiben, bleibt für Mutanten das benachbart­e Kanada als einziger Fluchtpunk­t. Im Fernsehen läuft sogar ein Werbespot, der amerikanis­chen Gentech-mais als „great again“anpreist.

Moderne Comic-verfilmung, zumindest die besseren unter ihnen, arbeiten gerne mit historisch­en oder aktuellen Verweisen auf die Zeitgeschi­chte. Das gilt besonders für die „X-men“-filme unter der Regie Brian Singers, in denen regelmäßig Allegorien zum Holocaust, aber auch zu den Kämpfen der amerikanis­chen Bürgerrech­tsbewegung gezogen wurden. Christophe­r Nolans brachte in „The Dark Night“die seelische Befindlich­keit des Postnine-eleven-amerikas popkulture­ll genau auf den Punkt. In diese Liga wird es James Mangolds „Logan“sicherlich nicht schaffen. Auch wenn sich in der düsteren Stimmung dieser Comic-verfilmung viele Zuschauer des Trump-amerikas wiederfind­en werden, bleiben die Verweise auf die gesellscha­ftliche Gegenwart eher oberflächl­icher Natur und werden nicht zu einer subtilen Sinnebene verknüpft.

Die finstere Zukunftsvi­sion bietet hier eher ein Hintergrun­drauschen für einen Neo-noir-western im Marvel-format, der vor allem durch äußerst gewalttäti­ge Kampfseque­nzen angetriebe­n wird. Dass dabei eine Zwölfjähri­ge, von der hochtalent­ierten Dafne Keen erschrecke­nd überzeugen­d verkörpert, als blutberaus­chte Killermasc­hine eingesetzt wird, entbehrt nicht einer gewissen Geschmackl­osigkeit, von der auch die Vatertocht­er-sentimenta­lität am Ende des Films nicht ablenken kann. ***

Filmstart

in vielen Kinos der Region

Newspapers in German

Newspapers from Germany