Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Raufbold vom Nockherberg Porträt
Der Schauspieler, Kabarettist und Musiker Stephan Zinner wurde als Söder-double beim Singspiel bekannt. Doch das ist nur eine Rolle
Er ist längst der heimliche Star des Singspiels am Nockherberg und doch gibt Stephan Zinner freimütig zu, dass es gar nicht so super anspruchsvoll ist, auf der Bühne Bayerns Finanzminister Markus Söder zu geben. Erstens ist es so, dass die Autoren und der Regisseur für Text und Inhalt sorgen. Der Schauspieler muss sich darum nicht groß kümmern. Er ist nur der Ausführende. Zweitens ist die Figur, die er da zu karikieren hat, so komplex auch wieder nicht. „Ich hab mich nicht angeschlichen, um ihn zu studieren“, sagt Zinner. Alles, was er über Söders Persönlichkeit wissen müsse, um die Rolle ausfüllen zu können, erfahre er auch als „ganz normaler Zeitungsleser und Fernsehzuschauer“.
Wer Zinner als Söder seit 2004 auf dem Nockherberg erlebt hat, weiß tatsächlich, dass es nur einige wenige Elemente sind, die die Brüller und Schenkelklopfer produzieren: Ein bisserl Rauflust und jede Menge Testosteron, ein bisserl Geltungsdrang und „Ich wäre gern der Größte“-sehnsucht, ein bisserl beleidigte Leberwurst, wenn der Chef – früher Stoiber, jetzt Seehofer – ihn mal wieder missachtet, und dann noch ein paar schnelle Wechsel zwischen Aufbrausen und Unterwerfung. Recht viel mehr braucht es nicht, um aus der Marke Söder ein markantes Bühnenspektakel zu machen.
Der Original-söder ist mächtig stolz auf sein Double. Ein guter Darsteller sei am Nockherberg die halbe Miete, sagt er immer wieder, und manchmal gerät er sogar ins Schwärmen: „Der Zinner ist für mich ein Glücksfall.“Umgekehrt gilt das nicht uneingeschränkt. Zinner ist zwar bisher noch nicht müde geworden, den Söder zu spielen. Auch heute Abend (18.30 Uhr im BR) wird er wieder in diese Rolle schlüpfen. Doch kein Schauspieler hat es gern, auf eine Rolle reduziert zu werden, selbst wenn es in der öffentlichen Wahrnehmung eine Paraderolle ist. In Wirklichkeit hat der 1974 im oberbayerischen Trostberg geborene und in München lebende Schauspieler, Kabarettist und Musiker viel mehr zu bieten. Er war an renommierten Theatern Ensemblemitglied – am Salzburger Landestheater und bei den Münchner Kammerspielen. Er spielte im „Tatort“und anderen Fernsehproduktionen mit. Er hatte Rollen in Kinofilmen. Zur Zeit tourt er wieder als Kabarettist durch die Lande. „Das läuft ziemlich gut“, sagt er. „Relativ simpel“heißt das Programm und es handelt davon, dass das Leben nur auf den ersten Blick „relativ simpel“ist, die Lebenspraxis aber so ihre Tücken hat. Der Raufbold vom Nockherberg wandelt sich auf seiner eigenen Bühne mit seinen eigenen Texten in einen einfühlsamen, geistreichen und hintersinnigen Kabarettisten. Und die Leute, die ihn als Kollegen am Theater erlebt haben, beschreiben ihn als freundlichen, gemütlichen und klugen Menschenfreund. Und als einen Familienmenschen: Zinner ist verheiratet und hat drei Kinder.